Warum Digitalisierung nicht einfach nur Chefsache, sondern Sache der Gesellschafter sein muss

Ob Großkonzern oder KMU, die Digitalisierung soll vor allem einem Zweck dienen: Das Geschäftsmodell verbessern. Doch insbesondere die Gesellschafter der KMU täten gut daran, das Thema nicht ihren leitenden Managern zu überlassen, sondern sich ihm selbst zu widmen.

Warum das so ist? Die Digitalisierung eröffnet nicht nur eine Vielzahl an Möglichkeiten, durch sie lassen sich auch gänzlich neue Geschäftsmodelle entwickeln. Deren Bewertung ist vornehmlich vor dem Hintergrund strategischer Fragestellungen zu betrachten, die in Gesellschafterhand am besten aufgehoben sind. Denn so analytisch die Manager des Unternehmens auch denken und so sehr ihnen das Unternehmenswohl auch am Herzen liegt, sind sie doch auch auf den kurzfristigeren, eigenen Vorteil bedacht. Und bei einer Analyse des Unternehmens und dessen Digital Readiness könnte sich einerseits herauskristallisieren, dass das bestehende Geschäftsmodell unproblematisch um neue Umsatzpotentiale ausgeweitet werden kann, oder aber, dass das Geschäftsmodell durch ein völlig neues ersetzt werden muss. Und wer, wenn nicht die Gesellschafter, traut sich, derart weitreichende und risikobehaftete Entscheidungen zu treffen? Dies gilt vor allem für Unternehmen, die aktuell erfolgreich am Markt sind. In diesem Fall sind umfassende Veränderungen und eine Neuausrichtung des erfolgreichen Unternehmens ein zweischneidiges Schwert für angestellte Manager. Denn Misserfolge stellen sich in der Regel schnell ein und könnten einen bedeutenden Knick in ihrer Karriere verursachen, Erfolge hingegen werden erst langfristig sichtbar, vielleicht sogar erst Jahre später, während derer der Manager seine Strategie verteidigen und immer wieder aufs Neue rechtfertigen muss. Und das bei ungewissem Ausgang. Doch gilt für die Digitalisierung vor allem eines: Sie zu ignorieren und an bestehenden Strukturen und traditionellen Geschäftsmodellen festzuhalten, wird auch bei den aktuellen Marktführern langfristig zwangsläufig dazu führen, abgehängt zu werden.

Ein Beispiel hierfür sind die beiden Videoverleiher Netflix und Borders. 1997, zu einer Zeit, als gerade einmal 2% der US-Haushalte einen DVD-Player besaßen, gründeten Marc Randolph und Reed Hastings die Online-Videothek Netflix. Die beiden Gründer hatten die Vision, dass die DVD nur der erste Schritt der Transformation der Videokassette sei und digitale Übertragungswege über das Internet den Markt beherrschen würden. Ihr damals größter Konkurrent Blockbuster setze weiterhin auf sein etabliertes Geschäftsmodell und startete erst spät einen zögerlichen Versuch, doch einen eigenen Versanddienst einzurichten. Wenige Jahre später schlitterte Blockbuster in die Pleite, während Netflix bereits 2007 einen Kundenstamm von 7,5 Millionen Abonnenten hatte, es machte sich jedoch zunehmend die wachsende Popularität digitaler Downloads im Versandgeschäft bemerkbar. Das Unternehmen stellte sein Geschäftsmodell 2007 daraufhin erneut kundenorientiert auf Online-Streaming um und das mit großem Erfolg: 2010 hatte Netflix einen Kundenstamm von etwa 16 Millionen Abonnenten. Heute hat Netflix etwa 130 Millionen Abonnenten in 190 Ländern. Seitdem wurden bereits viele Branchen digitalisiert und Reisebüros, Buchläden und Bankfilialen sind zwar noch zu finden, muten aber bereits wie ein Relikt der Vergangenheit an.

 

Erfolgsgarant Digitalstrategie?

Die genannten Beispiele sind sicherlich in jedem Unternehmen bestens bekannt und es gibt daher kaum eines, dass sich nicht in der ein oder anderen Form dem Thema Digitalisierung widmet. Oft handelt es sich dabei allerdings um einzelne Initiativen und vom Kerngeschäft des Unternehmens losgelöste Pilotprojekte, deren Erfolg so vom sicheren Ufer aus erst einmal risikolos beobachtet werden soll. Stellt sich ein bahnbrechender Erfolg ein, wird das neue Vorgehen unternehmensweit implementiert, sollte es scheitern, bleibt arbeitsseitig einfach alles beim Alten und man schmückt sich mit den Federn eines Unternehmens, das Forschung und Entwicklung lebt, Ideen fördert und bereit ist, Lösungen abseits der ausgetretenen Pfade auszuprobieren. Wirklich planvolles Vorgehen und eine übergeordnete Strategie stecken aber leider in den wenigsten Fällen dahinter. Ein dieser Tatsache zugrundeliegendes Problem mag sein, dass man im War for Talents um die heiß begehrten Digital-Spezialisten konkurriert und nicht ausreichend Mitarbeiter im Unternehmen hat, die in der Lage wären, die Digitalisierung zu anzuleiten. Dies ist jedoch nur eine Seite der Medaille und die oft bequemere Erklärung für das eigene Zögern. Das in Wirklichkeit oft viel größere Problem liegt darin, dass diese Mitarbeiter, so sie denn vorhanden sind, gar nichts ausrichten können, solange das Management und die Gesellschafter sich nicht der Idee verschreiben, die Digitalisierung im eigenen Unternehmen voranzutreiben, diese konsequent verfolgen und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Denn auch, wenn das Geschäft heute noch blendend läuft, gilt es bereits jetzt, das eigene Unternehmen immer wieder neu zu denken und schon frühe Anzeichen für Veränderungen am Markt zu erkennen und sich mit diesen auseinanderzusetzen.

Nun ist die digitale Transformation zugegebenermaßen keine einfache Aufgabe und wie so oft erfordert ein derart komplexes Unterfangen eine klare Struktur und Strategie, um nicht in im Grunde sinnlosem Stückwerk zu enden. Dabei kann es auch erforderlich werden, eingespielte und aktuell effiziente Systeme über den Haufen zu werfen und sie, an die Gegebenheiten der digitalen Transformation angepasst, neu aufzubauen. Dabei wird man als Unternehmen zwangsläufig eine Art Selbstreflexion durchlaufen, die einem noch einmal bewusst macht, was die eigenen Stärken und der USP des Unternehmens sind. Dieses Bewusstsein sollte die Unternehmensführung dann einsetzen, um die Ziele des Unternehmens klar zu definieren und an die Mitarbeiter zu kommunizieren. Erst wenn diese Bereitschaft zu nachhaltigen Veränderungen gegeben ist und sich die Unternehmensführung der Konsequenzen eines gelebten Willens zur Digitalisierung bewusst ist, stellt sich die Frage nach der Expertise auf diesem Gebiet. Gibt es Mitarbeiter und Nachwuchs in den eigenen Reihen, die in den neuen Märkten zuhause sind und eine Ahnung davon haben, wie Digitalkonzerne agieren und welche neuen Ökosysteme durch sie entstehen, oder muss man Expertise von außen einkaufen? Welche Technik soll zum Erreichen der gesteckten Ziele eingesetzt werden? Ist das Unternehmen agil genug, die Veränderungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen?

Erst nach der Beantwortung dieser theoretischen Fragestellungen geht dann darum, die Menschen und Prozesse fit für das neue, digitale Geschäft zu machen. Dies kann beispielsweise bedeuten, die alten Teams aufzubrechen und interdisziplinäre Teams mit mehr digitaler Expertise zu bilden, neue Technologien einzuführen und den Transformationsprozess im gesamten Unternehmen konsequent umzusetzen.

 

Die Gesellschafter in der Pflicht

Die digitale Transformation kann dabei tiefe Einschnitte in Teams, Strukturen und Prozesse bedeuten. Damit diese erfolgreich verlaufen, stehen die Gesellschafter in der Pflicht. Nur, wenn sie die digitale Transformation konsequent vorantreiben und vorleben und bereit sind, schwierige Entscheidungen zu treffen und mit all ihren Konsequenzen zu tragen, Veränderungen am Markt zu erkennen und den Weg dorthin zu ebnen, wird das Unterfangen erfolgreich sein. Dann bietet die Digitalisierung gerade für inhabergeführte KMU und Familienunternehmen sogar eine enorme Chance, da sie durch kürzere Entscheidungswege agiler sind und schneller auf Erfordernisse und Veränderungen auf dem heute extrem schnelllebigen Markt reagieren können, als die übermächtig erscheinende Konkurrenz der großen Konzerne. Voraussetzung: Digitale Expertise und die richtige Strategie.

 

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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