Die E-Commerce-Branche wächst stärker denn je – was zuletzt auch die in diesen Tagen von Amazon veröffentlichten Umsatzzahlen für das Jahr 2020 verdeutlichen. So konnte der E-Commerce-Riese im vergangenen Jahr ein Wachstum von 38% verbuchen. Gerade im B2C-Bereich sind hier die Auswirkungen der vorübergehenden Schließung des stationären Handels in Zusammenhang mit COVID-19 und damit eine Verlagerung zum Onlinehandel zu spüren. Doch auch der B2B-Bereich legte im vergangenen Jahr deutlich zu und soll laut einer Prognose von Statista ein globales Handelsvolumen von gut über 10 Billionen Euro erreicht haben.

Doch wo werden diese Umsätze abgewickelt? Neben den eigenen B2B Online-Shops von Herstellern und Händlern spielen die nationalen wie auch internationalen E-Commerce-Marktplätze eine übergeordnete Rolle. Digitale Marktplätze sind für Endverbraucher aber eben auch für kommerzielle Käufer und Verkäufer zu einer geläufigen Ein- und Verkaufsmöglichkeit geworden. Vereinfacht ist das Prinzip eines digitalen Marktplatzes analog zu dem eines herkömmlichen, offline Marktplatzes: Verkäufer und potenzielle Käufer treffen an einem eher leicht zugänglichen, öffentlichen Ort aufeinander, das Angebot und die Preise sind transparent und vergleichbar. Doch lässt sich eine Reihe an spezifischen Risiken und Herausforderungen, aber auch Chancen und Möglichkeiten für Verkäufer wie auch Kunden identifizieren.

Neben dem Wachstumspotential spricht insbesondere der kostengünstige Zugang zu einer Vielzahl an Kunden für die digitalen Marktplätze. Trotzdem birgt der Handel auf den Marktplätzen auch Risiken. Die Platzierung der eigenen Marke sowie die Kommunikation des eigenen, individuellen USPs (Unique Selling Point) bedarf guter Konzepte, ausreichender Ressourcen und Know-how im E-Commerce auf Ebene der jeweiligen Marktplätze.

Die Entscheidung auf B2B-Marktplätzen zu agieren, sollte daher nicht leichtfertig getroffen werden und bedarf einiger essenzieller Vorüberlegungen. Welchen Aspekten hierbei besondere Aufmerksamkeit entgegenzubringen ist, wird im Folgenden näher erläutert.

Einstieg ins B2B-Marktplatzschäft – Wesentliche Fragestellungen zu Beginn

Zu Beginn steht grundsätzlich die Überlegung im Raum wieso E-Commerce? Und weshalb auf digitalen Marktplätzen?

Der Onlinehandel im B2B-Bereich ist noch jung, doch seine Zukunft scheint vielversprechend. Gerade in Europa stecken viele Unternehmen beim Thema E-Commerce noch in den Kinderschuhen, doch schon heute ist der B2B-E-Commerce-Markt dem B2C-Markt volumenmäßig deutlich voraus. So war das Handelsvolumen im B2B-Geschäft bereits 2019 mit etwa 10 Billionen Euro etwa sechsmal höher als im B2C-Geschäft. Zudem ist mit zukünftigem Wachstum aufgrund eines verstärkten Einstieges weiterer Unternehmen ins B2B-Onlinegeschäft zu rechnen.

Abbildung 1: B2B E-Commerce Handelsvolumen 2013-2019

 

Der Zugang zum zukunftsträchtigen B2B-Onlinegeschäft kann über verschiedene Eintrittsmöglichkeiten erfolgen. Die Frage ist welcher Weg hier für welches Unternehmen der passende ist. Es führen ja bekanntlich alle Wege nach Rom – doch ist anzunehmen, dass wohl die meisten von uns auf lange Umwege und unnötige Kosten lieber verzichten wollen.

Das Aufsetzen eines eigenen B2B-Onlineshops kann durchaus für manche Unternehmen von Interesse sein. So erlaubt der eigenständige, direkte Online-Vertrieb an den Kunden eine unmittelbare Beziehung zum Kunden und somit das Sammeln von wertvollen Kundendaten. Ebenso kann auf individuelle Kundenwünsche eingegangen und das Erscheinungsbild gänzlich selbst bestimmt werden. Ferner ist der Vergleich auf Basis der Qualität des Contents, der Produkte selbst aber auch auf Basis der Preise nur mittelbar möglich und damit die Wettbewerbsintensität weitaus geringer. Demgegenüber stehen die Kosten für den Aufbau einer eigenen digitalen Plattform, die entwickelt, betrieben und gewartet werden muss. Für den erfolgreichen Aufbau eines eigenen Onlineshops sind neben der technischen Expertise ebenso Ressourcen im digitalen Marketing und Onlinehandel notwendig. Diese Kosten sind nicht zu unterschätzen, da insbesondere in diesen Bereichen derzeit ein massiver Mangel an Experten herrscht – so sind nur 15% der Marketing- und Vertriebsmanager in Deutschland der Meinung passende Fachkräfte für Digitalisierungsthemen zu haben.

Diesen Kosten und Schwierigkeiten kann durch den Eintritt ins B2B Onlinegeschäft über digitale Marktplätze entgangen werden – zumindest größtenteils. Digitale B2B-Marktplätze schaffen somit einerseits einen Zugang zu einer Vielzahl an nationalen wie auch internationalen Kunden, ohne dabei hohe anfängliche Investitionskosten zu verursachen oder die Notwendigkeit technischer Experten. Indes müssen jedoch auch für das Agieren auf digitalen Marktplätzen entsprechende Ressourcen für die Content-Erstellung, das kontinuierliche Content-Monitoring und die Sicherstellung der Sichtbarkeit (Bestsellerrank, etc.) eingeplant und aufgebaut werden.

Dies ist insbesondere von hoher Bedeutung, da digitale Marktplätze eine unmittelbare Vergleichbarkeit mit anderen Spielern ermöglichen womit, gegenüber einem eigenen B2B Onlineshop, ein deutlich intensiverer Wettbewerb einhergeht.

Neben den genannten Erfordernissen, Vorteilen und Merkmalen gilt es, sich die Bedürfnisse von Käufern und auch Verkäufern über die E-Commerce Wertschöpfungskette hinweg im Detail anzusehen. Die Erfüllung der jeweiligen Bedürfnisse über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg ist dabei von fundamentaler Bedeutung, da nur so reibungslose Prozesse geschaffen und Kunden langfristig zufriedengestellt werden können. Die Sicherstellung der Bedürfnisse beider Seiten legt aus unserer Erfahrung erst den Grundstein für den Aufbau einer nachhaltigen Beziehung zum Kunden und damit den Erfolg im E-Commerce.

Abbildung 2: Käufer- und Verkäuferbedürfnisse entlang der B2B E-Commerce Wertschöpfungskette

 

Übersicht und Relevanz internationaler, digitaler Marktplätze

Marktplätze gibt es viele – nationale, internationale, branchenspezifische. Ein jeder hat seine Eigenheiten und Potenziale, die es zu erfassen und für das eigene Unternehmen bzw. Produktportfolio sowie die potenziellen Kunden zu bewerten gilt.
Die größten, auf internationaler Ebene agierenden Marktplätze – sprich Alibaba, HC360.com, Cogobuy, Mercateo, Amazon Business und Co. – implizieren allein auf Grund ihrer Größe und Verbreitung ein entsprechend großes Umsatzpotential.

Abbildung 3: Marktanteile B2B Online Marktplätze weltweit nach Handelsvolumen in 2018

 

Alibaba – der größte B2B-Marktplatz der Wel

Weltweit größter B2B-Marktplatz ist, mit einem Marktanteil von 9,2%, Alibaba, das oftmals als das „chinesische Pendant zu Amazon“ bezeichnet wird – wobei dies im B2B-Kontext durchaus auch umgekehrt lauten könnte. So ist Alibaba am stärksten in China aber auch im Übrigen asiatischen Markt vertreten, der mit einem 80-prozentigen Anteil am weltweiten Handelsvolumen im B2B-E-Commerce-Geschäft mit Abstand der größte der Welt ist – entsprechend groß sind hier die Potentiale. Auch hat der asiatische Markt bisher ein deutlich stärkeres Wachstum zu verzeichnen als die anderen Märkte. Damit kann ihm heute eine deutliche Vorreiter-Rolle zugeschrieben werden.

HC360, Cogobuy, Mysteel.cn & Focuschina.com – zentrale Spieler im chinesischen Markt und infolgedessen unter den größten der Welt

Auch andere große Spieler wie HC360.com, Cogobuy, Mysteel.cn und Focuschina.com realisieren mindestens einen Großteil ihrer Umsätze im chinesischen Markt, der heute hinsichtlich des Handelsvolumens größer ist als der nordamerikanische und europäische Markt zusammengenommen. Zudem profitieren sie von den konstant hohen Wachstumsraten, die sich auf die rasante Urbanisierung, verstärkte Digitalisierung, die schnell entstehende Mittel- und Wohlstandsklasse und den großen Anstieg von Produktion und Konsum zurückführen lässt.
Dadurch setzen HC360, Cogobuy, MySteel.cn und Focuschina ein Handelsvolumen um, das sie schließlich zu den größten Spielern im globalen B2B-E-Commerce Markt macht. Knappe 60% des chinesischen B2B-E-Commerce Handelsvolumen werden dabei allein von Alibaba, HC360 und Cogobuy erwirtschaftet.

Abbildung 4: Globales B2B E-Commerce Handelsvolumen in Milliarden EUR nach geografischen Märkten

 

Die enorme Bedeutung, die derzeit dem chinesischen und insgesamt dem asiatischen Markt zukommt, könnte in den kommenden leicht geschmälert werden. So wird in den kommenden Jahren mit tendenziell steigenden Anteilen auch für den amerikanischen sowie europäischen Markt gerechnet.

Mercateo agiert von München in ganz Europa

Im europäischen Raum kommt Mercateo mit Hauptsitz in München und über 1,5 Millionen Geschäftskunden und einem Umsatz von 316 Millionen Euro im Jahr 2019 eine zentrale Bedeutung zu. Mercateo agiert heute fast in ganz Europa und ermöglicht Unternehmen den einfachen Zugang zum europäischen B2B-Onlinegeschäft inklusiver der Möglichkeit die eigenen Produkte in einer Markenwelt darzustellen, die ausgewählten Kunden vorbehalten ist.

Amazon Business – digitaler B2B-Marktplatz mit Fokus auf Nordamerika

Im Gegensatz zu Mercateo, Alibaba und den anderen großen chinesischen Spielern konzentriert sich Amazon Business vor allem auf den amerikanischen Markt, agiert aber auch verstärkt in Europa und in Indien. B2B-Kunden profitieren hier von der Auswahl aus Millionen an Produkten sowie dem transparenten und einfachen Preisvergleich, Mengenrabatten und exklusiven Preisnachlässen. Diese Vorteile nutzen derzeit bereits über eine Million B2B-Kunden.

Dementsprechend lukrativ ist Amazon Business auch für Unternehmen, die eine möglichst große Anzahl an potenziellen Kunden erreichen wollen. Doch muss beachtet werden, dass Amazon auch selbst auf seiner Plattform agiert und der Wettbewerb entsprechend hart ist.

Zudem ist der Katalog an Auflagen, den Amazon an Marktplatzteilnehmer ausgibt, umfassend und Verstöße werden entsprechend monetär bestraft.

Insgesamt ist die Landschaft an Marktplätzen vielfältig und fragmentiert – je nach Branche gibt es oftmals eine ganze Reihe kleinerer, aber spezifischerer Marktplätze, die ebenso interessant sein können wie die großen Marktplätze, da sie sich speziell an das entsprechende Zielpublikum richten.

Wachstum durch B2B-E-Commerce – erforderliche Schritte und Maßnahmen: Aufbau einer B2B-Marktplatzstrategie

Der Einstieg in den online Vertrieb bedarf sorgfältiger Überlegungen. Um eine nachhaltige und erfolgreiche E-Commerce Strategie aufzusetzen, sollte Schritt für Schritt vorgegangen und insgesamt fünf Phasen durchlaufen werden, die schließlich in einem – sich im Projektverlauf immer weiter detaillierenden – Businessplan münden.

Zu Beginn wird eine ausführliche Marktpotential-Analyse durchgeführt, um die Umsatzpotentiale abzuschätzen. Nur wenn mit der „Zahlen-Daten-Fakten“-Basis des ersten Schrittes ein ausreichendes Potential identifiziert werden kann, lohnt sich die weitere Erarbeitung einer passenden Strategie – daher stellt die Potentialanalyse stets den initialen Schritt dar. In einem weiteren Schritt gilt es dann die passende Marketing Mix Strategie (Fokus sind hier die 5Ps) zu definieren und mit ausgewählten Marktplätzen Preise und Bedingungen auszuhandeln. Um in der Lage zu sein die digitalen Marktplätze entsprechend nachhaltig für den Vertrieb zu nutzen und zu betreiben, ist außerdem eine dedizierte Organisation mit passender Steuerungslogik erforderlich und in der Strategie zu spezifizieren. Zudem erfordert die Entwicklung und Implementierung reibungsloser E-Commerce-Prozesse wie die Bespielung von Marktplätzen mit den entsprechenden Produktinhalten, aber auch Transparenz hinsichtlich Preisen und Produktplatzierungen des Wettbewerbs eine geeignete IT-Landschaft. Daher inkludiert die Marktplatzstrategie auch die Evaluierung der aktuellen IT-Landschaft und schlägt gegebenenfalls Anpassungen vor. Um schließlich in der Lage zu sein das Produkt rechtzeitig und in der korrekten Verpackung auszuliefern bedarf es einer auf die Anforderungen von Marktplätzen abgestimmten Supply Chain. Vor diesem Hintergrund gilt es den Status quo hinsichtlich E-Commerce-Readiness zu begutachten und an die Erfordernisse der ausgewählten Marktplätze anzupassen.

Alle aufgezählten Schritte münden in einem detaillierte Businessplan, der alle Kosten und auch die einzelnen Potentiale vollumfänglich aufzeigt und so den Gesamtnutzen der Marktplatzstrategie offenlegt.

Nachhaltiger Erfolg lässt sich auf Marktplätzen nur erzielen, wenn diese strategischen Kernelemente systematisch erarbeitet werden. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass die Herangehensweise einen entscheidenden Einfluss auf Erfolg und die Beziehung beispielsweise zu Amazon hat.

Abbildung 5: Einzelne Schritte einer B2B Marktplatz Strategie

 

Fazit

Wie dargestellt, gibt es eine Menge guter Gründe, die für den Einstieg in den B2B-Onlinehandel sprechen. So besteht auf den genannten Marktplätzen bereits heute großes Potential, sprich der Zugang zu einer Vielzahl an B2B-Kunden. Darüber hinaus ist zukünftig mit exponentiellem Wachstum zu rechnen. Gründe für diese Annahme sind der bereits gängige Umgang mit digitalen Medien und der habituelle Gebrauch von Online-Shopping der Young Professionals, die ihre privaten Gewohnheiten ebenso auf ihr Arbeitsumwelt übertragen. Hinzu kommt der natürliche Wachstumseffekt („Direct Network Effect“) einer gut funktionierenden Plattform: Je besser der Austausch funktioniert, desto mehr Spieler springen auf die Plattform auf – verkäuferseitig, aber auch käuferseitig.

Um diese Potenziale voll ausschöpfen zu können und den eigenen Marktanteil zu vergrößern, gilt es zu prüfen, wie das eigene Produktportfolio und die eigene Marke bestmöglich platziert werden können und welche Anpassungen und Veränderungen für die unternehmenseigne E-Commerce Readiness nötig sind.

Nimmt ein Unternehmen diese Herausforderung an, kann es sich aus unserer Sicht schon heute eine Vorreiterrolle sichern, wenn es darum geht die Absatzmärkte der Zukunft zu erobern und nachhaltiges Wachstum zu schaffen.

Haben Sie Fragen oder möchten Sie Ihre Gedanken zum erfolgreichen Einstieg auf internationalen B2B-Marktplätzen mit uns diskutieren, können Sie sich jederzeit gerne an unser Team wenden. Auch für weitere Fragestellungen und Herausforderungen im Bereich E-Commerce, wie beispielsweise die Durchführung eines „E-Commerce Readiness Checks“, sowie rund um das Thema digitale Plattformökonomie stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Weiterführende Inhalte

B2B Online Marktplatz Strategie B2B E-Commerce Distributionsstrategie

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

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