Durch den zunehmenden Wettbewerb und das sich ständig verändernde Marktumfeld stehen mittelständische Unternehmen vor der ständigen Herausforderung ihr Organisationsdesign anzupassen. Dabei stellt sich die Frage wie hierarchisch eine Organisation aufgestellt sein sollte. Um die Steuerungsfähigkeit sicherzustellen, werden klassischerweise hierarchische Strukturen mit zunehmender Unternehmensgröße verstärkt. Im Gegensatz dazu zeigen Unternehmen wie Haier, dass auch Organisationen mit selbständig agierenden Einheiten äußerst erfolgreich sein können. Dieser Beitrag soll die Vorteile von derartigen Organisationsformen aufzuzeigen, um Unternehmen die Möglichkeit zu geben das Organisationsdesign optimal an deren individuelle Situation anzupassen. Ziel sollte eine Organisationsform sein, die eine ideale Balance zwischen strategischen Zielgrößen wie Produktivität, Flexibilität und Innovationsfähigkeit ermöglicht.

Der Mittelstand muss sich an ein verändertes Marktumfeld anpassen

Der Mittelstand sieht sich vielen Herausforderungen ausgesetzt. Schon lange internationalisieren sich Absatzmärkte und Produkte werden längst nicht mehr nur im eigenen Land oder angrenzenden Staaten vertrieben. Durch die Liberalisierung vieler Volkswirtschaften weltweit sind auch neue Wettbewerbssituationen entstanden. So konkurriert zum Beispiel ein deutscher Hersteller von Kunststoffteilen mit Unternehmen weltweit um die gleichen internationalen Absatzmärkte. Dies führt zu starkem und dynamischem Wettbewerb, in dem sich die Mittelständler behaupten wollen und müssen. Wettbewerbsfähigkeit hängt neben der Produktqualität auch von sehr vielen weiteren Faktoren ab. Nicht zuletzt ist dabei die eigene Produktivität zu nennen, die sich auch aus der Organisation eines Unternehmens und der Art und Weise seiner Managementphilosophie ergibt.

In diesem Kontext ist es entscheidend, sich flexibel an ein sich veränderndes Geschäftsumfeld anzupassen. Der Begriff Agilität wird in diesem Zusammenhang bereits auf verschiedenste Arten interpretiert und verwendet. Grundlegend damit verbunden ist jedoch eine gewisse Dynamik und Flexibilität anstelle einer starr festgelegten Organisationsstruktur, an der möglichst wenig gerüttelt werden soll.

Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen Agilität und wirtschaftlichem Erfolg eines Unternehmens hergestellt. So sind die agilsten Unternehmen einer Branche im Durchschnitt 2,7-mal erfolgreicher als konkurrierende Firmen, die auf starre Strukturen setzen. Gleichzeitig schaffen es lediglich 5% der Unternehmen, die nur einen geringen Grad an Agilität aufweisen, wirtschaftlich überdurchschnittlich abzuschneiden (goetzpartners, 2017).

Die Frage nach dem besten Management von Organisationen treibt Wissenschaftler ebenso wie Manager und Mitarbeitende schon immer um. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich klassische Management-Theorien durchgesetzt, die in der Wissenschaft beschrieben und in der Praxis von Unternehmen umgesetzt werden. Ausnahmen bestätigen aber bekanntlich die Regel.  Immer wieder gibt es Unternehmen, die neuen und innovativen Organisationsformen folgen und dabei andere Ziele und Werte in den Vordergrund stellen.

Eine Erfolgsgeschichte: Organisational Self-Management am Beispiel Haier Ltd.

Eine Erfolgsgeschichte für Organisational Self-Management ist das chinesische Unternehmen Haier mit seinem einfallsreichen CEO Zhang Ruimin. Haier ist Weltmarktführer in der Herstellung von Haushaltsgeräten und beschäftigt ca. 100.000 Mitarbeiter. Der Hauptsitz der Firma liegt in Qingdao in China (Haier Ltd., 2021).  Um den Einfallsreichtum von Haier´s CEO Zhang Ruimin einmal zu verdeutlichen, bietet sich folgende Anekdote an. Ruimin übernahm Haier im Jahr 1984. Zu diesem Zeitpunkt war Haier ein verlustträchtiges Unternehmen mit heruntergekommenen Fabriken. Im Jahr 1985 ordnete Ruimin eine Inventur an, die ans Tageslicht brachte, dass 20 Prozent der Kühlschränke defekt waren. Ruimin‘s oberstes Ziel war die Sicherstellung von Qualität, weshalb er einen symbolischen Akt anordnete. 76 defekte Kühlschränke wurden in einer Reihe aufgestellt und Ruimin und seine Mitarbeiter demolierten diese mit Vorschlagshämmern, um ein klares Zeichen zu setzen. Dieses sollte die Produktqualität der Marke Haier in der Wahrnehmung der Kunden in den Vordergrund stellen. Zudem sollte es zeigen, auch in schwierigen Zeiten Mut für Neues zu haben.

Beides gelang. Ab diesem Zeitpunkt ging es wieder aufwärts. Bis heute gab es unter Ruimin zahlreiche Transformationen – eine innovativer und unkonventioneller als die andere, die allesamt das Unternehmen weiter nach vorne brachten. Heute beschreiben viele Haier als eines der innovativsten Unternehmen unserer Zeit. Trotz seiner hohen Innovationsrate liegt die Stärke von Haier weder in besonders ausgefallenen noch in besonders bahnbrechenden Produkten, sondern in der Unternehmensorganisation. Organisational Self-Management (dt. Organisatorisches Selbstmanagement) als unkonventionelle Organisationsform hat Haier in hohem Maße wettbewerbsfähig gemacht und hält es weiterhin auf diesem Erfolgskurs. Nachfolgend wird gezeigt was Mittelständler von Self-Managing Organisations lernen können, um so die eigene Unternehmensperformance nachhaltig zu verbessern.

Was ist Organisational Self-Management?

Organisational Self-Management bedeutet, dass Organisationen und deren Mitglieder sich selbst managen, anstatt sich von anderen managen zu lassen. Im Unternehmenskontext hat dies zur Folge, dass viele übergeordnete Management- und Hierarchiestufen schlichtweg nicht existieren. Stattdessen organisieren sich die einzelnen Teams selbst. Dies geschieht zum einen im Hinblick auf Projekte, Projektauswahl und -management, zum anderen im Hinblick auf administrative Themen wie Personal und Budgets.

Beispiele aus der Praxis mit unterschiedlichen “Self-Management-Intensitäten” zeigen, dass dabei alle Self-Managing Organisations ähnlichen Prinzipien und Gedankengängen unterliegen. Vor allem haben alle gemeinsam, dass der Organisationsstil trotz Eliminierung von Hierarchiestufen und Verantwortungsübertragung auf “unteren” Ebenen grundsätzlich dem Wohl der Organisation und damit dem Wachstum des Unternehmens dienen soll.

Es gibt jedoch Unterschiede zur Organisationstheorie im herkömmlichen Sinne. Die klassische Theorie, im Speziellen das 1972 entwickelte Wachstumsmodell nach Greiner (vgl. Abbildung 1), stellt typische Wachstumsphasen in der Entwicklung einer Organisation und daraus resultierende Erfordernisse zur Veränderung dar. Die zentrale Erkenntnis des Modells: Unternehmen geraten in ihrem Unternehmenslebenszyklus fast automatisch in wachstumsbedingte Krisen. Unternehmerisch erfolgreiches Handeln führt zu Wachstum, dieses Wachstum wiederum führt zu Krisen. Diese Krisen müssen in den unterschiedlichen Phasen des Unternehmenslebenszyklus unterschiedlich gemanagt werden.

Am Anfang des Unternehmenslebenszyklus steht die initiale Kreativphase. In dieser Phase muss sich die Unternehmensidee entwickeln. Greiner spricht hier von „Wachstum durch Kreativität“. Ist die Idee entwickelt, folgt die Skalierung und es entstehen erste Strukturen und sich daraus ergebende Hierarchien und Verantwortlichkeiten. Häufig folgen diese in diesem Stadium noch deutlich einem Top-Down-Approach. Im Anschluss erkennt das Unternehmen, dass sich nicht mehr alles eindeutig und klar top-down lösen lässt und betritt die Phase des „Wachstums durch Delegation“. Verantwortlichkeiten müssen delegiert werden, da die Zahl der anstehenden Entscheidungen die Kapazität des Top-Managements überschreitet. Aus der folgenden Bürokratiekrise resultieren weitere Reorganisationsmaßnahmen, die zu „Wachstum durch Koordination“ führen. Die entstandenen einzelnen Einheiten bilden dann schnell eine komplexe Ansammlung von Abteilungen und Gruppen, die nicht nur koordiniert werden, sondern auch gewinnbringend zusammenarbeiten müssen. Schafft man es nun, dass die einzelnen Einheiten synergetisch zusammenarbeiten, ergo kooperieren, führt dies zu weiterem Wachstum. Diese Kooperation erfordert jedoch eine zentrale Steuerung, was dazu führt, dass in dieser Phase der Grad an Hierarchie in vielen Fällen wieder ansteigt. Weiteres Wachstum wird nun nur noch durch unternehmensübergreifende Vernetzung erreicht.

Abbildung 1: Das Wachstumsmodell nach Greiner (1972)

Das Modell zeigt, dass die Komplexität der Organisation durch Wachstum steigt. Analysiert man die Krisen, die Greiner in seinem Modell ausmacht genauer, erkennt man, dass alle darauf bezogen sind, die bestehende Struktur des Unternehmens möglichst beizubehalten. Dies funktioniert durch mehr Delegation. Die Struktur sollte möglichst beibehalten werden, da sich sonst die Identität des Unternehmens verliert. Dies resultiert in einer Tendenz in Richtung wieder stärkerer Hierarchie-Strukturen. Das Modell zeigt allerdings dahingehend keinen Pfad auf, der demonstriert, dass es auch gewinnbringend sein kann, Hierarchien und Strukturen vollständig aufzubrechen.

Anders ist dies in Self-Managing Organisations. Diese begreifen das Nicht-Vorhandensein von gewissen Strukturen als einen Teil der Unternehmensidentität. Abbildung 2 stellt die unterschiedliche Ausprägungsstärke von Hierarchie in Self-Managing Organisations und der klassischen Theorie anschaulich dar.

Beide Formen beginnen im Zeitverlauf mit einem starken Aufbau an hierarchischen Strukturen. Wie in der Praxis häufig zu beobachten, experimentieren Unternehmen der klassischen Theorie zufolge, im Zeitverlauf mit verschiedenen Ausprägungen von Hierarchie. Auf lange Sicht werden tendenziell wieder stärkere Hierarchiestrukturen implementiert. Self-Managing Organisations andererseits lassen beinahe gänzlich ab von Hierarchie und bleiben langfristig auf einem niedrigen Niveau. Spannend ist hierbei zu beobachten, dass grundsätzlich beide Unternehmensformen wirtschaftlich positiv performen können.

Abbildung 2: Hierarchie im Unternehmenslebenszyklus – Klassische Theorie vs. Self-Management-Organisationen

Am Beispiel Haier wollen wir nachfolgend erläutern, wie eine Self-Management Organisation in der Praxis operieren kann. Wie zu Beginn bereits erläutert, durchlief Haier mehrere Transformationen, welche allesamt sieben Jahre andauerten – alle unter demselben CEO. Von großer Bedeutung sind jedoch nur die letzten beiden. Ruimin baute über zwei Jahrzehnte strikte Hierarchien auf und führte den  Konzern nicht nur zu Struktur und Ordnung, sondern auch zu herausragender Profitabilität und Wachstum. 2005 führte Ruimin eine Inverse Pyramide mit selbst-gemanagten Teams ein. Die Grundlage bildete eine vollständig demokratische Entscheidungsfindung. Mitarbeiter konnten über die Annahme oder Ablehnung von neuen Projekten abstimmen und den oder die jeweiligen Projektleiter/in wählen. Diese/r suchte sich dann eigenständig das Projektteam zusammen. Dieses arbeitete selbst verantwortlich und war voll verantwortlich für die eigenen Gewinne und Verluste.

Allerdings hielt auch diese Organisationsform nur sieben Jahre an und wurde 2012 wieder verändert. Mit dem Einzug der Plattformökonomie und netzwerkbasierten Großkonzernen musste Haier die Inverse Pyramide wieder abschaffen. Laut CEO Ruimin war dies aber ein Schritt in die richtige Richtung. Ruimin eliminierte das gesamte Middle-Management (10.000 Mitarbeiter) und zerschlug Haier in ein Ökosystem aus Mikro-Start-ups. Aus Projektteams, Zentralabteilungen, Vertriebsteams, Entwicklungsteams und anderen Einheiten wurden eigenständige Start-ups geschaffen. Insgesamt entstanden mehr als 200 Mikro-Unternehmen mit direktem Kundenkontakt und über 3.800 Mikrounternehmen für Service und Support. Jedes dieser Start-ups ist seitdem vollständig selbst verantwortlich und hat die freie Entscheidungsgewalt zum Beispiel über Personalthemen oder die Gewinnverteilung. Auch wenn sich die Unternehmen gegenseitig unterstützen, sind die aus Haier entstandenen Start-ups anstelle von Hierarchien und Aufbau- oder Ablauforganisationsformen lediglich durch marktgetriebene Vertragsmechanismen verbunden. Die Mitarbeiter sind meist anteilsmäßig an ihren Start-ups beteiligt. Das Haier-Ökosystem wird somit zu einer unternehmerisch denkenden Plattform und entwickelt die Angestellten zu unternehmerisch denkenden „Machern“.

Wie implementiert ein Unternehmen erfolgreiches Self-Management?

Nun stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse ein deutscher Mittelständler aus dieser einzigartigen Entwicklung ziehen kann und wie er diese gewinnbringend übernehmen bzw. zur Orientierung und Inspiration heranziehen kann. Dazu müssen die Erfolgstreiber des Organisational Self-Management analysiert und direkt an die Realitäten eines deutschen Mittelständlers angepasst werden. Diese sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Erfolgsfaktoren und Maßnahmen zu einem erfolgreichen Organisation Self-Management

Verschiedenste Berufsbilder werden durch fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung immer komplexer – auch und insbesondere in typisch mittelständischen Industrien. Bürokaufleute sind heute schon mehr Büro- und Projektmanager und müssen auch in übergeordneten Geschäftsprozessen mitdenken. Gleichzeitig möchten sich Mitarbeiter mitgenommen und am großen Ganzen beteiligt fühlen. Wenn dies der Fall ist und Mitarbeiter merken, dass die eigene Arbeitsleistung durchaus etwas bewegen kann, führt das zu deutlich gesteigerter Motivation und steigender Arbeitsleistung. Diese Anerkennung kann demonstriert werden, indem Mitarbeitern Autonomie und Selbstbestimmung zugestanden wird – des ersten zentralen Erfolgsfaktors des Organizational Self-Management. Haier hat dies im Extremen umgesetzt. Nicht jeder Mittelständler eignet sich für solch eine drastische Transformation. Es ist jedoch zu empfehlen in kleinen Schritten in diese Richtung zu gehen. So können Sie beispielsweise dazu übergehen, sich Teams in gewissen Punkten selbst managen zu lassen und ihnen so mehr Entscheidungsspielräume zu lassen. Selbstverständlich darf dabei die Unternehmensmission nicht aus den Augen verloren werden – diese Mission sollte auch für das sich selbst managende Team die Grundlage jedes Handelns sein.

Eng damit verwandt ist der zweite Erfolgsfaktor des Organizational Self-Management – die Verschlankung der Hierarchiestrukturen durch das Eliminieren des Middle-Managements. Überlässt man den Mitarbeitern mehr Entscheidungsspielräume, müssen zwangsläufig auch weniger Entscheidungen auf Ebene des mittleren Managements getroffen werden. Diese Entscheidungsinstanz wirkt sich oft hinderlich auf Autonomie und Selbstbestimmung der Teams aus. Mittelständler sollten hier ihre Strukturen in der Form überdenken und anerkennen, dass es nicht notwendig ist, Middle-Manager nur einzusetzen, um einer weiteren Person für gewisse Prozesse in die Verantwortung übertragen zu können. Stattdessen müssen die Teams hier selbst in die Verantwortung genommen werden. Zudem bringt dieser Schritt oberste Führungsebene und Mitarbeiter näher zusammen, und sorgt so für eine stärkere Identifizierung mit dem Unternehmen und führt dadurch zu dynamischeren und agileren Prozessen.

Bei Konzernen aber auch bei Mittelständlern lässt sich häufig beobachten, dass Abteilungen nahezu gegeneinander arbeiten, indem sie sich gegenseitig die Verantwortung für Prozesse zuordnen, aber die gegenseitigen Potentiale und mögliche Synergien nicht erkennen. Dieses Problem liegt darin begründet, dass die Verantwortung in solchen Strukturen nicht bei den ausführenden Personen liegt. Überträgt man aber Eigenverantwortung auf die ausführenden Personen, entsteht ein stärkerer Geschäftssinn, der die Erfüllung der Unternehmensmission in den Vordergrund stellt. Stellt man sogar wie Haier die einzelnen Teams und Abteilungen als eigene Mikro-Unternehmen auf, finden sich die einzelnen Mikro-Unternehmen zum einen im positiven Wettbewerb, zum anderen aber auch im gleichen Ökosystem wieder. In diesem Ökosystem – dem dritten Erfolgsfaktoren der Self-Managing Organisations – können Start-ups, Teams oder Abteilungen synergetisch und auf Marktmechanismen basierend zusammenarbeiten.

Der vierte Erfolgsfaktor der Self-Managing Organisations ist die Incentivierung der Mitarbeiter. Schon in der klassischen Management-Schule wird gelehrt, dass man die intrinsische Motivation der Mitarbeiter bedienen sollte, um sie langfristig zu motivieren. Anstelle von intrinsischen Motiven sind in der Praxis oft Gehalt, Beförderungschancen oder sogar die drohende Gefahr, entlassen zu werden häufige Motivationsfaktoren. Keine dieser Faktoren sind nachhaltig und bieten somit keine wertvollen Anreize. Mitarbeiter handeln deshalb nicht immer zum Wohle der Unternehmensmission, sondern lediglich mit dem Ziel, diesem Faktor gerecht zu werden. Resultierend arbeitet der Mitarbeiter lediglich höheren Ebenen zu. Wenn Mitarbeiter am Unternehmenserfolg beteiligt werden, entwickelt sich ein eigenes ökonomisches Interesse an einer positiven Unternehmensperformance und es wird ganzheitliches Denken gefördert.

Der letzte Erfolgsfaktor ist zugleich auch der wichtigste, da er maßgeblich in alle anderen Faktoren mit hineinspielt und daher schon mehrmals erwähnt wurde. Die gesamte Idee der Self-Managing Organisations baut auf der Pflicht und Notwendigkeit zur Verantwortungsübernahme der Mitarbeiter auf. Nur wenn Mitarbeiter sich der Verantwortung stellen und Führung über ihre eigenen Projekte übernehmen wollen, hat das Konzept der Self-Managing Organizations Erfolg.

Es gibt somit kein eindeutiges und eindeutiges Konzept, dem alle Self-Managing Organisations folgen. Allerdings gibt es viele Prinzipien nach denen erfolgreiche Self-Managing Organisations arbeiten und von denen sich jedes Unternehmen einige Punkte abschauen kann. Ein größerer Entscheidungsspielraum, größere Verantwortung eines jeden einzelnen für sein Tun und Handeln und flache Hierarchien führen zu agilen Strukturen im Unternehmen, welche sich bekanntlich sehr positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken.

Angewandtes Self-Management kann den Unternehmenserfolg sicherstellen

Eine Sache ist somit klar geworden – es gibt nicht den einen Weg, mit dem man sein Unternehmen zu einer erfolgreichen Self-Managing Organisation umbauen kann – vor allem dann, wenn das Unternehmen schon seit einiger Zeit am Markt etabliert ist. Unternehmen sind einzigartige Organisationen mit unterschiedlichen Ansprüchen, Missionen und Visionen, Herangehensweisen, und Zielgruppenstrukturen. Trotz dieser Unterschiede gibt es organisationstheoretisch einige allgemeingültige Wege, eine Organisation sinnvoll und gewinnbringend aufzubauen. Die Organisationstheorie ist jedoch, wie jede andere Theorie, ständig neuen Einflüssen und Veränderungen ausgesetzt. Im Zuge der sich verändernden Arbeitswelt und dem Wandel hin zu großen Plattformökonomien entstehen auch neue Einflüsse auf die Art und Weise des Managements von Organisationen. Stringente, geradlinige Organisationsformen brechen mehr und mehr auf.

Bestehende Self-Managing Organisations und ihr Erfolg verändern die Wahrnehmung von Organisationen und Hierarchien und motivieren dazu, klassische Organisationsstrukturen zu hinterfragen. So experimentieren Unternehmen schon länger mit flachen Hierarchien und agilen Strukturen und machen damit meist sehr positive Erfahrungen. Diese konnten auch wissenschaftlich belegt und nachgewiesen werden. Ausgehend von dieser Erfahrung sollte sich jedes Unternehmen über die einzelnen Erfolgsfaktoren von Self-Managing Organisations Gedanken machen und versuchen, die zugrunde liegenden Prinzipien, oder zumindest einen Teil davon, auch im eigenen Unternehmen zu etablieren – ganz im Sinne des nachhaltigen unternehmerischen Erfolgs. Wenn sich das Prinzip zukünftig weiter etabliert, können die aufgebrochenen Strukturen durch frische und dynamische ersetzt werden. Dadurch werden Unternehmen flexibler und können leichter und schneller auf sich verändernde Wettbewerbsbedingungen reagieren. Gerade für den deutschen Mittelstand ist diese Flexibilität ein guter Weg, international wettbewerbsfähig zu bleiben und weiterhin der Motor der deutschen und europäischen Wirtschaft zu sein.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Das Bedürfnis von Herstellern Kunden besser zu verstehen, ist ein wesentlicher Treiber eine direkte Verbindung zum Kunden aufzubauen. Die Corona-Pandemie hat durch die temporäre Schließung des stationären Handels den „Direct-to-Consumer“ Trend verstärkt. Nicht nur Start-ups positionieren sich teils ausschließlich als „Direct-to-Consumer“-Marke, sondern auch etablierte Markenhersteller akquirieren oder bauen „Direct-to-Consumer“-Marken auf. Das Sammeln wertvoller Kundeninformationen ist ein zentraler Mehrwert eines „Direct-to-Consumer“-Ansatzes, aber zahlreiche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um erfolgreich und nachhaltig „Direct-to-Consumer“ zu betreiben. Von besonderer Bedeutung ist der Wandel der Organisation, sich vollkommen auf den Endverbraucher auszurichten.

Das Aufleben des Direct-to-Consumer Trends

Durch die Corona-Pandemie und damit einhergehende angeordnete Geschäftsschließungen im Lockdown mussten zahlreiche Hersteller ihre Vertriebsstrategie von einem auf den anderen Tag anpassen und Wege suchen, Kunden direkt zu erreichen. Für einige aus der Not entstanden, haben andere schon vor Corona-Zeiten den Trend direkt an Kunden zu verkaufen. Die Umsetzung von „Direct-to-Consumer“ kann vielfältig gestaltet werden. Hersteller können Produkte auf Online-Marktplätzen wie Amazon oder eBay listen, einen eigenen Online-Shop betreiben oder im Rahmen von Social Commerce Produkte auf Social-Media Plattformen platzieren. Während viele Hersteller mit „Direct-to-Consumer“ Neuland betreten und sich durch die direkte Verbindung zum Kunden neue Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse erhoffen, fokussieren sich viele Start-ups häufig nur noch auf „Direct-to-Consumer“ und können ein beachtliches Wachstum vorweisen.

So neuartig Direct-to-Consumer klingt, findet es sich doch schon seit Jahrzehnten als etabliertes Vertriebsmodell. Das Geschäftsmodell von Marken wie Vorwerk und Tupperware basiert vollständig auf reinem Direktvertrieb. Neu ist hingegen, dass der E-Commerce-Vertriebskanal im Vordergrund steht und eine Verlagerung von Offline-Werbetreibenden zu Social-Media Influencern erfolgt. Die Marken Peloton, Tesla, Mermaid + Me oder everdrop sind nur als einige Beispiele zu sehen, die ihren Vertrieb ausschließlich online abwickeln und eine direkte Verbindung zum Kunden aufgebaut haben. In den letzten Jahren hat „Direct-to-Consumer“ an Beliebtheit im E-Commerce gewonnen und wird dort immer populärer.

Abbildung 1: Zur Geschichte und Zeitlosigkeit von „Direct-to-Consumer“-Marken

Mehrwerte und Voraussetzungen

Unabhängig davon ob Hersteller durch die Implikationen der Corona-Pandemie in den Direktvertrieb gedrängt wurden oder bereits davor mit ihren Kunden direkt verbunden waren, erhoffen sich alle „Direct-to-Consumer“ Anwender zahlreiche Mehrwerte.

Eine direkte Kundenbeziehung ermöglicht das Sammeln von Informationen und schafft damit ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden. Hersteller können nun direktes Feedback einholen und Produkte genauer an Verbrauchervorstellungen anpassen. Kostspielige Marktstudien und die Durchführung von langwierigen Umfragen entfallen damit. Zahlreiche Hersteller bieten sogar Personalisierungsmöglichkeiten an. Mittels in Online-Shops integrierten Konfiguratoren personalisieren Kunden ihr Produkt und erhalten diese direkt nach Hause geschickt. Andere Hersteller gehen sogar noch einen Schritt weiter und lassen Kunden an der gesamten Produktentwicklung mitwirken. Je mehr Kunden sich mit ihrem Wissen beteiligen, umso risikoloser wird die Markteinführung, da der Produkt-Market-Fit bereits im Vorfeld gesichert ist.

Hersteller gewinnen mittels „Direct-to-Consumer“ die Kontrolle über ihren Markenauftritt und die Festlegung von Preisen, da kein Distributor mehr zwischengeschaltet ist. Auch höhere Margen sind ein positiver Effekt, die sonst von Distributoren vereinnahmt werden. Doch sollte beachtet werden, dass Hersteller nun für die Produktvermarktung hauptverantwortlich sind. Der Betrieb eines eigenen Online-Shops bedingt hohe Investitionen in Performance Marketing, um ein hohes Besucheraufkommen zu erreichen und möglichst viele Interessenten zu Kunden zu konvertieren. „Direct-to-Consumer“ ermöglicht Herstellern auch, ein deutlich breiteres Produktsortiment anzubieten, was durch Limitierungen im Handel nur schwer umsetzbar ist. Während der Aufbau eines stationären Vertriebs- und Partnersystems in neuen Märkten mit hohen Investitionen verbunden ist, vereinfacht der Direktvertrieb mittels Online-Shop oder Online-Marktplatz die Expansion in neue Märkte erheblich. Im Kern hilft eine „Direct-to-Consumer“-Strategie dabei, den Kunden wieder mehr in den Vordergrund zu rücken und dessen Bedürfnisse zu verstehen!

So interessant die Mehrwerte für Hersteller klingen, bedingen sie doch teils gravierende Änderungen und viele Hersteller betreten ungewohntes Terrain. Für Unternehmen mit bestehenden Vertriebskanälen und -partnern kann es zu Kanalkonflikten mit ebendiesen kommen, da diese Umsatzverluste befürchten. Haben sich bisher Distributoren um Logistik und Produktpräsentation gekümmert, nimmt nun der Verantwortungsbereich der Hersteller zu. Der Markenauftritt auf Online-Marktplätzen und im Webshop ist zu gestalten und zu pflegen, die gesamte Customer Journey muss konzipiert und umgesetzt werden bis hin zum Aufbau eines After Sales Service. Eine besonders wichtige Komponente ist der Umgang mit den gewonnenen Daten. Diese müssen analysiert und genutzt werden – digitale Talente und neue Systeme sind häufig erforderlich. Auch die Logistik ist betroffen, denn diese muss in der Lage sein Einzellieferungen und Retouren an Endverbraucher abzuwickeln – alternativ sind externe Dienstleister einzubinden.

Viele „Direct-to-Consumer“-Marken zeichnen sich durch sehr schnelle Produktentwicklungsphasen und einen schnellen Go-To-Market aus. Intern müssen daher die Voraussetzungen für eine ebenso dynamische Arbeitskultur geschaffen werden. Daher gilt es auch abzuwägen ob eine „Direct-to-Consumer“-Marke innerhalb der existierenden Organisation aufgebaut oder doch lieber eine getrennte Organisation dafür geschaffen werden sollte.

Abbildung 2: Voraussetzungen für die Etablierung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie

Die ersten Schritte in Richtung „Direct-to-Consumer“

Um nun „Direct-to-Consumer“ erfolgreich und nachhaltig anzugehen, sollten sich Hersteller an den nachfolgenden Schritten und zugehörigen Fragestellungen orientieren:

  1. Marktpotenzial- & Trendanalyse: Wie groß ist das Umsatzpotenzial der zu etablierenden Marke und der Produkte? Welche Trends und welcher Zeitgeist bestehen, sodass die Marke und die Produkte darauf ausgerichtet werden können?
  2. Umfeldanalyse & USP-Definition: Welche Wettbewerber sind aktiv und wie sind diese im E-Commerce positioniert? Durch was zeichnen sich die Wettbewerber aus und über welche Alleinstellungsmerkmale verfügen die eigene Marke bzw. die eigenen Produkte?
  3. Definition einer Technologielandschaft: Welche IT-Systeme sind erforderlich für die erfolgreiche Umsetzung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie und welche Komponenten bestehen bereits, um Synergien zu schaffen?
  4. Entwicklung einer Marketingstrategie: Welche Online-Marketing-Kanäle sollten ausgewählt werden, um den höchstmöglichen Return-on-Investment zu erzielen?
  5. Entwicklung einer Logistik-Strategie: Welche Logistik-Optionen kommen in Betracht und welche sollte gewählt werden, um auf die speziellen Anforderungen von „Direct-to-Consumer“ einzugehen und Kunden optimal versorgen zu können?
  6. Organisation & Governance-Design: Wie sollten Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der eigenen Organisation verteilt und geschaffen werden, um effizient und effektiv zu arbeiten?
  7. Businessplan: Welcher Nutzen und welche Kosten sind mit dem Aufbau einer „Direct-to-Consumer“-Marke verbunden und ist es profitabel?

Abbildung 3: „Direct-to-Consumer“ Strategie-Framework

Gerne unterstützen wir Sie beim Aufbau Ihrer „Direct-to-Consumer“-Strategie. Für weitere Informationen rund um die Themen E-Commerce, Digitalisierung und Transformation stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Seite.

Weiterführende Inhalte

Direct-to-Consumer Strategie E-Commerce Strategie

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Zusammenfassung

  • Die Corona-Pandemie hat für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Schätzungen zufolge sollen im Jahr 2021 mehr als 100 Mrd. Euro durch E-Commerce umgesetzt werden, was einer Wachstumsrate von fast 20% entspricht.
  • Das Kaufverhalten der Menschen hat sich durch die Pandemie verändert. Bestellfrequenzen bei Online-Käufen sind stark angestiegen und auch Lebensmittel werden vermehrt online eingekauft, womit diese Warengruppe zu den Spitzenreitern beim Wachstum in Deutschland zählt.
  • Auch nach der Corona-Pandemie ist davon auszugehen, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Primäre Treiber für eine positive Wachstumsdynamik sind unter anderem der Gewohnheitseffekt an E-Commerce, die Prägung der jüngeren Generation für Online-Shopping sowie der Direct-to-Consumer Trend.

Boom des Online-Handels durch Corona

Dass die Corona-Pandemie für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger wirkt, lässt sich nicht bestreiten und wird besonders in den starken Wachstumszahlen deutlich. Mehr als 83,3 Mrd. Euro (72,6 Mrd. Euro in 2019) wurden an Brutto-Umsatz wurden in Deutschland im Jahr 2020 erreicht, was einem Wachstum von 14,6% zum Vorjahr entspricht. Für das Jahr 2021 schätzt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) einen Brutto-Umsatz von mehr als 100 Mrd. Euro. Die Corona-Pandemie hat sich nicht nur auf das umgesetzte Volumen ausgewirkt, sondern auch das Kaufverhalten der Menschen maßgeblich geprägt. Die Bestellfrequenz für Online-Einkäufe hat sich erhöht und jeder Dritte über 60 Jahre kauft mittlerweile online ein. Durch die Einschränkungen von Geschäftsschließungen durch Lockdowns hat jeder vierte Deutsche den Schritt gewagt, erstmalig Nicht-Lebensmittel online zu bestellen und jeder zehnte kauft Lebensmittel bereits online.

Interessant ist diese Erkenntnisse auch bei näherer Betrachtung der Entwicklung einzelner Warengruppen. Auf Gesamtjahressicht 2020 zählt der bevh die Warengruppe Lebensmittel mit einem Anstieg von 70% zum Spitzenreiter und das trotz der Tatsache, dass Supermärkte mit Waren des täglichen Lebens trotz Corona-Lockdown geöffnet waren. Medikamente und Drogerieartikel konnten ein Wachstum 53,9% bzw. 35,4% erreichen, gefolgt von Tierbedarf mit 15,8% mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. E-Commerce-Umsätze bei Bekleidung und Schuhen legten 13,2% zu und Unterhaltung 10,5%. Noch deutlicher werden die Entwicklungen bei einem Vergleich des 1. Quartals 2020 und dem 1. Quartal des Jahres 2021. Zu den Top 5 Warengruppen mit dem höchsten Zuwachs zählen Lebensmittel, Drogerieartikel, Haushaltswaren & -geräte, DIY & Blumen sowie Medikamente.

Abbildung 1: E-Commerce Umsatzentwicklung von Q1 2020 zu Q1 2021 nach Warengruppen

Das starke Wachstum in der Warengruppe Lebensmittel und bei Gütern des täglichen Lebens ist kein rein deutsches Phänomen, sondern zeigt sich auch europaweit. Im Global Consumer Insights Survey 2020 von PwC hat eine Umfrage ergeben, dass mehr als ein Viertel der in urbanen Gegenden lebenden Menschen Online-Shopping als Hauptquelle für Lebensmittel nutzen, was einem Anstieg von 10% im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten entspricht. Auch weltweit nimmt E-Commerce einen zunehmenden Stellenwert bei Menschen ein, was eindrucksvoll an der Durchdringungsrate erkennbar ist. Während diese für das Jahr 2020 einen Wert von 15% global aufweist, gehen Prognosen von 25% im Jahr 2025 aus. Dies ist ein Wachstum von 67% innerhalb von fünf Jahren.

Abbildung 2: E-Commerce Durchdringungsraten

Veränderungen des Kaufverhaltens zwischen online und offline spiegeln sich in einzelnen Ländern unterschiedlich wider, zeigen aber für das Jahr 2020 einen eindeutigen Trend. Während der Online-Retail-Handel in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und Großbritannien mehr als zweistellig wächst, ist der Offline-Retail-Handel geschrumpft.

Abbildung 3: Veränderung von online und offline Retail-Wachstum im Jahr 2020

Warum auch nach Corona hohes E-Commerce Wachstum bestehen bleibt

Der Online-Handel stellt sich nun die Frage, wie es nach der Corona-Pandemie weitergehen wird. Kommt es wieder zu einer Rückverlagerung in den stationären Handel oder bleiben die E-Commerce Aktivitäten der Bevölkerung stabil, sodass mit keinerlei Einbußen für E-Commerce zu rechnen ist? Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) ist überzeugt davon, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Sicher ist allerdings, dass es zu Verschiebungen innerhalb einzelner Warengruppen kommen wird.

Ausgaben für sogenannte „Zuhause-Aktivitäten“, die unter anderem die Bereiche DIY, Garten und Sportequipment begünstigt haben, werden nach der Corona-Pandemie in Reisen, Restaurantbesuche und Events münden. Insgesamt aber wird E-Commerce weiterhin wachsen, wenn man den Hochrechnungen des IFH Köln folgt. Von 120 Mrd. Euro Brutto-Umsätzen im Jahr 2024 wird in einer Trendrechnung gesprochen und bis zu 141 Mrd. Euro Potenzial sind möglich bei besonders positiver Wachstumsdynamik. Nachfolgende Aspekte sind Treiber dieser Entwicklung:

  • Gewohnheit und Bequemlichkeit: Die regelmäßige Nutzung von Online-Shoppingmöglichkeiten führt zu einem Gewohnheitseffekt. Zudem kommt die Bequemlichkeit, dass bestellte Waren in mittlerweile sehr kurzer Zeit nach Hause versandt werden. Es entfallen die teils langwierigen Suchen im stationären Handel und das Befördern von Ware nach Hause.
  • Online-Abo-Modelle: Zahlreiche Online-Shops und Online-Marktplätze haben für Produkte des alltäglichen Lebens Abo-Modelle etabliert mit günstigen Produktkonditionen, die für eine langfristige Bindung der Kunden sorgen.
  • Prägung der jüngeren Generation: Insbesondere die jüngere Generation, die ohne sehr online affin ist, hat das Online-Shopping für sich entdeckt. In einer Umfrage im Jahr 2020 von Shopify wurde festgestellt, dass zwei von drei jungen Konsumenten zwischen 18 und 34 Jahren mehr Geld für Waren und Dienstleistungen ausgeben als noch vor der Corona-Krise.
  • Wegfall stationärer Einheiten: Es wird nicht zu verschweigen sein, dass durch die Corona-Krise auch zahlreiche stationäre Händler ihre Geschäfte schließen werden. Durch den Wegfall kommt er zu einer Reduktion der stationären Einkaufsmöglichkeiten, wodurch ebenfalls wieder der Online-Handel profitieren wird.
  • Direct-to-Consumer Trend und Personalisierung: Ein Gewinner der Corona-Krise sind sogenannte Direct-to-Consumer Marken, die sich auf einige wenige Produkte fokussieren und sich eine Community an loyalen Kunden aufgebaut hat. Mit innovativen Produktideen, der Einbindung der Community als Co-Entwickler und der Verfolgung von Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein treffen diese Marken den Zeitgeist und sind sogar für etablierte Markenhersteller zur Konkurrenz geworden.
  • Zuwachs der Vielfalt der Online-Handelslandschaft: Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer deutlich höheren Vielfalt in der Online-Handelslandschaft geführt. Unzählige Online-Shops und Online-Marktplätze sind entstanden, die sich nun eine breite Kundenbasis aufgebaut haben und diese auch nach Corona mit attraktiven Angeboten halten und bedienen möchten.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt oder beispielweise bei der Etablierung einer Direct-to-Consumer Strategie, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Direct-to-Consumer Strategie E-Commerce Strategie

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Ergebnisse und Kernaussagen

  • Positive E-Commerce-Erfahrungen während des ersten Lockdowns stärken das Vertrauen in E-Commerce-Anbieter. Gleichzeitig steigt insbesondere bei jungen Konsumenten die Intensität der Recherche vor dem Kauf im Netz und sie kaufen gezielter online ein.
  • Die Verlagerung vom stationären zum Online-Handel und das generell konstante bis steigende Konsumverhalten führen zu einem Anstieg des E-Commerce-Umsatzes insgesamt, allen voran Amazon.
  • Trotzdem ergeben sich durch das veränderte Konsumentenverhalten vermehrt Chancen für kleinere, spezialisierte Anbieter, die sich aber einem enormen Wettbewerb gegenübersehen, wenn es um die finale Kaufentscheidung geht, weshalb der Eintritt oder Ausbau des Onlinegeschäft einer durchdachten, schrittweisen Strategie bedarf und die Einbindung erfahrener Experten nahegelegt.
  • Insgesamt verdeutlichen die Maßnahmen und Einschränkungen, die mit der Corona-Pandemie einhergehen, die Vorteile des Onlinehandels und prägen das Recherche- und Kaufverhalten nachhaltig.

 

Geschäftsschließungen, Verbote von Zusammenkünften in Gruppen, Ausgangsbeschränkungen, ein Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens – all diese Aspekte könnten bald der Vergangenheit angehören, determinieren derzeit aber noch stark den Alltag der Bürgerinnen und Bürger in nahezu allen Ländern der EU. Insbesondere das Verhalten der Konsumenten bezüglich des Einkaufsortes oder der Einkaufswebseite und auch hinsichtlich des Rechercheverhaltens vor einem potenziellen Kauf hat sich seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 stark gewandelt und dem E-Commerce weiter zur Hochkonjunktur verholfen. Doch wer profitiert hauptsächlich von dem starken Zuwachs im Onlinehandel? Haben kleine Spieler und Markenhersteller noch eine Chance gegen Onlinehandelsgiganten wie Amazon, Otto und Co.? Und wie geht es weiter, wenn die Inzidenzzahlen weiter sinken, nach und nach mit Lockerungen zu rechnen ist und der Einzelhandel wieder öffnet?

Auswirkungen anfänglicher, Corona bedingter Einschränkungen auf das Konsumentenverhalten und den Onlinehandel

Vielzählige Einschränkungen wie die Maskenpflicht und die Schließung des Einzelhandels während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 aber auch das erhöhte Risiko einer Ansteckung in Innenstädten und Geschäften führte zu einem Umsatzrückgang des deutschen Einzelhandelsgeschäfts. So sank im europaweiten Durchschnitt der Umsatz im Einzelhandel im April um etwa 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Statista, 2020).Demgegenüber haben viele Konsumenten während des ersten Lockdowns positive Erfahrungen im E-Commerce gesammelt und dessen Vorzüge (schnelle und bequeme Bestellung, Lieferung und Rückgabe, Kundenservice) kennen und schätzen gelernt. Die deutschen Konsumenten nutzen seither vermehrt die Möglichkeit der Online-Produktrecherche und informieren sich vor einem Kauf im Netz ausführlicher als noch vor der Corona-Pandemie. Zudem erfolgen Online-Käufe gezielter und personalisierte Angebote erfreuen sich, gerade bei jungen Konsumenten, größerer Beliebtheit. Vor dem Hintergrund der heute noch bestehenden vorübergehenden Schließung des Einzelhandels ist daher von einer weiteren Verstärkung dieser Effekte auszugehen.


Abbildung 1: Vermehrte Online-Aktivitäten seit der Corona-Krise

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie konnte der Onlinehandel bereits ein stetiges Wachstum verzeichnen. Insgesamt stiegen jedoch seit der Verbreitung des Corona-Virus und der damit einhergegangenen Maßnahmen und Einschränkungen die Umsätze im Onlinehandel deutlich stärker.

Strukturen und Mechanismen im deutschen Onlinehandel – die Bedeutung von Amazon

Neben den steigenden Umsätzen im deutschen E-Commerce konzentriert sich der Markt zunehmend. Während der Marktanteil der 500 umsatzstärksten Webshops stetig wächst, gehen die Anteile der kleineren Anbieter zurück. Die zehn umsatzstärksten Anbieter, Marktplatzanbieter ausgenommen, beanspruchten bereits 2019 etwa 36 Prozent, sprich 20,8 Milliarden, des deutschen E-Commerce-Umsatzes und damit 40% der Umsätze der Top 1000 für sich.


Abbildung 2: Verteilung der deutschen Umsätze im deutschen E-Commerce-Markt

Es lässt sich ein klassisches Longtail-Modell erkennen: Wenige große, generalistische Anbieter beherrschen den Markt, während vielzählige kleine, spezialisierte Anbieter die restlichen Marktanteile unter sich aufteilen. Insbesondere Amazon nimmt hier eine vordergründige Rolle ein und ist mit einem Umsatz von über 10 Milliarden deutlicher Spitzenreiter im Umsatzvergleich der deutschen Online-Shops.


Abbildung 3: Top 100 Online-Shops in Deutschland

Die Corona-Pandemie hat sich daher vor allem für Amazon bisher sehr vorteilhaft ausgewirkt. Während des strikten Lockdowns im Frühjahr letzten Jahres nutzten die Konsumenten verstärkt den Amazon Marketplace – in Deutschland, aber auch weltweit. So konnte Amazon.de im Jahr 2020 einen Anstieg von 35 Prozent verzeichnen und damit im Vergleich zu anderen Online-Shops überdurchschnittlich von den Auswirkungen der Einschränkungen und Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie profitieren.


Abbildung 4: Entwicklung des gesamten Umsatzes der Amazon-Gruppe von 2010 bis 2020

Diese Zahlen lassen die Vermutung zu, dass durch die Corona-Pandemie gerade kleinere Online-Shops ins Hintertreffen geraten und die großen Plattformen maßgeblich profitieren. Die dargestellten Umsatzzahlen lassen diese Vermutung plausibel erscheinen, jedoch ist hier dem veränderten Konsumentenverhalten in dezidierter Weise Rechnung zu tragen. Gerade das veränderte Verhalten junger Konsumenten, d.h. der 18- bis 29-Jährigen während der ersten Lockdown-Phase, konkret die ausführlichere Recherche im Netz und die gezielteren Online-Einkäufe, bieten Chancen für kleinere, weniger bekannte Online-Shops, die nicht unbedingt die erste Anlaufadresse der Konsumenten darstellen. Eine intensivere Recherche, der vermehrte Besuch ausgewählter Markenhersteller-Websites und dem Konsumenten bisher nicht bekannter Seiten stellen eine Chance für kleiner Spieler dar.

Fraglich bleibt, ob der Kauf eines Produkts letzten Endes über diese Seiten abgewickelt wird oder doch über die großen, bekannten Plattformen, wie Amazon, Otto und Co. läuft. Für kleinere Spieler gilt es also die Konsumenten neben der reinen Recherche auf der Website auch zum Kaufabschluss zu animieren. Dafür sollte dem Website-Besucher ein maximal nutzerfreundlicher Webshop zur Verfügung stehen. Im Onlinegeschäft ist die nächste Einkaufsmöglichkeit nur einen Mausklick entfernt, Preise und Lieferkosten sind innerhalb von Sekunden vergleichbar und damit der Wettbewerb um den Kaufabschluss besonders hoch. Um in dieser Umgebung erfolgreich zu sein und sich gegen die großen, erfahrenen Online-Plattformen durchsetzen zu können, bedarf es Expertise und Erfahrung bezüglich der Eigenschaften und Funktionsweisen des Online-Markts, der eigenen Online-Präsenz und eines tiefgründigen Verständnisses der Online-Kunden, deren Kaufentscheidungen und -mechanismen.

Aus diesen Gründen sollte der Eintritt oder Ausbau des Onlinehandels durchdacht und Schritt für Schritt erfolgen. Es gilt entsprechende Anforderungen an Prozesse, Ressourcen, die organisationale Struktur, die IT-Landschaft und das Supply Chain Management zu beachten und umzusetzen, um ideale Bedingungen für die erfolgreiche Umsetzung einer E-Commerce Strategie zu schaffen. Wir von FOSTEC & Company empfehlen dafür einen Strategieansatz mit fünf aufeinander aufbauenden Phasen, der sich bereits vielfach bei unseren Kunden bewährt hat.


Abbildung 5: FOSTEC & Company E-Commerce Strategieansatz in 5 Phasen

Neben dem allgemeinen Wachstum im Onlinehandel, nicht nur im deutschen Markt, sondern weltweit, und den Chancen, die sich aus den heutigen COVID-19 bedingten Umständen ergeben, bleibt zu fragen inwiefern antizipiert werden kann, wie die Auswirkungen der Pandemie die Zukunft des Handels beeinflussen.

Ausblick

Wie werden sich die Konsumenten verhalten, wenn die Inzidenzzahlen sinken, Lockerungen zu erwarten sind und der Einzelhandel wieder öffnen kann? Wird die Recherche vor einem Produktkauf weiterhin vermehrt im Netz stattfinden? Werden Konsumenten weiterhin Ihre Zeit darauf verwenden Ihnen noch unbekannte Seiten aufzurufen – auch wenn Kurzarbeit und Home-Office abnehmen? Die Konsumenten haben ihr Verhalten während des ersten Lockdowns deutlich verändert, an die Situation adaptiert und ihre jeweiligen Erfahrungen im Online-Handel gemacht. Sie sind es heute, in deutlich höherem Maße als vor der Corona-Pandemie, gewohnt einen schnellen und einfachen Zugriff auf Produkte, Preise und Lieferoptionen zu haben und diese innerhalb weniger Minuten vergleichen zu können. Sie haben vermehrt das vielfältige Angebot im Online-Handel kennen und schätzen gelernt und sind heute in weitaus höherem Maße mit dem Online-Handel vertraut als noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Diesen Comfort und Wissensvorsprung gegenüber dem rein stationären Handel, werden Konsumenten wohl kaum mehr aus der Hand geben.

Demgegenüber spielen bei einer Vielzahl an Produkten das Erleben des Produkts selbst und seiner haptischen Eigenschaften aber auch das Kauferlebnis an sich eine große Rolle bei der Kaufentscheidung. Auch sollte die soziale Komponente im Zusammenhang mit dem Einkauf im stationären Handel nicht außer Acht gelassen werden. Damit stehen dem Comfort und der Transparenz des Onlinehandels, triftige Gründe gegenüber warum Konsumenten zumindest in bestimmten Fällen den Einkauf im stationären Handel dem Onlinekauf trotzdem vorziehen könnten.  Trotzdem muss festgehalten werden, dass die neuen Gewohnheiten und die Erfahrungen mit dem Onlinehandel während der vergangenen Monate, das Nutzerverhalten nachhaltig geprägt haben.

Gerade wenn Preise und eine schnelle Lieferung vorrangige Entscheidungsfaktoren für den Kauf eines Produktes sind, weist der Onlinehandel gegenüber dem stationären Handel deutliche Vorteile auf, die nicht von der Hand zu weisen sind und durch die Einschränkungen und Maßnahmen der Corona-Pandemie noch deutlicher in den Vordergrund treten. Vor diesem Hintergrund sollten sich gerade kleinere Unternehmen überlegen, welche Aspekte die Kaufentscheidung für ihr Produkt maßgeblich beeinflussen, wie eine zukunftsträchtige Platzierung in der heutigen Handelslandschaft aussehen kann, wo die entsprechenden Potentiale liegen und wie diesen Schritt für Schritt strategisch angegangen werden können.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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