Der Ursprung von OTTO Market

Mitte 2020 hat OTTO die Pilotphase seiner neuen Marktplatz-Plattform OTTO Market abgeschlossen und bietet Markenherstellern und Händlern seither die Möglichkeit, über die eigene Marktplatz-Infrastruktur Produkte anzubieten. Otto.de, der nach Umsatz (3,5 Mrd. Euro im Jahr 2019 und 3,8 Mrd. Euro im Jahr 2020) größte in Deutschland ansässige Online-Shop, tritt auf dem deutschen Markt damit in den direkten Wettbewerb zu internationalen Konzernen wie Amazon und eBay. Der langfristige Erfolg wird unter anderem davon abhängen, wie erfolgreich sich OTTO Market neben Amazon profiliert und, ob es gelingt, nachhaltiges Wachstum durch geschickte Positionierung in bestimmten Produktkategorien zu erreichen.

OTTO Market, die Marktplatz-Plattform der OTTO Group, wurde im Jahr 2018 angekündigt und bereits im Jahr der Ankündigung investierte OTTO mehr als 100 Mio. Euro in die Entwicklung der eigenen Markplatz-Infrastruktur und plante die Schaffung von rund 580 Business Intelligence, IT & E-Commerce-Stellen, um maximale Funktionalität zu gewährleisten. Die lange Wartezeit zwischen Ankündigung und Go live war der Entwicklung der Marktplatz-Plattform von Grund auf geschuldet. Waren zu Beginn des Jahres 2020 die Operations noch mit „angezogener Handbremse“ in einem Pilotprojekt mit 250 Partnern getestet worden, öffnete OTTO Market Ende 2020 die Tore für weitere potenzielle Partner, die sich inzwischen sogar selbst und automatisiert registrieren können. Trotzdem setzt OTTO bei der Auswahl der Partner auf Qualität und behält sich vor, qualitativ minderwertige Produkte oder Händler vom OTTO Market auszuschließen.

Langfristig hängt der Erfolg von OTTO Market von mehreren Faktoren ab. Fragen zur Positionierung gegenüber der direkten Konkurrenz an Online-Marktplätzen, die Auswahl bestimmter Produktkategorien sowie die Relevanz für Markenhersteller werden nachfolgend näher beleuchtet.

Positionierung gegenüber anderen Marktplätzen

Bisher bietet OTTO auf otto.de die großen Produktkategorien Fashion & Lifestyle, Einrichten & Wohnen, Technik & Medien sowie Sport, Freizeit, Garten & Heimwerken an. Nach Umsatzerlösen dominieren dabei die Segmente Einrichten & Wohnen sowie Fashion & Lifestyle.

Abbildung 1: Umsatz von otto.de im Jahr 2020 nach Produktkategorien

Vergleicht man OTTO Market mit den Mitwettbewerbern wie beispielsweise Amazon oder eBay, so weisen die Konditionenmodelle und Gebührenstrukturen keine wesentlichen Unterschiede auf – neben einer monatlichen Grundgebühr zur Listung von Produkten, fallen bei allen Plattformen Verkaufsprovisionen an. Auch hinsichtlich der Geschäftsmodelle unterscheidet sich OTTO Market wenig von Amazon. Hersteller können Produkte direkt an OTTO liefern, die dann von OTTO als Händler auf otto.de vertrieben werden. Alternativ können Hersteller nun auch die Marktplatz-Option nutzen und direkt Produkte an Endkunden anbieten. Eine Fulfillment Option, ähnlich wie bei Amazon und eBay gibt es bisher nicht, allerdings haben viele Fulfillment Service Provider Schnittstellen zu OTTO Market aufgesetzt und können in unterschiedlichen Integrationsstufen Prozesse abwickeln.

Trotz starker Ähnlichkeiten in Konditionen, Geschäftsmodellen und Prozessen, versucht OTTO Market sich auf andere Weise von seinen Kontrahenten abzugrenzen und zu positionieren. Eine zentrale Beobachtung ist das Thema Fairness. Dem Branchenriesen Amazon werden schon seit längerem schlechte Arbeitsbedingungen und Ausnutzung der eigenen Marktmacht vorgeworfen. So werden Herstellern oder Händlern nach anfänglichem Erfolg auf Amazon immer strengere Konditionen vorgegeben und bei Nicht-Kooperation werden Konkurrenzprodukte verstärkt beworben und die Sichtbarkeit der Marken und Produkte nimmt ab. Im Extremfall fängt Amazon an, Produkte mit hohen Margen und hohem Verkaufserfolg selbst zu produzieren und auf seiner Plattform anzubieten. Um als Hersteller nicht in eine derartige Situation zu kommen, bedarf es einer dedizierten Amazon-Strategie.

Anders ist die Situation auf OTTO Market. Nicht nur Hersteller und Händler sehnen sich nach fairem Geschäftsgebaren. Durch die mediale Aufmerksamkeit sind auch viele Endkunden mittlerweile für die oben beschriebenen Themen stark sensibilisiert worden. Nicht umsonst setzt OTTO auf ethischen Konsum als Trendwende im Einzelhandel. Laut einer aktuellen Trendstudie geben 70% der Befragten am, ethische Kriterien in ihrer Kaufentscheidung zu berücksichtigen. Fraglich hingegen ist, inwieweit sich die Angaben solcher Studien beim tatsächlichen Kaufabschluss realisieren lassen.

OTTO gibt auch weitere Versprechungen ab. OTTO kann in der Funktion des Retailers selbst auf dem Marktplatz in Konkurrenz zu Produkten von Marktplatzteilnehmern auftreten. OTTO hat allerdings das Versprechen abgegeben, keine Top-Seller von anderen Marken ins eigene Sortiment aufzunehmen und in Konkurrenz mit diesen zu treten.

Dadurch sollen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen keine Umsätze streitig gemacht werden. Generell lässt sich sagen, dass OTTO verstärkt auf den Plattform-Gedanken setzt und sich als Nachfrage & Anbieter Plattform versteht, deren Kunden nun die Rolle der Händler einnehmen und stärkt damit die Festigung des direkten Kundenkontakts von Herstellern und Endkunden.

OTTO Market hat ein hohes Qualitätsbewusstsein und stellt eindeutig klar, dass nicht jeder auf OTTO Market verkaufen darf. So sollen nur Unternehmen auf die Plattform gelassen werden, bei denen die zuständigen Entscheider auch selbst einkaufen würden. Dies wirkt einer Qualitätsverwässerung, wie sie auf Plattformen wie Amazon und eBay zunehmend zu beobachten ist, entgegen. Nicolai Johannsen, Direktor Customer & Sales von OTTO, betont die Unterschiede im Kaufverhalten von Kunden auf Amazon und OTTO. Während Nutzer auf Amazon aktiv nach einem Produkt suchen und dieses so günstig wie nur möglich erwerben wollen, sei das Einkaufserlebnis und Suchverhalten auf otto.de mehr durch Inspiration und Flexibilität charakterisiert.

Relevanz für Markenhersteller

Otto.de war bereits vor der Öffnung seiner Marktplatz-Plattform OTTO Market mit 3,5 Mrd. Euro der zweitgrößte Online-Shop in Deutschland hinter Amazon. Auch die Traffic-Zahlen sprechen sehr für OTTO. So gibt OTTO auf der eigenen Homepage an, mehr als 9,4 Mio. aktive Kunden zu haben, knapp 2 Mio. tägliche Webseitenbesuche zu verzeichnen und bis zu 10 Bestellungen pro Sekunden zu erhalten. Den notwendigen Traffic, um für Markenhersteller relevant zu sein, kann OTTO Market also bieten.

Abbildung 2: Top 100 Online-Shops in Deutschland nach Umsatz im Jahr 2019

Vergleicht man die Umsätze von Amazon.de und Otto.de, wird deutlich, dass OTTO besonders stark im Segment Mode & Lifestyle ist. Auch in seiner ursprünglichen Fokussegment Möbel & Einrichtung ist OTTO sehr stark vertreten. Während sich OTTO im Segment Mode & Lifestyle zwar deutlich vor Amazon befindet, gibt es in dieser Kategorie in Deutschland allerdings noch deutlich größere Online-Shops wie beispielsweise Zalando. Anzumerken ist hier allerdings, dass die OTTO Group auch mit anderen Unternehmen stark in der Kategorie Fashion vertreten ist. 2014 wurde beispielsweise das Mode Marktplatz Startup About You als Tochterunternehmen der OTTO Group gegründet und heute ist die OTTO Group immer noch größter Teilhaber des rasant wachsenden Unternehmens. Mit Bonprix besitzt die OTTO Group außerdem zusätzlich ein rein auf Mode fokussiertes Multi-channel Unternehmen.

Vergleicht man die Umsätze von Amazon.de und Otto.de, wird deutlich, dass OTTO besonders stark im Segment Mode & Lifestyle ist. Auch in seiner ursprünglichen Fokussegment Möbel & Einrichtung ist OTTO sehr stark vertreten. Während sich OTTO im Segment Mode & Lifestyle zwar deutlich vor Amazon befindet, gibt es in dieser Kategorie in Deutschland allerdings noch deutlich größere Online-Shops wie beispielsweise Zalando. Anzumerken ist hier allerdings, dass die OTTO Group auch mit anderen Unternehmen stark in der Kategorie Fashion vertreten ist. 2014 wurde beispielsweise das Mode Marktplatz Startup About You als Tochterunternehmen der OTTO Group gegründet und heute ist die OTTO Group immer noch größter Teilhaber des rasant wachsenden Unternehmens. Mit Bonprix besitzt die OTTO Group außerdem zusätzlich ein rein auf Mode fokussiertes Multi-channel Unternehmen.

Abbildung 3: Umsatz je Produktkategorie im Jahr 2019 in Mio. € – Vergleich von otto.de und amazon.de

Deutlich interessanter ist die Platzierung von OTTO im Bereich Einrichten & Wohnen. Obwohl Amazon.de auch in diesem Bereich im Jahr 2019 ungefähr 35% mehr Umsatz erwirtschaften konnte als otto.de, setzt sich otto.de deutlich in der Subkategorie Möbel & Haushaltswaren durch. Die Dominanz von Amazon bei Haushaltsgeräten erklärt sich dadurch, dass vor allem Kleingeräte in Deutschland häufig über Amazon bestellt werden. Laut OTTO wird jedoch mittlerweile jede zweite online bestellte Waschmaschine in Deutschland auf otto.de geordert.

Abbildung 4: Umsatzverteilung im Jahr 2019 in der Kategorie Einrichten und Wohnen in Mio. €- Vergleich von otto.de und amazon.de

Besonders relevant ist otto.de daher aktuell vor allem in den Kategorien Fashion & Lifestyle und Einrichten & Wohnen und damit von besonderem Interesse für Markenhersteller mit Produkten in diesen Segmenten. In den nächsten Jahren möchte OTTO allerdings vor allem das Wachstum im Bereich Elektronik & Medien weiter vorantreiben. Bei der Ankündigung im Jahr 2018, teilte OTTO zudem mit, OTTO Market langfristig auch für zusätzliche Kategorien zu öffnen, vor allem Güter des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Lebensmittel oder Drogeriebedarf. Jedoch ist vor allem die Fokussierung auf die historisch gewachsenen Kernkategorien von OTTO eine Stärke im Vergleich zu vielen anderen Marktplatzanbietern, die versuchen Amazon zu kopieren.

Durch die intensive Betreuung, die OTTO Herstellern und Händlern auf seiner Plattform anbietet, eignet sich der Vertrieb darüber sehr für Hersteller, die bisher keine oder nur geringe Erfahrung im D2C (Direct to Consumer) Geschäft haben. Hersteller sparen sich hierdurch die Entwicklung einer eigenen D2C Infrastruktur und genießen direkten Zugang zu den Kunden. Hersteller, die bei Ihren Produkten großen Wert auf Qualität legen, können ebenfalls von der Positionierung von OTTO Market profitieren. Während auf anderen Marktplätzen häufig auch günstige Konkurrenzprodukte mit minderwertiger Qualität angeboten werden, können Markenhersteller auf OTTO Market ihre Produkte ohne diese Konkurrenz vertreiben, was positiven Einfluss auf die Conversion hat.

Ausblick und Empfehlung

OTTO Market ist die logische Konsequenz der Transformation von OTTO zu einem digitalen Unternehmen. Nach anfänglichen erfolgreichen Tests wird OTTO den eigenen Marktplatz immer stärker vorantreiben. Eine ähnliche Entwicklung wie bei Amazon, das global mittlerweile über die Hälfte seines Handelsvolumens über den Marktplatz abwickelt, muss zwar nicht in der Höhe gegeben sein, sollte OTTO jedoch seine Versprechungen wahr machen und Händlerinteressen stärker berücksichtigen als seine Mitbewerber, kann OTTO auf lange Sicht den Abstand zum Branchenprimus verkleinern.

Dafür ist allerdings eine klare Strategie notwendig, um das richtige Sortiment zum Verkauf auf OTTO Market auszuwählen, optimales Content Management zu betreiben, Potenziale durch effiziente Prozesse voll auszuschöpfen und langfristig Umsätze und Margen zu steigern. Vor allem zum jetzigen noch frühen Zeitpunkt, können Markenhersteller schnell Wettbewerbsvorteile erzielen und schnell neue Kunden gewinnen. Besonders in den Produktkategorien Möbel & Wohnen und Fashion & Lifestyle ist OTTO gegenüber der Konkurrenz stark aufgestellt und die Stärkung weiterer Segmente ist vorgesehen.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

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Mit dem Start von Amazon Business in Europa und dem damit verbundenen Vordrängen von online B2B Marktplätzen beschleunigt sich die Disruption bestehender B2B Geschäftsmodelle. Getrieben vom bequemen, medienbruchfreien B2C-Kauferlebnis wächst auch der Anspruch der B2B-Einkäufer. Je nach Branche ergeben sich daraus für Hersteller und Handel unterschiedliche Chancen & Risiken einer rechtzeitigen bzw. verschlafenen B2B-Marktplatzstrategie.

Nach Expertenschätzungen erreicht der online B2B Markt im Jahre 2020 ein Volumen von 6.700 Mrd. USD. Zu diesem Zeitpunkt wird der B2B Markt damit mehr als die doppelte Größe des online B2C Marktes (3.200 Mrd. USD in 2020) haben.[1] Aber nicht nur das Marktvolumen ist hoch attraktiv, auch die zu erwartende Wachstumsdynamik: Im Vergleich zu einem Onlineanteil von ca. 12-15% im B2C Markt, liegt der Onlineanteil im B2B Markt aktuell nur bei ca. 2-3%. Das verspricht eine dynamische, anhaltende Kanalverschiebung von Offline zu Online und stellt damit die erste Komponente eines „BIG SHIFT“ im B2B Markt dar.

[1] Frost & Sullivan, 2015


Abbildung 1: Online B2B vs. B2C Umsatz in 2020 (Frost & Sullivan, 2015)

Allerdings gibt es im Unterschied zum B2C Markt einige spezifische B2B-Herausforderungen die es zu meistern gilt. Die Komplexität der B2B Produkt- und Servicevielfalt sowie der damit verbundenen Anbieter erfordert umfassende, aber einfach zu nutzende Lösungen. Motiviert durch ihre B2C-Erfahrungen vom privaten Onlineshopping fordern immer mehr B2B-Einkäufer ein vergleichbar bequemes geschäftliches Einkaufserlebnis.

Bisher ist der europäische B2B online Markt stark fragmentiert und besteht weitestgehend aus Nischenanbietern sowie Adresslisten und Branchenverzeichnissen, d.h. dominante Marktführer – vor allem mit einem dynamischen Ökosystem – fehlen. Überhaupt zeigen die Akteure im B2B-Handel Defizite bei der Digitalisierung; häufig fehlt eine systematische Digitalisierungsstrategie Vor diesem Hintergrund sowie der erwähnten Marktattraktivität und dem beschriebenen Bedarf einer „Consumerization“ des B2B-Einkaufserlebnisses ist es wenig überraschend, dass gerade erfahrene B2C-Spieler wie Amazon mit Amazon Business oder eBay mit eBay Business Supply zunehmend auch in den B2B Markt einsteigen. Aber auch andere Akteure wie etwa der globale Marktplatz Alibaba.com, mercateo, WerLiefertWas und EuroPages sind im Markt aktiv.

Abbildung 2: Führende B2B Marktplätze und deren Produktfokus

Beispiel Amazon Business

Seit dem 6. Dezember 2016 ist etwa Amazon Business unter amazon.de/business auch in Deutschland online. Mit mehr als 100 Millionen Produkten für Geschäftskunden setzt Amazon im B2B, wie beim erfolgreichen B2C, auf eine Long Tail Strategie. Das Produktsortiment spricht eine breite Zielgruppe an: Für Restaurants, Labore, Offices und viele mehr gibt es passende Angebote. Alleine für Handwerker und Hersteller sind aktuell über 5 Millionen Artikel gelistet. Das Spektrum umfasst Schmierstoffe, Werkzeuge, Schutzbrillen, Lacke und Farben, etc. Möglich machen das vor allem die registrierten Händler die ihre Produkte über die Marktplatz-Plattform anbieten können. Getreu dem Werbeslogan „Everything you love about Amazon. For work.“ bietet Amazon Business für Käufer und Verkäufer den gewohnten Komfort der B2C-Plattform. Abbildung 3 zeigt die Evolutionsstufe des E-Commerce Reifegrads in verschiedenen Industrien auf einem Kontinuum hinsichtlich der Eignung ihres Produktportfolios für die verschiedene E-Commerce Kanäle. Dieses Kontinuum indiziert gleichzeitig das Disruptionspotential bzw. bei fehlender Strategie die Gefahr für die jeweilige Produktkategorie.

Abbildung 3: Evolution des E-Commerce Reifegrads verschiedener Industrien

Auf der B2B-Version wird das Ganze um geschäftskundenspezifische Funktionen wie beispielsweise Rechnungskauf, Multi-User Konten oder die Möglichkeit zum Anzeigen von Netto-Preisen erweitert. Amazon Business lässt sich ferner leicht in führende Einkaufssysteme integrieren. Unterstützt werden derzeit unter anderem SAP SRM, SQIQUEST, Oracle Fusion, iProcure sowie weitere Systeme.

Bedürfnisse B2B-Onlinekunden

Amazon überträgt weite Teile seiner bewährten B2C-Funktionalität auf seine B2B-Plattform und bettet die B2B Struktur vollständig im bestehenden Amazon Ökosystem mit ein. Doch was sind eigentlich die Bedürfnisse der B2B-Onlinekunden, d.h. der Verkäufer (sell-side) und der Käufer (buy-side)? Laut einer Studie zum Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce sind Käuferanfragen das relevanteste Kriterium warum Verkäufer ihre Waren online anbieten. Hauptsächliche Herausforderung scheint dabei bisher die Komplexität des Onlineverkaufs von Produkten und Services zu sein.[1] Diesbezüglich scheinen Plattformen wie Amazon Business – zumindest für standardisierte Produkte im niedrigeren Preissegment – Abhilfe zu bieten. Der bereits hohe Digitalisierungsgrad der Customer Journey zeigt sich in den Befragungsergebnissen der Käufer: Demnach sind Online Suchmaschinen dominanter Startpunkt bei der Suche nach B2B Einkaufsoptionen. Entsprechend wichtig ist eine ausreichende Online-Visibilität für die B2B Verkäufer. Die drei Hauptgründe für online Einkäufe sind eine verbesserte Usability sowie eine breitere Produktauswahl und geringere Kosten.[2] Das B2B Einkäufer zunehmend B2C Ansprüche an ihr „digitales Einkaufserlebnis“ stellen ist wenig überraschend. Aus Usability-Perspektive geht es um „Business-to-People“, d.h. es sind in beiden Fällen die gleichen Menschen, egal, ob sie gerade privat shoppen oder für ihr Geschäft einkaufen. Entsprechend ähnlich sind die Ansprüche an das digitale Einkaufserlebnis.

Übergreifend ergeben sich die in Abbildung 4 dargestellten Verkäufer- und Käuferbedürfnisse entlang einer typischen B2B E-Commerce Wertschöpfungskette. Die Relevanz der einzelnen Wertschöpfungsstufen variiert dabei aber in Abhängigkeit der Produktkategorie. Bei standardisierten Produkten im niedrigeren Preissegment ist eine volle Abdeckung der Wertschöpfungskette durch Onlineshops und Marktplätze klare Tendenz. Dahingegen ist bei komplexeren, hochpreisigen Investitionsgütern ein Medienbruch – z.B. vor dem tatsächlichen Kauf – eher wahrscheinlich. Beispielsweise wird eine Maschine im 7-stelligem Preissegment wohl – wenn überhaupt – nur selten ohne vorherige Verhandlung, d.h. Medienbruch, per „one-click-shopping“ erstanden. Hier würde sich vermutlich immer eine direkte – meist persönliche – Verhandlung zwischenschieben.

[1] ibi, Votum, Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce (2015)

[2] ibi, Votum, Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce (2015)

Abbildung 4: Käufer- und Verkäuferbedürfnisse entlang der B2B-E-Commerce-Wertschöpfungskette

Basierend auf der B2B E-Commerce Wertschöpfungskette sind vor allem die Handelsformate und Geschäftsmodelle erfolgreich, welche die beschriebenen Käufer- und Verkäuferbedürfnisse bestmöglich befriedigen. Übergreifend werben die Marktplatz-Betreiber gegenüber Einkäufern vor allem mit erhöhter Markttransparenz und einer besseren Usability und Service. Durch den Markteintritt namhafter B2C-Player (Amazon Business und eBay Business Supply) steigt der Digitalisierungsdruck auf die B2B-Brache nun merklich. Insgesamt scheinen einzelne Marktteilnehmer auf die neuen Wettbewerber durch eigene Onlineaktivitäten besser vorbereitet zu sein als andere. Kleine und mittelständische Anbieter können sogar durch Erweiterung ihres Kundenkreises von der Plattform profitieren. Kritischer sieht es bei den großen B2B-Vertretern mit „Brick-and-Mortar“ Fokus in ihrer Distributionsstrategie aus. Für Letztere besteht dringender Handlungsbedarf im Aufbau des Onlinegeschäfts. Die strategische Herausforderung ist es, das Onlinegeschäft neben ihrem kostenintensiven Direktvertrieb und dem kapitalintensiven Niederlassungsgeschäft zu positionieren.

Gerade der klassische Großhandel ist von den wachsenden online B2B Marktplätzen und der damit einhergehenden Disintermediation, d.h. dem Überspringen von Zwischenstufen auf dem Weg eines Produktes vom Hersteller zum Käufer, besonders stark bedroht. Die zu erwartende Entwicklung ist vergleichbar mit der durch Amazon getriebenen Veränderung auf dem Buchmarkt: Buchgroßhändler und Buchläden wurden bei dem Weg der Publikation vom Verlag zu den Lesern schlichtweg übersprungen. Insofern überrascht es kaum, dass laut einer Studie von Roland Berger und dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) 54 Prozent der deutschen Großhändler digitale Plattformen als größte Gefahr für das traditionelle Geschäftsmodell sehen.[1]

Die Disintermediation und das damit gemeinte Vordrängen von Online Marktplätzen wird erwartungsgemäß zu substanziellen Verschiebungen der Marktanteile führen und so massive Auswirkungen auf die B2B Branche haben. Neben der zuvor beschriebenen Verschiebung vom offline- zum online Kanal, stellt diese Verschiebung von Marktanteilen die zweite Komponente eines „BIG SHIFT“ im B2B Markt dar. Um sich dieser Marktentwicklung zu stellen und möglichst von ihr zu profitieren sollten B2B Hersteller und Händler systematische E-Commerce Strategien entwickeln. Zielsetzung dabei sollte es sein sich in dem dynamischen Marktumfeld einen möglichst nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Für welche Branchen empfehlen sich B2B-Online-Marktplätze?

Grundsätzlich ist branchenübergreifend eine zunehmende Digitalisierung der Customer Journey zu beobachten, welche die Relevanz von online Marktplätzen erhöht. Wie weit diese fortgeschritten ist, sollte aber für den Einzelfall genauer untersucht werden – eine absolute Hygieneübung im Rahmen einer systematischen E-Commerce-Strategie. Prinzipiell lässt sich die Relevanz von online Marktplätzen aber nach Produktkategorie einordnen. Geht man in einer engeren Definition davon aus, dass auf „online Marktplätzen“ eine tatsächliche Kauftransaktion stattfindet, eigenen sich aktuell vor allem standardisierte Produkte im geringeren Preissegment, d.h. vor allem Commodities sowie Produkte aus dem Wartungs-, Reparatur-, Betriebsbereich (MRO). Beispiele für online Marktplätze in diesem Bereich sind etwa Amazon Business und Mercateo. Damit verbunden sind diese transaktionsgetriebenen online Marktplätze vor allem relevant für Hersteller und Händler von Commodities in den Bereichen (Automations)-Senorik, Baugewerbe, Chemie, Elektro, Industrie, Handwerk und MRO.

Fasst man die Definition – so wie einige der Plattformbetreiber – etwas weiter, kann man unter „online Marktplätzen“ auch Folgendes verstehen: Online Verzeichnisse sowie online Plattformen über die Angebotsanfragen verschickt werden können, aber keine tatsächlichen Kauftransaktionen ausgeführt werden. Diese nicht-transaktionalen online Marktplätze eigenen sich auch für komplexe, hochpreisige Investitionsgüter. Hintergrund ist, dass sich auch für diese Produkte inzwischen ein Großteil der Customer Journey online abspielt, d.h. B2B-Anbieter müssen auch in den der eigentlichen Transaktion vorgelagerten Phasen (Suche und Auswahl) digital möglichst visibel sein und Informationsbedürfnisse potentieller Kunden befriedigen. Beispiele für „online Marktplätze“ in diesem Bereich sind Alibaba.com für eine globale Ausrichtung und WerLiefertWas mit Schwerpunkt Europa. Relevant sind diese nicht-transaktionalen Plattformen vor allem für Hersteller und Händler von komplexen, hochpreisigen Investitionsgüter in den Bereichen Agrarwirtschaft, Baugewerbe und Maschinenbau.

Welche Relevanz B2B online Marktplätze für den einzelnen Hersteller und Händler wirklich haben und wie man diese systematisch nutzen kann, muss im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie bestimmt werden. Notwendige erste Schritte dazu sind die Bestimmung des eigenen Digitalisierungsreifegrades im Vergleich zum Wettbewerb und der Branche, sowie eine detaillierte Customer Journey Analyse der jeweiligen Zielgruppe: Bei der Bestimmung des Digitalisierungsreifegrades wird entlang verschiedener Dimensionen (u.a. Strategie, Kunden, Wettbewerber, Organisation, Technologie) analysiert inwieweit Handlungsbedarf zur Digitalisierung besteht und wo sich dieser am meisten rentiert. Das schafft Transparenz und ein einheitliches Verständnis zum digitalen „Status quo“. Die Customer Journey Analyse gibt Auskunft über das Beschaffungsverhalten der B2B Kunden entlang der gesamten Kaufphase über alle Touchpoints mit einer Marke hinweg. Abbildung 5 zeigt eine schematische B2B Customer Journey.

[1] http://www.bga.de/fileadmin/user_upload/pressebereich_2/PDFs_Pressemeldungen/PM_Digitalisierung_Grosshandel_final_041116_D.pdf

Abbildung 5: Vereinfachte Darstellung einer B2B-Customer-Journey

Wichtig im Rahmen der Customer Journey Analyse ist, die Zielgruppe in Altersschichten zu segmentieren, um analysieren zu können zu welchem Zeitpunkt der „Tsunami“ der Digital Natives in dem jeweiligen B2B Produktsegment in Entscheider-Positionen gelangen. Erfahrungsgemäß haben Digital Natives eine sehr online-lastige Customer Journey und treiben „THE BIG SHIFT“ im B2B-Segment maßgeblich voran.

Sind mit Digitalisierungsreifegrades und Customer Journey Analysis die Basis gelegt, kann mit der Entwicklung der eigentlichen Strategie begonnen werden. Dabei werden dann konkrete, individuelle Maßnahmen abgeleitet und in einer ganzheitlichen, systematischen Digitalisierungs- bzw. E-Commerce Strategie zusammengefasst.

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Managing Partner
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Die Unternehmensberatung FOSTEC Commerce Consultants wird im Januar 2017 vollständig in der FOSTEC & Company GmbH aufgehen.

Stuttgart, 24.Januar 2017 FOSTEC & Company entstammt der erfolgreichen Unternehmensberatung FOSTEC Commerce Consultants, die in den vergangenen Jahren unter der Leitung von Inhaber und Managing Partner, Markus Fost zahlreiche renommierte Markenhersteller in der Entwicklung und Umsetzung von Digitalstrategien erfolgreich unterstützen konnte. „Zu unseren Kunden zählen multinationale Konzerne und mittelständische Unternehmen in einem breiten Branchenumfeld: Automotive, Bauwirtschaft, Fashion, Industrie- und Konsumgüter, Handel und Medien.“, sagt Markus Fost.

Die Umfirmierung schafft die Grundlage für ein breiteres Leistungsspektrum, sowie die Aufnahme weiterer Partner. Als führende Strategieberatungs-Boutique mit den Schwerpunkten Digitalisierung und E-Commerce weiten wir unser offizielles Leistungsportfolio gezielt in die Bereiche aus, welche unsere Mandantschaft benötigt und zu ihren primären strategischen Herausforderungen zählt.

Aus FOSTEC Commerce Consultants wird FOSTEC & Company

„Als Tochterunternehmen der FOSTEC Ventures GmbH verstehen wir uns als Strategieberater und Unternehmer in einem Atemzug“, sagt Fost. Mit unseren umfassenden Erfahrungen aus diversen Beteiligungen, welche wir ausschließlich mit eigenem Kapital finanzieren, beweisen wir tagtäglich unser Unternehmertum und können damit unsere Mandanten nicht nur bei der Strategieentwicklung, sondern auch in der Umsetzung unterstützen.

Im Rahmen der Umfirmierung folgt in den kommenden Monaten der Soft-Launch unserer neuen Corporate Identity und Website mit erweitertem Leistungsspektrum.

Wir freuen uns, Sie regelmäßig auf unserer Website anzutreffen.

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