Der Ursprung von OTTO Market

Mitte 2020 hat OTTO die Pilotphase seiner neuen Marktplatz-Plattform OTTO Market abgeschlossen und bietet Markenherstellern und Händlern seither die Möglichkeit, über die eigene Marktplatz-Infrastruktur Produkte anzubieten. Otto.de, der nach Umsatz (3,5 Mrd. Euro im Jahr 2019 und 3,8 Mrd. Euro im Jahr 2020) größte in Deutschland ansässige Online-Shop, tritt auf dem deutschen Markt damit in den direkten Wettbewerb zu internationalen Konzernen wie Amazon und eBay. Der langfristige Erfolg wird unter anderem davon abhängen, wie erfolgreich sich OTTO Market neben Amazon profiliert und, ob es gelingt, nachhaltiges Wachstum durch geschickte Positionierung in bestimmten Produktkategorien zu erreichen.

OTTO Market, die Marktplatz-Plattform der OTTO Group, wurde im Jahr 2018 angekündigt und bereits im Jahr der Ankündigung investierte OTTO mehr als 100 Mio. Euro in die Entwicklung der eigenen Markplatz-Infrastruktur und plante die Schaffung von rund 580 Business Intelligence, IT & E-Commerce-Stellen, um maximale Funktionalität zu gewährleisten. Die lange Wartezeit zwischen Ankündigung und Go live war der Entwicklung der Marktplatz-Plattform von Grund auf geschuldet. Waren zu Beginn des Jahres 2020 die Operations noch mit „angezogener Handbremse“ in einem Pilotprojekt mit 250 Partnern getestet worden, öffnete OTTO Market Ende 2020 die Tore für weitere potenzielle Partner, die sich inzwischen sogar selbst und automatisiert registrieren können. Trotzdem setzt OTTO bei der Auswahl der Partner auf Qualität und behält sich vor, qualitativ minderwertige Produkte oder Händler vom OTTO Market auszuschließen.

Langfristig hängt der Erfolg von OTTO Market von mehreren Faktoren ab. Fragen zur Positionierung gegenüber der direkten Konkurrenz an Online-Marktplätzen, die Auswahl bestimmter Produktkategorien sowie die Relevanz für Markenhersteller werden nachfolgend näher beleuchtet.

Positionierung gegenüber anderen Marktplätzen

Bisher bietet OTTO auf otto.de die großen Produktkategorien Fashion & Lifestyle, Einrichten & Wohnen, Technik & Medien sowie Sport, Freizeit, Garten & Heimwerken an. Nach Umsatzerlösen dominieren dabei die Segmente Einrichten & Wohnen sowie Fashion & Lifestyle.

Abbildung 1: Umsatz von otto.de im Jahr 2020 nach Produktkategorien

Vergleicht man OTTO Market mit den Mitwettbewerbern wie beispielsweise Amazon oder eBay, so weisen die Konditionenmodelle und Gebührenstrukturen keine wesentlichen Unterschiede auf – neben einer monatlichen Grundgebühr zur Listung von Produkten, fallen bei allen Plattformen Verkaufsprovisionen an. Auch hinsichtlich der Geschäftsmodelle unterscheidet sich OTTO Market wenig von Amazon. Hersteller können Produkte direkt an OTTO liefern, die dann von OTTO als Händler auf otto.de vertrieben werden. Alternativ können Hersteller nun auch die Marktplatz-Option nutzen und direkt Produkte an Endkunden anbieten. Eine Fulfillment Option, ähnlich wie bei Amazon und eBay gibt es bisher nicht, allerdings haben viele Fulfillment Service Provider Schnittstellen zu OTTO Market aufgesetzt und können in unterschiedlichen Integrationsstufen Prozesse abwickeln.

Trotz starker Ähnlichkeiten in Konditionen, Geschäftsmodellen und Prozessen, versucht OTTO Market sich auf andere Weise von seinen Kontrahenten abzugrenzen und zu positionieren. Eine zentrale Beobachtung ist das Thema Fairness. Dem Branchenriesen Amazon werden schon seit längerem schlechte Arbeitsbedingungen und Ausnutzung der eigenen Marktmacht vorgeworfen. So werden Herstellern oder Händlern nach anfänglichem Erfolg auf Amazon immer strengere Konditionen vorgegeben und bei Nicht-Kooperation werden Konkurrenzprodukte verstärkt beworben und die Sichtbarkeit der Marken und Produkte nimmt ab. Im Extremfall fängt Amazon an, Produkte mit hohen Margen und hohem Verkaufserfolg selbst zu produzieren und auf seiner Plattform anzubieten. Um als Hersteller nicht in eine derartige Situation zu kommen, bedarf es einer dedizierten Amazon-Strategie.

Anders ist die Situation auf OTTO Market. Nicht nur Hersteller und Händler sehnen sich nach fairem Geschäftsgebaren. Durch die mediale Aufmerksamkeit sind auch viele Endkunden mittlerweile für die oben beschriebenen Themen stark sensibilisiert worden. Nicht umsonst setzt OTTO auf ethischen Konsum als Trendwende im Einzelhandel. Laut einer aktuellen Trendstudie geben 70% der Befragten am, ethische Kriterien in ihrer Kaufentscheidung zu berücksichtigen. Fraglich hingegen ist, inwieweit sich die Angaben solcher Studien beim tatsächlichen Kaufabschluss realisieren lassen.

OTTO gibt auch weitere Versprechungen ab. OTTO kann in der Funktion des Retailers selbst auf dem Marktplatz in Konkurrenz zu Produkten von Marktplatzteilnehmern auftreten. OTTO hat allerdings das Versprechen abgegeben, keine Top-Seller von anderen Marken ins eigene Sortiment aufzunehmen und in Konkurrenz mit diesen zu treten.

Dadurch sollen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen keine Umsätze streitig gemacht werden. Generell lässt sich sagen, dass OTTO verstärkt auf den Plattform-Gedanken setzt und sich als Nachfrage & Anbieter Plattform versteht, deren Kunden nun die Rolle der Händler einnehmen und stärkt damit die Festigung des direkten Kundenkontakts von Herstellern und Endkunden.

OTTO Market hat ein hohes Qualitätsbewusstsein und stellt eindeutig klar, dass nicht jeder auf OTTO Market verkaufen darf. So sollen nur Unternehmen auf die Plattform gelassen werden, bei denen die zuständigen Entscheider auch selbst einkaufen würden. Dies wirkt einer Qualitätsverwässerung, wie sie auf Plattformen wie Amazon und eBay zunehmend zu beobachten ist, entgegen. Nicolai Johannsen, Direktor Customer & Sales von OTTO, betont die Unterschiede im Kaufverhalten von Kunden auf Amazon und OTTO. Während Nutzer auf Amazon aktiv nach einem Produkt suchen und dieses so günstig wie nur möglich erwerben wollen, sei das Einkaufserlebnis und Suchverhalten auf otto.de mehr durch Inspiration und Flexibilität charakterisiert.

Relevanz für Markenhersteller

Otto.de war bereits vor der Öffnung seiner Marktplatz-Plattform OTTO Market mit 3,5 Mrd. Euro der zweitgrößte Online-Shop in Deutschland hinter Amazon. Auch die Traffic-Zahlen sprechen sehr für OTTO. So gibt OTTO auf der eigenen Homepage an, mehr als 9,4 Mio. aktive Kunden zu haben, knapp 2 Mio. tägliche Webseitenbesuche zu verzeichnen und bis zu 10 Bestellungen pro Sekunden zu erhalten. Den notwendigen Traffic, um für Markenhersteller relevant zu sein, kann OTTO Market also bieten.

Abbildung 2: Top 100 Online-Shops in Deutschland nach Umsatz im Jahr 2019

Vergleicht man die Umsätze von Amazon.de und Otto.de, wird deutlich, dass OTTO besonders stark im Segment Mode & Lifestyle ist. Auch in seiner ursprünglichen Fokussegment Möbel & Einrichtung ist OTTO sehr stark vertreten. Während sich OTTO im Segment Mode & Lifestyle zwar deutlich vor Amazon befindet, gibt es in dieser Kategorie in Deutschland allerdings noch deutlich größere Online-Shops wie beispielsweise Zalando. Anzumerken ist hier allerdings, dass die OTTO Group auch mit anderen Unternehmen stark in der Kategorie Fashion vertreten ist. 2014 wurde beispielsweise das Mode Marktplatz Startup About You als Tochterunternehmen der OTTO Group gegründet und heute ist die OTTO Group immer noch größter Teilhaber des rasant wachsenden Unternehmens. Mit Bonprix besitzt die OTTO Group außerdem zusätzlich ein rein auf Mode fokussiertes Multi-channel Unternehmen.

Vergleicht man die Umsätze von Amazon.de und Otto.de, wird deutlich, dass OTTO besonders stark im Segment Mode & Lifestyle ist. Auch in seiner ursprünglichen Fokussegment Möbel & Einrichtung ist OTTO sehr stark vertreten. Während sich OTTO im Segment Mode & Lifestyle zwar deutlich vor Amazon befindet, gibt es in dieser Kategorie in Deutschland allerdings noch deutlich größere Online-Shops wie beispielsweise Zalando. Anzumerken ist hier allerdings, dass die OTTO Group auch mit anderen Unternehmen stark in der Kategorie Fashion vertreten ist. 2014 wurde beispielsweise das Mode Marktplatz Startup About You als Tochterunternehmen der OTTO Group gegründet und heute ist die OTTO Group immer noch größter Teilhaber des rasant wachsenden Unternehmens. Mit Bonprix besitzt die OTTO Group außerdem zusätzlich ein rein auf Mode fokussiertes Multi-channel Unternehmen.

Abbildung 3: Umsatz je Produktkategorie im Jahr 2019 in Mio. € – Vergleich von otto.de und amazon.de

Deutlich interessanter ist die Platzierung von OTTO im Bereich Einrichten & Wohnen. Obwohl Amazon.de auch in diesem Bereich im Jahr 2019 ungefähr 35% mehr Umsatz erwirtschaften konnte als otto.de, setzt sich otto.de deutlich in der Subkategorie Möbel & Haushaltswaren durch. Die Dominanz von Amazon bei Haushaltsgeräten erklärt sich dadurch, dass vor allem Kleingeräte in Deutschland häufig über Amazon bestellt werden. Laut OTTO wird jedoch mittlerweile jede zweite online bestellte Waschmaschine in Deutschland auf otto.de geordert.

Abbildung 4: Umsatzverteilung im Jahr 2019 in der Kategorie Einrichten und Wohnen in Mio. €- Vergleich von otto.de und amazon.de

Besonders relevant ist otto.de daher aktuell vor allem in den Kategorien Fashion & Lifestyle und Einrichten & Wohnen und damit von besonderem Interesse für Markenhersteller mit Produkten in diesen Segmenten. In den nächsten Jahren möchte OTTO allerdings vor allem das Wachstum im Bereich Elektronik & Medien weiter vorantreiben. Bei der Ankündigung im Jahr 2018, teilte OTTO zudem mit, OTTO Market langfristig auch für zusätzliche Kategorien zu öffnen, vor allem Güter des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Lebensmittel oder Drogeriebedarf. Jedoch ist vor allem die Fokussierung auf die historisch gewachsenen Kernkategorien von OTTO eine Stärke im Vergleich zu vielen anderen Marktplatzanbietern, die versuchen Amazon zu kopieren.

Durch die intensive Betreuung, die OTTO Herstellern und Händlern auf seiner Plattform anbietet, eignet sich der Vertrieb darüber sehr für Hersteller, die bisher keine oder nur geringe Erfahrung im D2C (Direct to Consumer) Geschäft haben. Hersteller sparen sich hierdurch die Entwicklung einer eigenen D2C Infrastruktur und genießen direkten Zugang zu den Kunden. Hersteller, die bei Ihren Produkten großen Wert auf Qualität legen, können ebenfalls von der Positionierung von OTTO Market profitieren. Während auf anderen Marktplätzen häufig auch günstige Konkurrenzprodukte mit minderwertiger Qualität angeboten werden, können Markenhersteller auf OTTO Market ihre Produkte ohne diese Konkurrenz vertreiben, was positiven Einfluss auf die Conversion hat.

Ausblick und Empfehlung

OTTO Market ist die logische Konsequenz der Transformation von OTTO zu einem digitalen Unternehmen. Nach anfänglichen erfolgreichen Tests wird OTTO den eigenen Marktplatz immer stärker vorantreiben. Eine ähnliche Entwicklung wie bei Amazon, das global mittlerweile über die Hälfte seines Handelsvolumens über den Marktplatz abwickelt, muss zwar nicht in der Höhe gegeben sein, sollte OTTO jedoch seine Versprechungen wahr machen und Händlerinteressen stärker berücksichtigen als seine Mitbewerber, kann OTTO auf lange Sicht den Abstand zum Branchenprimus verkleinern.

Dafür ist allerdings eine klare Strategie notwendig, um das richtige Sortiment zum Verkauf auf OTTO Market auszuwählen, optimales Content Management zu betreiben, Potenziale durch effiziente Prozesse voll auszuschöpfen und langfristig Umsätze und Margen zu steigern. Vor allem zum jetzigen noch frühen Zeitpunkt, können Markenhersteller schnell Wettbewerbsvorteile erzielen und schnell neue Kunden gewinnen. Besonders in den Produktkategorien Möbel & Wohnen und Fashion & Lifestyle ist OTTO gegenüber der Konkurrenz stark aufgestellt und die Stärkung weiterer Segmente ist vorgesehen.

Haben Sie Fragen oder möchten Sie Ihre Gedanken zum Aufbau einer Online-Marktplatzstrategie mit uns diskutieren, können Sie sich gerne jederzeit an unser Team wenden.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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