Das Bedürfnis von Herstellern Kunden besser zu verstehen, ist ein wesentlicher Treiber eine direkte Verbindung zum Kunden aufzubauen. Die Corona-Pandemie hat durch die temporäre Schließung des stationären Handels den „Direct-to-Consumer“ Trend verstärkt. Nicht nur Start-ups positionieren sich teils ausschließlich als „Direct-to-Consumer“-Marke, sondern auch etablierte Markenhersteller akquirieren oder bauen „Direct-to-Consumer“-Marken auf. Das Sammeln wertvoller Kundeninformationen ist ein zentraler Mehrwert eines „Direct-to-Consumer“-Ansatzes, aber zahlreiche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um erfolgreich und nachhaltig „Direct-to-Consumer“ zu betreiben. Von besonderer Bedeutung ist der Wandel der Organisation, sich vollkommen auf den Endverbraucher auszurichten.

Das Aufleben des Direct-to-Consumer Trends

Durch die Corona-Pandemie und damit einhergehende angeordnete Geschäftsschließungen im Lockdown mussten zahlreiche Hersteller ihre Vertriebsstrategie von einem auf den anderen Tag anpassen und Wege suchen, Kunden direkt zu erreichen. Für einige aus der Not entstanden, haben andere schon vor Corona-Zeiten den Trend direkt an Kunden zu verkaufen. Die Umsetzung von „Direct-to-Consumer“ kann vielfältig gestaltet werden. Hersteller können Produkte auf Online-Marktplätzen wie Amazon oder eBay listen, einen eigenen Online-Shop betreiben oder im Rahmen von Social Commerce Produkte auf Social-Media Plattformen platzieren. Während viele Hersteller mit „Direct-to-Consumer“ Neuland betreten und sich durch die direkte Verbindung zum Kunden neue Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse erhoffen, fokussieren sich viele Start-ups häufig nur noch auf „Direct-to-Consumer“ und können ein beachtliches Wachstum vorweisen.

So neuartig Direct-to-Consumer klingt, findet es sich doch schon seit Jahrzehnten als etabliertes Vertriebsmodell. Das Geschäftsmodell von Marken wie Vorwerk und Tupperware basiert vollständig auf reinem Direktvertrieb. Neu ist hingegen, dass der E-Commerce-Vertriebskanal im Vordergrund steht und eine Verlagerung von Offline-Werbetreibenden zu Social-Media Influencern erfolgt. Die Marken Peloton, Tesla, Mermaid + Me oder everdrop sind nur als einige Beispiele zu sehen, die ihren Vertrieb ausschließlich online abwickeln und eine direkte Verbindung zum Kunden aufgebaut haben. In den letzten Jahren hat „Direct-to-Consumer“ an Beliebtheit im E-Commerce gewonnen und wird dort immer populärer.

Abbildung 1: Zur Geschichte und Zeitlosigkeit von „Direct-to-Consumer“-Marken

Mehrwerte und Voraussetzungen

Unabhängig davon ob Hersteller durch die Implikationen der Corona-Pandemie in den Direktvertrieb gedrängt wurden oder bereits davor mit ihren Kunden direkt verbunden waren, erhoffen sich alle „Direct-to-Consumer“ Anwender zahlreiche Mehrwerte.

Eine direkte Kundenbeziehung ermöglicht das Sammeln von Informationen und schafft damit ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden. Hersteller können nun direktes Feedback einholen und Produkte genauer an Verbrauchervorstellungen anpassen. Kostspielige Marktstudien und die Durchführung von langwierigen Umfragen entfallen damit. Zahlreiche Hersteller bieten sogar Personalisierungsmöglichkeiten an. Mittels in Online-Shops integrierten Konfiguratoren personalisieren Kunden ihr Produkt und erhalten diese direkt nach Hause geschickt. Andere Hersteller gehen sogar noch einen Schritt weiter und lassen Kunden an der gesamten Produktentwicklung mitwirken. Je mehr Kunden sich mit ihrem Wissen beteiligen, umso risikoloser wird die Markteinführung, da der Produkt-Market-Fit bereits im Vorfeld gesichert ist.

Hersteller gewinnen mittels „Direct-to-Consumer“ die Kontrolle über ihren Markenauftritt und die Festlegung von Preisen, da kein Distributor mehr zwischengeschaltet ist. Auch höhere Margen sind ein positiver Effekt, die sonst von Distributoren vereinnahmt werden. Doch sollte beachtet werden, dass Hersteller nun für die Produktvermarktung hauptverantwortlich sind. Der Betrieb eines eigenen Online-Shops bedingt hohe Investitionen in Performance Marketing, um ein hohes Besucheraufkommen zu erreichen und möglichst viele Interessenten zu Kunden zu konvertieren. „Direct-to-Consumer“ ermöglicht Herstellern auch, ein deutlich breiteres Produktsortiment anzubieten, was durch Limitierungen im Handel nur schwer umsetzbar ist. Während der Aufbau eines stationären Vertriebs- und Partnersystems in neuen Märkten mit hohen Investitionen verbunden ist, vereinfacht der Direktvertrieb mittels Online-Shop oder Online-Marktplatz die Expansion in neue Märkte erheblich. Im Kern hilft eine „Direct-to-Consumer“-Strategie dabei, den Kunden wieder mehr in den Vordergrund zu rücken und dessen Bedürfnisse zu verstehen!

So interessant die Mehrwerte für Hersteller klingen, bedingen sie doch teils gravierende Änderungen und viele Hersteller betreten ungewohntes Terrain. Für Unternehmen mit bestehenden Vertriebskanälen und -partnern kann es zu Kanalkonflikten mit ebendiesen kommen, da diese Umsatzverluste befürchten. Haben sich bisher Distributoren um Logistik und Produktpräsentation gekümmert, nimmt nun der Verantwortungsbereich der Hersteller zu. Der Markenauftritt auf Online-Marktplätzen und im Webshop ist zu gestalten und zu pflegen, die gesamte Customer Journey muss konzipiert und umgesetzt werden bis hin zum Aufbau eines After Sales Service. Eine besonders wichtige Komponente ist der Umgang mit den gewonnenen Daten. Diese müssen analysiert und genutzt werden – digitale Talente und neue Systeme sind häufig erforderlich. Auch die Logistik ist betroffen, denn diese muss in der Lage sein Einzellieferungen und Retouren an Endverbraucher abzuwickeln – alternativ sind externe Dienstleister einzubinden.

Viele „Direct-to-Consumer“-Marken zeichnen sich durch sehr schnelle Produktentwicklungsphasen und einen schnellen Go-To-Market aus. Intern müssen daher die Voraussetzungen für eine ebenso dynamische Arbeitskultur geschaffen werden. Daher gilt es auch abzuwägen ob eine „Direct-to-Consumer“-Marke innerhalb der existierenden Organisation aufgebaut oder doch lieber eine getrennte Organisation dafür geschaffen werden sollte.

Abbildung 2: Voraussetzungen für die Etablierung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie

Die ersten Schritte in Richtung „Direct-to-Consumer“

Um nun „Direct-to-Consumer“ erfolgreich und nachhaltig anzugehen, sollten sich Hersteller an den nachfolgenden Schritten und zugehörigen Fragestellungen orientieren:

  1. Marktpotenzial- & Trendanalyse: Wie groß ist das Umsatzpotenzial der zu etablierenden Marke und der Produkte? Welche Trends und welcher Zeitgeist bestehen, sodass die Marke und die Produkte darauf ausgerichtet werden können?
  2. Umfeldanalyse & USP-Definition: Welche Wettbewerber sind aktiv und wie sind diese im E-Commerce positioniert? Durch was zeichnen sich die Wettbewerber aus und über welche Alleinstellungsmerkmale verfügen die eigene Marke bzw. die eigenen Produkte?
  3. Definition einer Technologielandschaft: Welche IT-Systeme sind erforderlich für die erfolgreiche Umsetzung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie und welche Komponenten bestehen bereits, um Synergien zu schaffen?
  4. Entwicklung einer Marketingstrategie: Welche Online-Marketing-Kanäle sollten ausgewählt werden, um den höchstmöglichen Return-on-Investment zu erzielen?
  5. Entwicklung einer Logistik-Strategie: Welche Logistik-Optionen kommen in Betracht und welche sollte gewählt werden, um auf die speziellen Anforderungen von „Direct-to-Consumer“ einzugehen und Kunden optimal versorgen zu können?
  6. Organisation & Governance-Design: Wie sollten Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der eigenen Organisation verteilt und geschaffen werden, um effizient und effektiv zu arbeiten?
  7. Businessplan: Welcher Nutzen und welche Kosten sind mit dem Aufbau einer „Direct-to-Consumer“-Marke verbunden und ist es profitabel?

Abbildung 3: „Direct-to-Consumer“ Strategie-Framework

Gerne unterstützen wir Sie beim Aufbau Ihrer „Direct-to-Consumer“-Strategie. Für weitere Informationen rund um die Themen E-Commerce, Digitalisierung und Transformation stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Seite.

Weiterführende Inhalte

Direct-to-Consumer Strategie E-Commerce Strategie

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

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Management Summary

  • Trotz kontinuierlich steigender Umsätze im deutschen Spielwarenhandel (seit 2012 beträgt der jährliche Zuwachs etwa 5%), ist der Spielwareneinzelhandel heute mehr denn je vom Aussterben bedroht. Dies wurde ebenso verstärkt durch die Corona bedingten Ladenschließungen. Gleichzeitig gewinnt der Onlinehandel immer mehr an Bedeutung.
  • Das Online-Geschäft dominiert – allen voran und mit klarem Vorsprung Amazon. So kauften 2020 bereits 87% der Konsumenten bei Amazon. Es folgen myToys und eBay – bei denen immerhin ca. 45% der Konsumenten angeben häufiger Spielwaren einzukaufen.
  • Hersteller müssen sich veränderten Gegebenheiten anpassen und einerseits ihre Marke auf online Handelsplattformen wie Amazon etablieren, andererseits aber den direkten Vertrieb aktiv angehen – über einen eigenen Webshop oder aber über eine eigene digitale Plattform, die den Kunden über das reine Shoppingerlebnis hinaus Interaktionsmöglichkeiten mit der Marke bietet, sie so langfristig bindet und zusätzliche Wertgenerierungsoptionen für den Markenhersteller schafft.
  • Eines der bekanntesten und, mit einem Absatz von mehr als zwei Millionen Tonieboxen (Musikboxen) und über 20 Millionen Tonies (Hörfiguren) seit der Produkteinführung im Jahr 2016, sicherlich eines der erfolgreichsten Beispiele stellt dabei der Hörfigurenhersteller Boxine dar.

1. Status quo: Spielwarenmarkt in Deutschland

Glänzende Kinderaugen, die auf eine Puppe im Schaufenster eines Spielwarengeschäfts starren, quengeliges Bitten, sogar Flehen, die Eltern mögen einem nun doch bitte das langersehnte und wohlverdiente Spielzeug kaufen. Wer kennt diese Situation nicht – aus den Erinnerungen an die eigene Kindheit oder aus wiederkehrenden Beobachtungen beim Stadtbummel – ein jeder unter uns hat schon einmal eine solche Situation miterleben dürfen.

Doch werden die Spielwareneinzelhändler in Deutschland immer weniger. Zwischen 2015 und 2020 hat bereits jeder Vierte sein Geschäft an den Nagel gehängt – oder hängen müssen. Die Corona-Pandemie hat diesem Trend mit Sicherheit nicht positiv entgegenwirken können. Ganz im Gegenteil. Die Situation hat sich eher verschlechtert. Schließung der Läden, unzureichende Unterstützung durch den Staat und zuletzt sogar die bundesweite Notbremse.

Indes profitierten die Onlinehändler umso mehr von der Schließung des stationären Handels. Die allgemeine Nachfrage nach Spielwaren steigt. Auch im Zuge der Corona-Pandemie erfreuten sich Gesellschaftsspiele, allen voran das Puzzle, größter Beliebtheit und gewannen dank Ausfall von Kinobesuchen, Grillpartys und Co. Einzug in die Abend- und Wochenendgestaltung. Auch das Interesse an Baukästen, wie beispielsweise von LEGO, stieg.

Gerade für Technik-Freaks und Freizeitbastler stellen sie eine willkommene Herausforderung dar, mit der sich die persönliche Freizeit gut verbringen lässt. Dank mangelnder Freizeitalternativen im vergangenen und auch diesem Jahr dürfte diese nicht zu knapp ausgefallen sein und hat sich dabei bei den meisten sehr wahrscheinlich in vermehrtem Maße zuhause abgespielt.

Insgesamt stieg der Umsatz mit Spielen und Spielwaren in Deutschland von 2012 bis 2020 jährlich im Durchschnitt um fünf Prozent (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Umsatz mit Spielen und Spielwaren in Deutschland

Auffallend ist dabei die Verlagerung der Kauforte – vom stationären Handel hin zum Online-Handel, wie auch vom Fachhandel zu Verbrauchermärkten wie GALERIA Karstadt Kaufhof und Lebensmittel-Discountern (siehe Abbildung 2). Mit einem Einbruch von acht Prozent innerhalb eines Jahres (von 2019 auf 2020) im stationären Handel und einer klaren Verlagerung zum Onlinehandel (Internet) werden damit die Gründe für das schrittweise Aussterben des Spielwareneinzelhandels deutlich.

Abbildung 2: Verteilung der Kauforte für Spielwaren in Deutschland

2. Konsumentenverhalten im deutschen Spielwarenmarkt

Schaut man sich die Einkaufsorte für Spielwaren in Deutschland im Detail an, so fällt auf, dass vor allem online eine große Kluft zwischen den einzelnen Händlern besteht. Amazon ist mit knappen 90% klarer Spitzenreiter, mit großem Abstand folgen myToys und eBay, weit dahinter otto.de, lidl.de und weitere (siehe Abbildung 3). Gerade die großen Online-Marktplätze platzieren sich hier in den vorderen Rängen und spielen eine übergeordnete Rolle. Die kleineren Online-Geschäfte sehen sich somit einem enormen Wettbewerb gegenüber – die großen Spieler weisen tiefgreifende Erfahrungen, weitreichendes E-Commerce-Know-how sowie hohe digitale Visibilitäts-Kennzahlen auf. Stellt man dem die stationären Spielwaren-Einzelhandelsgeschäfte gegenüber, die keiner größeren Kette angehören, sind deutliche Parallelen zum Kampf David gegen Goliath zu erkennen.

Abbildung 3: Online und offline Einkaufsorte für Spielzeuge

Geht man im Konsumentenverhalten noch einen Schritt weiter zurück und betrachtet die Inspirations- und Informationsquellen, lassen sich diese schwerlich mit denen anderer Branchen vergleichen. So spielt im Spielwarenhandel die Mund-zu-Mund-Propaganda zwischen den Endnutzern, nämlich den Kindern selbst, eine zentrale Rolle (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Inspirations- und Informationsquellen für den Kauf von neuen Spielzeugen

Insgesamt findet der Handel für Spielwaren heute zunehmend online statt – die Endkonsumenten, sprich die Kinder, wirken stark auf die Produktauswahl ein, über den Ort des Kaufes wird aber von den Käufern entschieden. Kleine, stationäre Einzelhändler mit einer oder nur wenigen Filialen sehen sich stationären Ketten wie Verbrauchermärkten, Drogerien und Lebensmittelmärkten, die oftmals zusätzlich aktive Online-Händler sind, aber auch den reinen Online-Giganten gegenüber.

3. Handlungsempfehlungen für Spielwarenhersteller

Der Online-Handel bietet eine erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit, niedrige Preise sowie eine schnelle und bequeme Lieferung nach Hause. Um sich im Spielwarengeschäft langfristig über Wasser halten zu können, ist der Einstieg in das Online-Geschäft unabdingbar. Doch wie kann dieser gerade für kleinere Online-Händler aussehen? Hierfür gibt es verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die sich keinesfalls gegenseitig ausschließen, sondern auch oder vielmehr gerade in paralleler Anwendung die größten Potentiale bieten.

a) Online Marktplatz-Strategie
In Anbetracht der vorherrschenden Marktstellung des Online-Giganten Amazon im Spielwarengeschäft (siehe Abbildung 3) ist natürlich der Verkauf auf Online-Marktplätzen eine vielversprechende Option, um ins Online-Geschäft einzusteigen. Neben Amazon stehen hier auch eBay, real und OTTO und myToys additiv zur Auswahl – um nur die die größten Marktplatz-Spieler Player im deutschen Online-Spielwarengeschäft zu nennen. Hier kann man von der digitalen Visibilität der Marktplätze, ihrer Reichweite und den gut ausgestalteten Online-Shopping-Funktionen profitieren. Doch sind die Kosten und Auflagen nicht zu unterschätzen. So ist auch hier ein gewisses Maß an Expertise und Erfahrung unerlässlich.Die konkreten Maßnahmen, die wir im Rahmen einer Marktplatz-Strategie vorschlagen, sowie weitere Empfehlungen und Hintergründe zu Amazon und weiteren relevanten digitalen Marktplätzen, können Sie gerne hier im Detail nachlesen:

Online Marktplatz-Strategie

b) Third Party eRetailer-Strategie
Um sich nicht von wenigen großen Marktplätzen und insbesondere Amazon abhängig zu machen und möglichst umfänglich Potentiale auszuschöpfen, empfehlen wir über zusätzliche Online-Spieler ein entsprechendes Gegenwicht aufzubauen. Im Spielwarengeschäft eigenen sich dafür beispielsweise Händler wie Jako-O, DM oder Rossmann.
Kriterien für die Auswahl passender Third Party eRetailer und die optimale Vorgehensweise für das Onboarding haben wir für Sie auf unserer Website näher erläutert:

Third Party eRetailer-Strategie

c) Direct-to-Consumer (D2C)-Strategie
Neben dem Einstieg in das Online-Geschäft über bereits bestehende Plattformen ist auch der Aufbau eines eigenen Web-Shops denkbar. Es ermöglicht dem Kunden die eigene Marke bestmöglich durch eine exklusive Brand Experience näher zu bringen und ihn so direkt für sich zu gewinnen, ohne dabei neben ablenkenden Werbeanzeigen und Bannern andere Hersteller bestehen zu müssen oder begrenzte Darstellungsmöglichkeiten in Kauf nehmen zu müssen. Andererseits erfordert der Aufbau eines eigenen D2C-Vertriebes viel Zeit und ausgeprägtes, vielfältiges Knowhow – von der Erstellung der Website, was dank modernen E-Commerce Systemen wie Shopify, Shopware & Co. noch relativ einfach umzusetzen ist, über eine passende Online-Marketing-Strategie bis hin zu SEO-Maßnahmen und anderen Instrumenten zur Traffic-Generierung. Wer dies nicht selbst bewerkstelligen kann, muss finanzielle Mittel dafür bereitstellen – kontinuierlich – da viele Maßnahmen nicht einmalig, sondern regelmäßig durchzuführen sind. Gerade der Einkauf von Traffic ist meist sehr teuer und erfordert daher ein großzügiges Budget. Der Wettbewerb um die Sichtbarkeit ist im Online-Geschäft besonders hoch – die vorderen, sichtbaren Plätze und „Werbeflächen“, zum Beispiel bei Suchmaschinen wie Google oder auf diversen Social-Media-Kanälen, sind begrenzt, weshalb eine dedizierte Strategie sowie tiefgründiges Wissen und ausgeprägte Fähigkeiten in diesem Bereich erforderlich sind.
Doch entschließt man sich diesen Schritt zu gehen, hat man die Möglichkeit den Kunden exklusiv – wie auf keinem anderen Kanal möglich – anzusprechen, ihn von der eigenen Marke zu überzeugen und ihn schließlich langfristig für sich zu gewinnen. Zudem liefert jeder Besuch des eigenen Webshops wertvolle Daten, die ausgewertet und zur weiteren Optimierung des digitalen Einkaufserlebnisses, aber auch zur Produktoptimierung genutzt werden können.
Weitere Informationen zum Direct to Consumer (D2C)-Vertrieb sowie konkrete Handlungsschritte zum Aufbau einer direkten Verbindung zwischen Hersteller und Endkunden mit E-Commerce als Hauptvertriebskanal finden Sie hier:

Direct-to-Consumer Strategie

d) Digital Sales Center-Ansatz
Erweitert man den reinen D2C-Ansatz, also quasi den Webshop, zu einer Plattform, einem sogenannten Digital Sales Center (siehe Abbildung 5), und bietet dem Kunden darüber möglichst viel Interaktionsfläche mit der eigenen Marke, schafft man sich nicht nur ein größeres Spielfeld, sondern damit einhergehend zusätzliche Wertschöpfungsoptionen und die Möglichkeit den Kunden, aber auch Dritte wie angrenzende Produkt- und Serviceanbieter, langfristig für sich zu gewinnen.
So ist das Digital Sales Center in der Lage den Kunden entlang der gesamten Customer Journey, nicht nur bis zu seiner Kaufentscheidung, sondern eben auch über den Kauf hinaus, zu begleiten und ihn mittels verschiedener nachgelagerter Services und Angebote, wie beispielsweise eine Verlängerung der Garantie über ein Onlinekundenkonto oder den Erhalt ausgewählter, exklusiver Angebote und Inhalte wie Online-Tutorials und Wartung oder Updates over-the-air, nachhaltig an die eigene Marke zu binden.

Abbildung 5: Digital Sales Center-Ansatz von FOSTEC & Company

Einen dezidierten strategischen Ansatz zur Definition und dem Aufbau eines Digital Sales Centers finden Sie hier:

Digital Sales Center-Ansatz

Eine Digital Sales Center-Strategie erfolgreich umgesetzt hat beispielsweise der deutsche Kinderaudiosystem-Hersteller Boxine mit seiner Marke Tonies: So steht dem Kunden ein vollumfänglicher, nutzerfreundlicher und ansprechender Webshop zur Verfügung, der ebenso einen Blog und einen persönlichen Kundenbereich mit Login umfasst. Darüber hinaus bietet Boxine seine Produkte ebenso auf Amazon, myToys, Müller, Jako-O und Co an und schaffte es mit diesem Multi-Channel-Ansatz schließlich, die Marke optimal bei den Kunden zu platzieren und eine maximale Reichweite aufzubauen.
Den Erfolg dieses strategischen Ansatzes bestätigen auch Boxines Umsätze und Verkaufszahlen. So machte das Unternehmen 2017, ein Jahr nach Produkteinführung, noch 17 Millionen Euro Umsatz, konnte sich aber im Jahr 2020 auf bereits über 100 Millionen Euro steigern.

4. Zusammenfassung und Ausblick

Die Zukunft des Spielwarenhandels ist digital – nicht ausschließlich, aber doch zunehmend. Daher sollten sich Markenhersteller schnell an die Situation adaptieren. Geeignete Maßnahmen sind zum einen die Etablierung der Marke auf Amazon, zum anderen der Zugang zum Kunden direkt – sprich über einen direkten Vertriebsweg. Gerade der D2C (Direct to Consumer)-Vertrieb mit Erweiterung zu einer Plattform ermöglicht es Herstellern die Reichweite ihrer eigenen Marke auszubauen, dabei dem Kunden ein exklusives Markenerlebnis und die Interaktion mit der Marke zu ermöglichen und so schließlich die Unabhängigkeit von großen Marktplätzen wie Amazon zu verringern.
So scheint trotz der heutigen vorherrschenden Marktstellung Amazon’s, der Kampf David gegen Goliath, nicht unbedingt aussichtslos zu sein. Doch eine Multi-Channel-Strategie inklusive Einbindung eines D2C-Ansatzes ist dabei unabdingbar. Je früher man damit beginnt, desto eher können Umsatzeinbrüche vermieden und die Reichweite der Marke gesteigert werden.
Wir freuen uns auf Ihre Meinung, einen gemeinsamen Austausch und spannende Diskussionen – melden Sie sich gerne per E-Mail, LinkedIn oder auch telefonische bei uns. Für weitere Empfehlungen und dedizierten Strategien rund um die Themen E-Commerce, Digitalisierung  und Transformation stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Seite.

Ihr FOSTEC & Company-Team

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Zusammenfassung

  • Die Corona-Pandemie hat für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Schätzungen zufolge sollen im Jahr 2021 mehr als 100 Mrd. Euro durch E-Commerce umgesetzt werden, was einer Wachstumsrate von fast 20% entspricht.
  • Das Kaufverhalten der Menschen hat sich durch die Pandemie verändert. Bestellfrequenzen bei Online-Käufen sind stark angestiegen und auch Lebensmittel werden vermehrt online eingekauft, womit diese Warengruppe zu den Spitzenreitern beim Wachstum in Deutschland zählt.
  • Auch nach der Corona-Pandemie ist davon auszugehen, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Primäre Treiber für eine positive Wachstumsdynamik sind unter anderem der Gewohnheitseffekt an E-Commerce, die Prägung der jüngeren Generation für Online-Shopping sowie der Direct-to-Consumer Trend.

Boom des Online-Handels durch Corona

Dass die Corona-Pandemie für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger wirkt, lässt sich nicht bestreiten und wird besonders in den starken Wachstumszahlen deutlich. Mehr als 83,3 Mrd. Euro (72,6 Mrd. Euro in 2019) wurden an Brutto-Umsatz wurden in Deutschland im Jahr 2020 erreicht, was einem Wachstum von 14,6% zum Vorjahr entspricht. Für das Jahr 2021 schätzt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) einen Brutto-Umsatz von mehr als 100 Mrd. Euro. Die Corona-Pandemie hat sich nicht nur auf das umgesetzte Volumen ausgewirkt, sondern auch das Kaufverhalten der Menschen maßgeblich geprägt. Die Bestellfrequenz für Online-Einkäufe hat sich erhöht und jeder Dritte über 60 Jahre kauft mittlerweile online ein. Durch die Einschränkungen von Geschäftsschließungen durch Lockdowns hat jeder vierte Deutsche den Schritt gewagt, erstmalig Nicht-Lebensmittel online zu bestellen und jeder zehnte kauft Lebensmittel bereits online.

Interessant ist diese Erkenntnisse auch bei näherer Betrachtung der Entwicklung einzelner Warengruppen. Auf Gesamtjahressicht 2020 zählt der bevh die Warengruppe Lebensmittel mit einem Anstieg von 70% zum Spitzenreiter und das trotz der Tatsache, dass Supermärkte mit Waren des täglichen Lebens trotz Corona-Lockdown geöffnet waren. Medikamente und Drogerieartikel konnten ein Wachstum 53,9% bzw. 35,4% erreichen, gefolgt von Tierbedarf mit 15,8% mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. E-Commerce-Umsätze bei Bekleidung und Schuhen legten 13,2% zu und Unterhaltung 10,5%. Noch deutlicher werden die Entwicklungen bei einem Vergleich des 1. Quartals 2020 und dem 1. Quartal des Jahres 2021. Zu den Top 5 Warengruppen mit dem höchsten Zuwachs zählen Lebensmittel, Drogerieartikel, Haushaltswaren & -geräte, DIY & Blumen sowie Medikamente.

Abbildung 1: E-Commerce Umsatzentwicklung von Q1 2020 zu Q1 2021 nach Warengruppen

Das starke Wachstum in der Warengruppe Lebensmittel und bei Gütern des täglichen Lebens ist kein rein deutsches Phänomen, sondern zeigt sich auch europaweit. Im Global Consumer Insights Survey 2020 von PwC hat eine Umfrage ergeben, dass mehr als ein Viertel der in urbanen Gegenden lebenden Menschen Online-Shopping als Hauptquelle für Lebensmittel nutzen, was einem Anstieg von 10% im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten entspricht. Auch weltweit nimmt E-Commerce einen zunehmenden Stellenwert bei Menschen ein, was eindrucksvoll an der Durchdringungsrate erkennbar ist. Während diese für das Jahr 2020 einen Wert von 15% global aufweist, gehen Prognosen von 25% im Jahr 2025 aus. Dies ist ein Wachstum von 67% innerhalb von fünf Jahren.

Abbildung 2: E-Commerce Durchdringungsraten

Veränderungen des Kaufverhaltens zwischen online und offline spiegeln sich in einzelnen Ländern unterschiedlich wider, zeigen aber für das Jahr 2020 einen eindeutigen Trend. Während der Online-Retail-Handel in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und Großbritannien mehr als zweistellig wächst, ist der Offline-Retail-Handel geschrumpft.

Abbildung 3: Veränderung von online und offline Retail-Wachstum im Jahr 2020

Warum auch nach Corona hohes E-Commerce Wachstum bestehen bleibt

Der Online-Handel stellt sich nun die Frage, wie es nach der Corona-Pandemie weitergehen wird. Kommt es wieder zu einer Rückverlagerung in den stationären Handel oder bleiben die E-Commerce Aktivitäten der Bevölkerung stabil, sodass mit keinerlei Einbußen für E-Commerce zu rechnen ist? Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) ist überzeugt davon, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Sicher ist allerdings, dass es zu Verschiebungen innerhalb einzelner Warengruppen kommen wird.

Ausgaben für sogenannte „Zuhause-Aktivitäten“, die unter anderem die Bereiche DIY, Garten und Sportequipment begünstigt haben, werden nach der Corona-Pandemie in Reisen, Restaurantbesuche und Events münden. Insgesamt aber wird E-Commerce weiterhin wachsen, wenn man den Hochrechnungen des IFH Köln folgt. Von 120 Mrd. Euro Brutto-Umsätzen im Jahr 2024 wird in einer Trendrechnung gesprochen und bis zu 141 Mrd. Euro Potenzial sind möglich bei besonders positiver Wachstumsdynamik. Nachfolgende Aspekte sind Treiber dieser Entwicklung:

  • Gewohnheit und Bequemlichkeit: Die regelmäßige Nutzung von Online-Shoppingmöglichkeiten führt zu einem Gewohnheitseffekt. Zudem kommt die Bequemlichkeit, dass bestellte Waren in mittlerweile sehr kurzer Zeit nach Hause versandt werden. Es entfallen die teils langwierigen Suchen im stationären Handel und das Befördern von Ware nach Hause.
  • Online-Abo-Modelle: Zahlreiche Online-Shops und Online-Marktplätze haben für Produkte des alltäglichen Lebens Abo-Modelle etabliert mit günstigen Produktkonditionen, die für eine langfristige Bindung der Kunden sorgen.
  • Prägung der jüngeren Generation: Insbesondere die jüngere Generation, die ohne sehr online affin ist, hat das Online-Shopping für sich entdeckt. In einer Umfrage im Jahr 2020 von Shopify wurde festgestellt, dass zwei von drei jungen Konsumenten zwischen 18 und 34 Jahren mehr Geld für Waren und Dienstleistungen ausgeben als noch vor der Corona-Krise.
  • Wegfall stationärer Einheiten: Es wird nicht zu verschweigen sein, dass durch die Corona-Krise auch zahlreiche stationäre Händler ihre Geschäfte schließen werden. Durch den Wegfall kommt er zu einer Reduktion der stationären Einkaufsmöglichkeiten, wodurch ebenfalls wieder der Online-Handel profitieren wird.
  • Direct-to-Consumer Trend und Personalisierung: Ein Gewinner der Corona-Krise sind sogenannte Direct-to-Consumer Marken, die sich auf einige wenige Produkte fokussieren und sich eine Community an loyalen Kunden aufgebaut hat. Mit innovativen Produktideen, der Einbindung der Community als Co-Entwickler und der Verfolgung von Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein treffen diese Marken den Zeitgeist und sind sogar für etablierte Markenhersteller zur Konkurrenz geworden.
  • Zuwachs der Vielfalt der Online-Handelslandschaft: Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer deutlich höheren Vielfalt in der Online-Handelslandschaft geführt. Unzählige Online-Shops und Online-Marktplätze sind entstanden, die sich nun eine breite Kundenbasis aufgebaut haben und diese auch nach Corona mit attraktiven Angeboten halten und bedienen möchten.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt oder beispielweise bei der Etablierung einer Direct-to-Consumer Strategie, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Ergebnisse und Kernaussagen

  • Positive E-Commerce-Erfahrungen während des ersten Lockdowns stärken das Vertrauen in E-Commerce-Anbieter. Gleichzeitig steigt insbesondere bei jungen Konsumenten die Intensität der Recherche vor dem Kauf im Netz und sie kaufen gezielter online ein.
  • Die Verlagerung vom stationären zum Online-Handel und das generell konstante bis steigende Konsumverhalten führen zu einem Anstieg des E-Commerce-Umsatzes insgesamt, allen voran Amazon.
  • Trotzdem ergeben sich durch das veränderte Konsumentenverhalten vermehrt Chancen für kleinere, spezialisierte Anbieter, die sich aber einem enormen Wettbewerb gegenübersehen, wenn es um die finale Kaufentscheidung geht, weshalb der Eintritt oder Ausbau des Onlinegeschäft einer durchdachten, schrittweisen Strategie bedarf und die Einbindung erfahrener Experten nahegelegt.
  • Insgesamt verdeutlichen die Maßnahmen und Einschränkungen, die mit der Corona-Pandemie einhergehen, die Vorteile des Onlinehandels und prägen das Recherche- und Kaufverhalten nachhaltig.

 

Geschäftsschließungen, Verbote von Zusammenkünften in Gruppen, Ausgangsbeschränkungen, ein Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens – all diese Aspekte könnten bald der Vergangenheit angehören, determinieren derzeit aber noch stark den Alltag der Bürgerinnen und Bürger in nahezu allen Ländern der EU. Insbesondere das Verhalten der Konsumenten bezüglich des Einkaufsortes oder der Einkaufswebseite und auch hinsichtlich des Rechercheverhaltens vor einem potenziellen Kauf hat sich seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 stark gewandelt und dem E-Commerce weiter zur Hochkonjunktur verholfen. Doch wer profitiert hauptsächlich von dem starken Zuwachs im Onlinehandel? Haben kleine Spieler und Markenhersteller noch eine Chance gegen Onlinehandelsgiganten wie Amazon, Otto und Co.? Und wie geht es weiter, wenn die Inzidenzzahlen weiter sinken, nach und nach mit Lockerungen zu rechnen ist und der Einzelhandel wieder öffnet?

Auswirkungen anfänglicher, Corona bedingter Einschränkungen auf das Konsumentenverhalten und den Onlinehandel

Vielzählige Einschränkungen wie die Maskenpflicht und die Schließung des Einzelhandels während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 aber auch das erhöhte Risiko einer Ansteckung in Innenstädten und Geschäften führte zu einem Umsatzrückgang des deutschen Einzelhandelsgeschäfts. So sank im europaweiten Durchschnitt der Umsatz im Einzelhandel im April um etwa 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Statista, 2020).Demgegenüber haben viele Konsumenten während des ersten Lockdowns positive Erfahrungen im E-Commerce gesammelt und dessen Vorzüge (schnelle und bequeme Bestellung, Lieferung und Rückgabe, Kundenservice) kennen und schätzen gelernt. Die deutschen Konsumenten nutzen seither vermehrt die Möglichkeit der Online-Produktrecherche und informieren sich vor einem Kauf im Netz ausführlicher als noch vor der Corona-Pandemie. Zudem erfolgen Online-Käufe gezielter und personalisierte Angebote erfreuen sich, gerade bei jungen Konsumenten, größerer Beliebtheit. Vor dem Hintergrund der heute noch bestehenden vorübergehenden Schließung des Einzelhandels ist daher von einer weiteren Verstärkung dieser Effekte auszugehen.


Abbildung 1: Vermehrte Online-Aktivitäten seit der Corona-Krise

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie konnte der Onlinehandel bereits ein stetiges Wachstum verzeichnen. Insgesamt stiegen jedoch seit der Verbreitung des Corona-Virus und der damit einhergegangenen Maßnahmen und Einschränkungen die Umsätze im Onlinehandel deutlich stärker.

Strukturen und Mechanismen im deutschen Onlinehandel – die Bedeutung von Amazon

Neben den steigenden Umsätzen im deutschen E-Commerce konzentriert sich der Markt zunehmend. Während der Marktanteil der 500 umsatzstärksten Webshops stetig wächst, gehen die Anteile der kleineren Anbieter zurück. Die zehn umsatzstärksten Anbieter, Marktplatzanbieter ausgenommen, beanspruchten bereits 2019 etwa 36 Prozent, sprich 20,8 Milliarden, des deutschen E-Commerce-Umsatzes und damit 40% der Umsätze der Top 1000 für sich.


Abbildung 2: Verteilung der deutschen Umsätze im deutschen E-Commerce-Markt

Es lässt sich ein klassisches Longtail-Modell erkennen: Wenige große, generalistische Anbieter beherrschen den Markt, während vielzählige kleine, spezialisierte Anbieter die restlichen Marktanteile unter sich aufteilen. Insbesondere Amazon nimmt hier eine vordergründige Rolle ein und ist mit einem Umsatz von über 10 Milliarden deutlicher Spitzenreiter im Umsatzvergleich der deutschen Online-Shops.


Abbildung 3: Top 100 Online-Shops in Deutschland

Die Corona-Pandemie hat sich daher vor allem für Amazon bisher sehr vorteilhaft ausgewirkt. Während des strikten Lockdowns im Frühjahr letzten Jahres nutzten die Konsumenten verstärkt den Amazon Marketplace – in Deutschland, aber auch weltweit. So konnte Amazon.de im Jahr 2020 einen Anstieg von 35 Prozent verzeichnen und damit im Vergleich zu anderen Online-Shops überdurchschnittlich von den Auswirkungen der Einschränkungen und Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie profitieren.


Abbildung 4: Entwicklung des gesamten Umsatzes der Amazon-Gruppe von 2010 bis 2020

Diese Zahlen lassen die Vermutung zu, dass durch die Corona-Pandemie gerade kleinere Online-Shops ins Hintertreffen geraten und die großen Plattformen maßgeblich profitieren. Die dargestellten Umsatzzahlen lassen diese Vermutung plausibel erscheinen, jedoch ist hier dem veränderten Konsumentenverhalten in dezidierter Weise Rechnung zu tragen. Gerade das veränderte Verhalten junger Konsumenten, d.h. der 18- bis 29-Jährigen während der ersten Lockdown-Phase, konkret die ausführlichere Recherche im Netz und die gezielteren Online-Einkäufe, bieten Chancen für kleinere, weniger bekannte Online-Shops, die nicht unbedingt die erste Anlaufadresse der Konsumenten darstellen. Eine intensivere Recherche, der vermehrte Besuch ausgewählter Markenhersteller-Websites und dem Konsumenten bisher nicht bekannter Seiten stellen eine Chance für kleiner Spieler dar.

Fraglich bleibt, ob der Kauf eines Produkts letzten Endes über diese Seiten abgewickelt wird oder doch über die großen, bekannten Plattformen, wie Amazon, Otto und Co. läuft. Für kleinere Spieler gilt es also die Konsumenten neben der reinen Recherche auf der Website auch zum Kaufabschluss zu animieren. Dafür sollte dem Website-Besucher ein maximal nutzerfreundlicher Webshop zur Verfügung stehen. Im Onlinegeschäft ist die nächste Einkaufsmöglichkeit nur einen Mausklick entfernt, Preise und Lieferkosten sind innerhalb von Sekunden vergleichbar und damit der Wettbewerb um den Kaufabschluss besonders hoch. Um in dieser Umgebung erfolgreich zu sein und sich gegen die großen, erfahrenen Online-Plattformen durchsetzen zu können, bedarf es Expertise und Erfahrung bezüglich der Eigenschaften und Funktionsweisen des Online-Markts, der eigenen Online-Präsenz und eines tiefgründigen Verständnisses der Online-Kunden, deren Kaufentscheidungen und -mechanismen.

Aus diesen Gründen sollte der Eintritt oder Ausbau des Onlinehandels durchdacht und Schritt für Schritt erfolgen. Es gilt entsprechende Anforderungen an Prozesse, Ressourcen, die organisationale Struktur, die IT-Landschaft und das Supply Chain Management zu beachten und umzusetzen, um ideale Bedingungen für die erfolgreiche Umsetzung einer E-Commerce Strategie zu schaffen. Wir von FOSTEC & Company empfehlen dafür einen Strategieansatz mit fünf aufeinander aufbauenden Phasen, der sich bereits vielfach bei unseren Kunden bewährt hat.


Abbildung 5: FOSTEC & Company E-Commerce Strategieansatz in 5 Phasen

Neben dem allgemeinen Wachstum im Onlinehandel, nicht nur im deutschen Markt, sondern weltweit, und den Chancen, die sich aus den heutigen COVID-19 bedingten Umständen ergeben, bleibt zu fragen inwiefern antizipiert werden kann, wie die Auswirkungen der Pandemie die Zukunft des Handels beeinflussen.

Ausblick

Wie werden sich die Konsumenten verhalten, wenn die Inzidenzzahlen sinken, Lockerungen zu erwarten sind und der Einzelhandel wieder öffnen kann? Wird die Recherche vor einem Produktkauf weiterhin vermehrt im Netz stattfinden? Werden Konsumenten weiterhin Ihre Zeit darauf verwenden Ihnen noch unbekannte Seiten aufzurufen – auch wenn Kurzarbeit und Home-Office abnehmen? Die Konsumenten haben ihr Verhalten während des ersten Lockdowns deutlich verändert, an die Situation adaptiert und ihre jeweiligen Erfahrungen im Online-Handel gemacht. Sie sind es heute, in deutlich höherem Maße als vor der Corona-Pandemie, gewohnt einen schnellen und einfachen Zugriff auf Produkte, Preise und Lieferoptionen zu haben und diese innerhalb weniger Minuten vergleichen zu können. Sie haben vermehrt das vielfältige Angebot im Online-Handel kennen und schätzen gelernt und sind heute in weitaus höherem Maße mit dem Online-Handel vertraut als noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Diesen Comfort und Wissensvorsprung gegenüber dem rein stationären Handel, werden Konsumenten wohl kaum mehr aus der Hand geben.

Demgegenüber spielen bei einer Vielzahl an Produkten das Erleben des Produkts selbst und seiner haptischen Eigenschaften aber auch das Kauferlebnis an sich eine große Rolle bei der Kaufentscheidung. Auch sollte die soziale Komponente im Zusammenhang mit dem Einkauf im stationären Handel nicht außer Acht gelassen werden. Damit stehen dem Comfort und der Transparenz des Onlinehandels, triftige Gründe gegenüber warum Konsumenten zumindest in bestimmten Fällen den Einkauf im stationären Handel dem Onlinekauf trotzdem vorziehen könnten.  Trotzdem muss festgehalten werden, dass die neuen Gewohnheiten und die Erfahrungen mit dem Onlinehandel während der vergangenen Monate, das Nutzerverhalten nachhaltig geprägt haben.

Gerade wenn Preise und eine schnelle Lieferung vorrangige Entscheidungsfaktoren für den Kauf eines Produktes sind, weist der Onlinehandel gegenüber dem stationären Handel deutliche Vorteile auf, die nicht von der Hand zu weisen sind und durch die Einschränkungen und Maßnahmen der Corona-Pandemie noch deutlicher in den Vordergrund treten. Vor diesem Hintergrund sollten sich gerade kleinere Unternehmen überlegen, welche Aspekte die Kaufentscheidung für ihr Produkt maßgeblich beeinflussen, wie eine zukunftsträchtige Platzierung in der heutigen Handelslandschaft aussehen kann, wo die entsprechenden Potentiale liegen und wie diesen Schritt für Schritt strategisch angegangen werden können.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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