Multi-Channel Preisstrategie – warum die Preistransparenz im E-Commerce eine kanalübergreifende Strategie erfordert

Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen online und offline Handel zeigt sich in Bezug auf das Thema Pricing: Im stationären Handel lassen sich Preise in der Regel nur schwer schnell vergleichen und auch die Ausnutzung bestehender Preisunterschiede erfordert einen gewissen Aufwand (z.B. durch einen physischen Standortwechsel zu einem anderen Geschäft). Dahingegen besteht im Onlinegeschäft meist volle Transparenz, bei der Preise einfach verglichen werden können und die Nutzung von Preisunterschieden nur einen Mausklick entfernt ist oder im B2B Bereich teils sogar durch vollautomatisierte Einkaufssysteme erfolgt.

Vor diesem Hintergrund werden vor allem rein preisorientierte Anbieter animiert durch immer weitere Preissenkungen möglichst viele Kunden zu gewinnen und lediglich über große Volumina Erträge zu erzielen. Die Folgen einer solchen Preiserosionsdynamik sind insbesondere für Markenhersteller verheerend. Das Risiko ist eine zunehmende Verwässerung der Marke und eine rein auf Preissenkungen konditionierte Käuferschaft. Zusätzlich bekommen die Hersteller Druck von „treuen“ Distributoren die im Rahmen des eigentlichen Hersteller Konditionsmodells anbieten, eine markengerechte Präsentation von Produkten und Leistungen übernehmen und so zur Markenbildung beitragen, aber im Wettbewerb mit den preisfokussierten Anbietern keine oder nur geringere Umsätze realisieren können. In diesem Kontext wird klar, dass die Kontrolle von Preisen und Preisänderungen im E-Commerce von entscheidender Bedeutung ist.

Doch die beschriebene Preistransparenz und die damit verbundenen Folgen betreffen nicht nur ausschließlich den E-Commerce. Bestehen – wie im Normalfall – keine strikt getrennten online und offline Produktsortimente wäre eine reine E-Commerce Preisstrategie aus folgenden Gründen viel zu kurzsichtig. Zum einen erfolgt der Preisvergleich durch die weite Verbreitung des mobilen Internets längst nicht mehr zwischen mehreren offline Geschäften, sondern zwischen offline Geschäften und online Stores. Beim sogenannten „Showrooming“ nutzen Konsumenten den stationären Handel zwar zur Produktauswahl, tätigen den Kauf dann aber über den online Handel mit bequemer Lieferung nach Hause – teilweise noch direkt vor Ort im stationären Handel. Zum anderen tragen auch vermeintliche offline Distributionskanäle zur zuvor beschriebenen Preiserosion bei. Denn neben Herstellern vertreiben auch die verschiedensten Anbieter Produkte über online Vertriebskanäle. Die Folge davon ist – insbesondere bei nicht-selektiven Vertriebssystemen –, dass der Warenfluss schlichtweg nicht zu kontrollieren ist.

 

  • Anbieter: Schließt man private Anbieter aus, sind es vor allem Hersteller, Großhändler, E-Commerce Player, Fachhändler sowie andere (z.B. Produktionsverbindungshandel) die als geschäftliche Anbieter auftreten

 

  • Online Vertriebskanäle: Im Wesentlichen werden folgende drei online Distributions- und Vermarktungskanäle von geschäftlichen Anbietern genutzt: Online Shops, Online Marktplätze und Preissuchmaschinen

 

Diese fehlende Kontrollierbarkeit des Warenflusses nutzen Spieler wie Amazon, wo verschiedenen Sourcing-Quellen zur Preisoptimierung genutzt werden, voll aus. Mit dedizierten Sourcing-Teams wird eine systematische Einkaufspreisoptimierung betrieben: Beim Cross-Border-Sourcing wird etwa die Hersteller-Organisationsstruktur ausgespielt indem für ein Bestimmungsland bei verschiedenen Länderorganisationen eingekauft wird. Typisch ist auch, dass Amazon direkt bei Großhändlern einkauft und so bessere Preise erzielen kann als direkt beim Hersteller. Diese Preisvorteile werden dann durchaus an die Kunden des Marktplatzes weitergegeben was auch hier zur zuvor beschriebenen Preiserosionsdynamik beiträgt.

Abbildung 1: Beispiel einer durch Amazon-Vendor getriebenen Preiserosion

(Eine solche Preiserosionsanalyse lässt sich beispielsweise mit dem freizugänglichen Analysetool https://de.camelcamelcamel.com/ für Amazon erstellen)

Abbildung 2: Anbieter-Kanal-Distributionsmatrix

 

Wie in Abbildung 2 zu sehen, agiert Amazon maßgeblich in drei Bereichen:

  • Amazon Vendor: Im Amazon Vendor Modell bezieht Amazon die Ware direkt vom Hersteller oder weicht auf andere Lieferanten wie Großhändler, etc. aus. In diesem Modell verkauft Amazon unter eigenem Namen und ist entsprechend für das Pricing als auch das möglichst effiziente Sourcing zuständig. Entsprechend ist Amazon permanent auf der Suche nach neuen, günstigeren Warenbezugsquellen.
  • Amazon Direct Sourcing: Neben dem klassischen Vendor Modell betreibt Amazon in Luxemburg eine direkt Sourcing-Einheit. Diese versucht über große Einkaufsvolumina ein internationales und möglichst direktes Sourcing zu betreiben. Im Sinne einer Disintermediation sollen dabei möglichst viele Stufen der Wertschöpfungskette übersprungen werden, um so noch bessere Preise zu realisieren. Entsprechend ergeben sich für Hersteller neben einem Wettbewerb z.B. mit Großhändlern auch Cross-Border Herausforderungen, d.h. das eigene Länderorganisation sich gegenseitig im Preis unterbieten und so ein ungewollter Wettbewerb innerhalb der Herstellerorganisation entsteht. Angesichts Amazons „unschlagbar geringer“ Logistikkosten ist ein solches Sourcing für den Online Marktplatz äußerst attraktiv.
  • Amazon Marktplatz: Im Amazon Marktplatz Modell verkaufen Drittanbieter auf eigene Rechnung und nutzen dafür ausschließlich die Infrastruktur des Amazon Marktplatzes. Im Rahmen eines Amazons Sourcing Verhaltens spielt dies also keine Rolle. Allerdings nutzen gerade Großhändler diesen Kanal, um gute Einkaufskonditionen bei Herstellern durch ein preisorientiertes direkteres Endkundengeschäft zu monetarisieren.

Abbildung 3: Beispiel einer durch Amazon-Marktplatzanbieter getriebenen Preiserosion

Das Beispiel Amazon zeigt, dass eine Preisstrategie die rein auf online Kanäle ausgerichtet ist deutlich zu kurz greifen würde und daher im Rahmen eine Multi-Channel Preisstrategie alle Kanäle umfassen sollte. Ein bewährtes Konzept, dass Lösungen für die beschriebenen Pricing-Herausforderungen bietet, ist eine systematische Multi-Channel Performance Pricing (MCPP) Strategie mit einem marktdaten- und leistungsorientierten Konditionsmodell. Durch Einbezug von erhobenen Marktdaten wird dabei im ersten Schritt der zweiten Phase (siehe Abbildung 4) zunächst eine aktuelle E-Commerce Preistransparenz für das strategisch relevante Kernsortiment hergestellt. Dabei erfolgt die Identifikation von Produkten mit starkem Preisdruck (Delta UVP vs. Marktpreis) sowie wesentlicher preistreibender Anbieter (First Mover Analyse, d.h. welcher Anbieter initiiert eine Preissenkung). Darauf aufbauend wird dann ein leistungsorientiertes Multi-Channel Konditionsmodell definiert, das neben klassischen Vertriebsleistungen (z.B. Umsatz) vor allem markenstärkende Vertriebsaktivitäten systematisch incentiviert und so den Vertrieb für rein preisgetriebene Anbieter unattraktiv macht.

Die Erfahrung zeigt, dass sich markenschädigende Preiserosionen nur mit einer solchen systematischen, kanalübergreifenden Preisstrategie nachhaltig verhindern lassen.

Abbildung 4: Multi-Channel Performance Pricing (MCPP)

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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