Mit dem Ziel das „kundenzentrierteste“ Unternehmen der Welt zu sein, ist Amazon bestrebt seinen Kunden ein herausragendes Einkaufserlebnis zu bieten. Mit dem Aufkommen von Produktfälschungen wurde Amazon Brand Gating eingeführt, dass es Markenherstellern erlaubt, einzelne Produkte oder alle Produkte einer Marke für den Verkauf durch Händler ohne Autorisierung auf dem Amazon Marktplatz zu untersagen. Auch wenn Markenhersteller davon enorm profitieren, so werden Händler vor neue Hürden gestellt, die bis hin zu Existenzproblemen führen können. Auch Verbraucher finden weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz vor, wodurch sich die Frage stellt, ob Amazon sich nicht zunehmend vom Marktplatz hin zu einem gigantischen Online-Händler wandelt.

„Customer Centricity“ als oberstes Gebot bei Amazon

„Customer Centricity” ist fest verankert in der Mission von Amazon. Nach diesem Gebot möchte Amazon für jeden Kunden ein herausragendes Einkaufserlebnis und eine hohe Kundenzufriedenheit schaffen, doch die zunehmende Größe und die Offenheit des Amazon Marktplatzes ermöglichen Marktplatz-Händlern aber auch relativ leicht das Anbieten und Verkaufen von Produktfälschungen. Dies hat nicht nur negative Kundenerfahrungen zur Folge, sondern hat in der Vergangenheit auch dazu geführt, dass der Online-Distributionskanal Amazon von Marken gänzlich gemieden oder wieder geschlossen wurde.

Amazon hat sich daher auch diesem Thema gewidmet und im Jahr 2016 in den USA das „Brand Gating“ eingeführt, dass es Markenherstellern erlaubt, einzelne Produkte oder sogar das Gesamtproduktportfolio einer Marke für den Verkauf durch Händler auf dem Amazon Marktplatz zu untersagen. Nur mittels erfolgreicher Autorisierung und Freischaltung ist ein Verkauf weiterhin möglich. Im Mai 2019 wurde dieses Programm auch in europäischen Ländern eingeführt mit dem Ziel Marken- und Produktpiraterie einzudämmen, Markenhersteller zu schützen und damit auch ein positives Einkaufserlebnis der Amazon-Kunden zu gewährleisten.

Abbildung 1: Konzept und Vorteile von Brand Gating für Markenhersteller

Weniger Marktplatz-Händler stabilisieren Preisniveau und verbesseren Content Qualität

Vorteil von Amazon Brand Gating für Markenhersteller ist die Möglichkeit der Autorisierung von Marktplatz-Händlern für den Verkauf von Produkten oder sogar dem gesamten Sortiment. Marktplatz-Händler müssen eigenständig die Freischaltung beantragen, die Nachweise sowie eine nicht unerhebliche Gebühr erfordern. Auf diese Weise werden die auf dem Marktplatz aktiven Händler minimiert und das Produktangebot sinkt. Auch wenn dies konträr zum offenen Marktplatzgedanken ist, profitieren Markenhersteller von einer besseren Preisstabilität und weniger Preiserosion, da durch geringeren Wettbewerb auch die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Preiskampf sinkt.

Ein weiterer positiver Effekt ist die Sicherstellung der Content Qualität auf Produktdetailseiten. Jeder Marktplatzteilnehmer kann bei den von ihm angebotenen Produkten auch Änderungen auf der Produktdetailseite vornehmen. Dies umfasst alle Elemente wie beispielsweise Produkttitel, Bullet Points, Produktbeschreibungen und Medien wie Videos und Bilder, aber auch hinterlegte Keywords. Tendenziell kommt es dadurch zur Verschlechterung der Content Qualität je mehr Händler ein Produkt anbieten. Meist verfügt nämlich der Markenhersteller selbst über die aussagekräftigsten Beschreibungen und qualitativ hochwertigsten Medien sowie die Ressourcen, diese einzupflegen. Je weniger Händler nun aufgrund von Brand Gating Produkte anbieten können, umso weniger – tendenziell negativere – Veränderungen treten auf und müssen durch den Markenhersteller korrigiert werden. Markeninhaber haben allerdings auch ohne Brand Gating die Möglichkeit Content-Hoheit zu erlangen mittels der Amazon Brand Registry.

Teilnahme an Brand Gating für Hersteller und Anforderungen zur Freischaltung für Händler

Amazon Brand Gating ist nicht für alle Marken zugänglich, sondern wird individuell mit dem Amazon Vendor Manager abgesprochen, der das Programm für die jeweilige Marke freischalten muss. Zentrale Anforderung ist, dass eine Marke bei einer Registrierungsstelle angemeldet oder die Markenregistrierung im Beantragungsprozess ist. Für Deutschland ist es das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) mit Sitz in München. Die Marke muss anschließend bei der Amazon Brand Registry hinterlegt werden. Der Hersteller muss zuletzt noch eine ASIN-Liste an Amazon übermitteln, für diejenigen ASINs, für die das Brand Gating aktiviert werden soll. Dabei steht es dem Hersteller frei, das gesamte Sortiment durch Brand Gating schützen zu lassen oder nur einzelne Produkte.

Bei durch Brand Gating geschützten Marken oder Produkten müssen alle Händler nun vom jeweiligen Markeninhaber freigeschalten werden. Je nach Marke gibt es dafür unterschiedliche Anforderungen, zu denen die unter anderem nachfolgend aufgelisteten zählen:

  • bis zu 3 verschiedene Rechnungen für den Kauf von Produkten der Marke eines Herstellers oder Lieferanten
  • ein Schreiben des Markeninhabers, in dem eine Autorisierung für den Verkauf erteilt wird
  • eingereichte Rechnungen dürfen nicht älter als 180 Tage sein
  • Rechnungen müssen Name und Adresse des Verkäufers sowie des Herstellers / Lieferanten enthalten
  • Rechnungen beinhalten mindestens den Kauf einer Mindestanzahl an Einheiten und Produkten

Preisinformationen auf den Rechnungen können optional ausgeblendet werden. Unter Umständen werden zur Verifizierung die Hersteller oder Lieferanten, die im Antrag genannt werden, kontaktiert. Neben den Nachweisen ist für die Freischaltung eine nicht unerhebliche Gebühr von bis zu $ 1.500 pro Marke zu entrichten. Ohne Nachweise kommt es zur Entfernung der gelisteten Produkte.

Kritik von Herstellern, Händlern und Kunden

Auch wenn das Brand Gating für zahlreiche Markeninhaber von hohem Interesse ist, die eigene Marke und das Produktangebot auf dem Amazon-Marktplatz zu schützen, so werden automatisch nicht alle Marken für das Programm freigegeben, sondern müssen individuell mit ihrem Vendor Manager verhandelt werden. Es wird befürchtet, dass tendenziell wichtige – und damit aus der Sicht von Amazon automatisch die umsatzstarken Kunden – präferiert werden und es dadurch zu einem Ungleichgewicht bei den Markenherstellern kommt – jene mit Brand Gating und jene ohne.

Aus der Sicht der Händler steigt der Unsicherheitsfaktor und auch das Existenzrisiko, da nicht klar ist, welche Marken Brand Gating einsetzen und damit den Verkauf durch Händler auf Amazon sperren lassen. Da die Freischaltung für Händler kostspielig ist, können Händler mit einem Mehrmarkensortiment oder Händler mit geringem Verkaufsvolumen mit einer Marke geneigt sein, den Verkauf der Marke zu stoppen, da es sich finanziell und ressourcentechnisch nicht mehr lohnt.

Zentraler Kritikpunkt aus der Sicht von Kunden richtet sich aber an Amazon selbst und das Unterminieren des offenen Marktplatzgedankens. Bei schrittweisem Ausschluss von Händlern wandelt sich Amazon zunehmend zum Oligopol, teils sogar zum Monopol, falls eine Marke nur über das Amazon Vendor Modell Produkte an Kunden verkauft. Ein offener Marktplatz mit Wettbewerb und freier Preisgestaltung existiert damit nicht mehr und widerspricht dem Ursprungskonzept von Amazon.

Markenschutz vs. Marktplatzgedanke – Wohin entwickelt sich Amazon?

Amazon Brand Gating wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert. Zwar richtet es sich am obersten Gebot der maximalen Kundenzentriertheit aus, um Kunden vor negativer Kauferfahrung und Produktfälschungen zu schützen, allerdings lässt es in gleicher Weise auch weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz zu. Auch rechtlich (mit Bezug auf die deutsche Rechtsprechung) wurde das Brand Gating geprüft und Gerichte haben das Programm als nicht widerrechtlich eingestuft, denn Marken können ihren Vertriebspartnern den Vertrieb auf Drittanbieter-Plattformen untersagen. Amazon handelt damit lediglich als verlängerter Arm der Hersteller.

Brand Gating ist für Amazon nur ein Instrument eines Portfolios zum Schutz von Marken. Zu nennen sei beispielsweise „Project Zero“, das mehr als fünf Milliarden Angebote täglich screent und durch Machine Learning das proaktive Auffinden von Fälschungen ermöglicht. Dabei gleicht das System das Amazon Produktangebot mit den von Marken gelieferten Basisdaten (u.a. Markenname, Logos, Claims, …) ab. Markeninhaber können daraufhin sofort die Entfernung der Listungen auf einer Self-Service-Plattform durchführen.

Auch wenn Markenhersteller von Brand Gating und anderen Programmen zum Markenschutz enorm profitieren, so werden Händler vor neue Hürden gestellt, die bis hin zu Existenzproblemen führen können. Auch Verbraucher finden weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz vor, wodurch sich die Frage stellt, ob Amazon sich nicht zunehmend vom Marktplatz hin zu einem gigantischen Online-Händler wandelt.

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Das im Rahmen der „Verpackungsmission“ von Amazon ins Leben gerufene Leben gerufene Frustration-Free-Packaging (FFP) Programm ermöglicht die Einstufung von Produktverpackungen in drei verschiedene Zertifizierungslevel mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Während das höchste Level „Frustration-Free-Packing (FFP)“ (Tier 1) das Ziel verfolgt, Kundenerlebnis maßgeblich zu steigern und gleichzeitig Nachhaltigkeit sicherzustellen, fokussiert sich die Zertifizierungsstufe „Ship-in-own-container (SIOC)“ (Tier 2) auf die Reduktion von Abfall. Der zweite Beitrag der zweiteiligen Blogreihe zu „Amazon Frustration-Free-Packaging“ geht auf Zertifizierungsanforderungen ein und erläutert Schritte zur Implementierung der Zertifizierungen bei Herstellern.

Zertifizierungsanforderungen von Amazon

Die Anforderungen von Amazon zur Zertifizierung von Produktverpackungen sind umfangreich und richten sich nach den jeweiligen Zertifizierungsstufen. Sie umfassen unter anderem Angaben zum Aufbau der Verpackung, Umgang mit gefährlichen Produkten und dem zu verwendenden Material.

Für alle Zertifizierungsstufen (Tier 1 bis Tier 3) schreibt Amazon vor, dass Produktverpackungen stets sechseckig und rechteckig sein müssen. Ziel ist es, Pakete möglichst einfach stapeln und im Paketzustellnetz transportieren zu können. Alle Paketformen müssen zudem durch die ISTA 6-Amazon.com Testmethode validiert werden, bevor sie zum Einsatz kommen dürfen, und es muss sichergestellt werden, dass alle offenen Kanten ausreichend versiegelt sind. Stringent ist Amazon ebenfalls in den Vorgaben zu den Mindestmaßen. Zertifizierungen von Verpackungen nach Tier 1 (FFP) oder Tier 2 (SIOC) müssen mindestens 203,2 mm lang, 119,9 mm breit und 9,5 mm hoch sein. Kleinere Produktverpackungen können nur auf Basis von Tier 3 (PFP) zertifiziert werden, da sie zum Schutz des Produktes einen Umkarton von Amazon erfordern.

Während die eben genannten Anforderungen den Fokus auf ein leichteres Handling von Paketen im Amazon Fulfillment Center abzielen, möchte Amazon aber auch ein positives Kundenerlebnis sicherstellen. Daher müssen sich nach Tier 1 (FFP) zertifizierte Produktverpackungen innerhalb von 120 Sekunden vollständig öffnen lassen – und dies bei nur minimalem Einsatz von Hilfsmitteln wie Schere oder Kartonschneider.

Abbildung 1: Zertifizierungsanforderungen Teil 1

Eine weitere Anforderung an alle Zertifizierungsstufen ist die eindeutige Verpackungskennzeichnung und Etikettierung auf dem Paket mit allen erforderlichen Handlungshinweisen. Produkte, die als gefährlich eingestuft werden (HAZMAT) können generell nur auf Basis von Tier 3 (PFP) zertifiziert werden, da hier die Anwendung von zusätzlichem Füllmaterial und eines Umkartons zum Schutz möglich sind. Zur Reduktion von Verpackungsabfall setzt Amazon voraus, dass Tier 1 (FFP) zertifizierte Verpackungen ein Verhältnis von Produkt zu Verpackung von mindestens 30% aufweisen. Ebenfalls zu beachten ist die Anwendung von ausschließlich wiederverwertbaren Materialien, wozu Wellpappe und andere Materialien auf Papierbasis zählen sowie spezifische recycelbare Kunststoffkomponenten.

Abbildung 1: Zertifizierungsanforderungen Teil 2

Amazon hat im Rahmen seiner „Verpackungsmission“ verschiedene Grundsätze festgelegt. Zum einen muss die Verpackung so designt sein, dass keine zusätzliche Umverpackung und damit auch kein Vorbereitungsaufwand im Amazon-Fulfillment-Center erforderlich sind. Gleichzeitig muss gewährleistet werden, dass die Verpackung während der gesamten Lieferkette ausreichend Schutz für das Produkt vor Beschädigungen bietet. Jegliches Verpackungsmaterial muss recycelbar sein, um dem ökologischen Fußabdruck zu senden.

Abbildung 3: Grundsätze der Verpackungsmission von Amazon

Verknüpft man nun die Grundsätze der Verpackungsmission von Amazon mit den Anforderungen and die Zertifizierungsstufen, wird deutlich, dass nur die Tier 1 (FFP) Stufe alle vier Grundsätze erfüllt und sich Tier 2 (SIOC) auf den Produktschutz und die Abfallreduzierung konzentriert.

Abbildung 4: Zusammenfassung der Zertifizierungsanforderungen

Implementierungsschritte für die Zertifizierung

Mit dem Anspruch das kundenzentrierteste Unternehmen der Welt zu sein, überwacht Amazon kontinuierlich Schäden an Produkten zum Schutz einer positiven Kundenerfahrung. Dies spiegelt sich auch in der Komplexität und dem Anspruchslevel an die Zertifizierung von Produktverpackungen wider.

Ausgangslage des Zertifizierungsprozesses sind Artikel bzw. Verpackungen, die bislang noch ungeprüft sind. Hersteller müssen das Verpackungsmaterial in von Amazon akkreditierten Testlaboren nach dem ISTA-6-Amazon.com Testverfahren zertifizieren lassen. Das Testprogramm umfasst Vibrations- und Schocktests zur Simulation von Vibrationen und Schocks auf Ladeflächen verschiedener Transportmittel wie Eisenbahnen, Lastwagen, Schiffe oder Flugzeuge. Fall- und Kipptests sollen vertikalen Stoßbelastungen beim Transport und Tragen der Pakete simulieren. Belastungen von oben bei Transport oder Lagerung werden mit Druckversuchen geprüft und Klimatests dienen der Simulation von klimatischen Auswirkungen auf das Material.

Produktverpackungen, die alle Tests bestehen und damit ein positives Zertifizierungszeugnis erhalten, können mit den zugehörigen ASINs (Amazon Standard Identification Number) über das Vendor Central hinterlegt werden und unterliegen ab sofort keinerlei Chargebacks mehr. Hersteller bzw. Lieferanten können sich bei Nicht-Bestehen der Testverfahren auch Test- und Designunterstützung über das „Amazon Packaging Support and Supplier Network (APASS) holen.

Abbildung 5: Zusammenfassung der Zertifizierungsanforderungen

Mit erfolgreicher Zertifizierung ist der Prozess allerdings nicht abgeschlossen. Amazon überwacht kontinuierlich, ob es zu Produktbeschädigungen kommt, um den Kundenschutz zu wahren und kann die Anwendung einer neuen Verpackung von Herstellern bzw. Lieferanten verlangen.

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Mehr als 4,05 Mrd. Sendungen wurden in Deutschland im Jahr 2020 versandt. Mit steigendem Paketaufkommen steigt aber auch die Flut an Verpackungsmaterial. Ein hoher Anteil an Sendungen geht auf den E-Commerce-Giganten Amazon zurück. Amazon hat sich der Herausforderung zur Reduktion von Verpackungsmaterial gestellt und das „Frustration-Free-Packaging“-Programm ins Leben gerufen zur Verbesserung des Kundenerlebnisses und zur Verringerung der Umweltauswirkungen des Konsums. Im ersten Teil der zweiteiligen Blogreihe zu „Amazon Frustration-Free-Packaging“ erläutern wir den Ursprung und die Konzeption des Programms. Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit Anforderungen an Hersteller zum Erhalt von Verpackungszertifizierungen und beschreibt einen dreistufigen Umsetzungsansatz.

Es lebe der Versandhandel – und die Verpackungsmaterialflut

Es lebe der Versandhandel mag sich einer denken, der die Entwicklungen bei Paketzustellern in letzter Zeit beobachtet hat. Bereits vor der Corona-Pandemie hat das Paketaufkommen durch den anhaltenden E-Commerce-Trend hohes Wachstum verzeichnet. Mit den staatlich verordneten Lockdowns während der Corona-Pandemie wurde dieser Trend noch weiter beschleunigt. Mit steigendem Paketaufkommen steigt aber auch die Flut an Verpackungsmaterial, das für die Sendungen genutzt wird. Umverpackung und Füllmaterial sind notwendig, um das eigentliche Produkt zu schützen bevor es den Endkunden erreicht. Wie rasant das Sendungsaufkommen gewachsen ist, wird deutlich an den Zahlen des Bundesverbands Paket und Expresslogistik e.V. (Biek).

Abbildung 1: Prognose des Sendungsaufkommens bis ins Jahr 2025

Im Jahr 2020 wurden 4,05 Mrd. Sendungen innerhalb des nationalen Paketmarktes versandt und zugestellt. Dies entsprecht einem Wachstum von 10,9% und erreicht damit einen neuen Höchstwert nach lediglich 3,8% Wachstum im Jahr 2019. Betrachtet man lediglich den B2C-Paketversand, so liegt die Wachstumsrate für das Jahr 2020 sogar bei 18,9% (Vorjahr: 8,3%), was auf das stark wachsende E-Commerce-Geschäft zurückzuführen ist. Mit diesen Auswirkungen hat auch der Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V. seine jährliche Wachstumsprognose von ursprünglich 4% auf 7% pro Jahr nach oben korrigiert und prognostiziert ein Sendungsaufkommen von 5,68 Mrd. Sendungen im Jahr 2025.

Auch wenn E-Commerce und der Versandhandel eine „Convenience“-Dienstleistung ist und in Zeiten der Corona-Pandemie viele Bürgerinnen und Bürger mit Produkten versorgt hat, die aufgrund von Schließungen des stationären Handels nicht verfügbar waren, haben die unzähligen Paketsendungen auch eine Schattenseite: Sinkende Umsätze im stationären Einzelhandel, lange Transportwege von Produkten und damit verbundene CO2-Emissionen sowie die Verwendung von Verpackungsmaterial. Dem Thema Verpackungsmaterial im Kontext von E-Commerce widmen wir die nachfolgenden Ausführungen und gehen dabei auf das „Frustration-Free Packaging“-Programm von Amazon ein.

Der Ursprung von „Frustration-Free-Packaging“ von Amazon

Amazon ist unangefochten ein Gigant auf dem weltweiten E-Commerce-Markt. Die immer weiter steigenden Umsatzzahlen zeigen das große Interesse von Konsumenten die Services von Amazon zu nutzen und sich kontinuierlich beliefern zu lassen. Daher geht ein hoher Anteil des Sendungsaufkommens auf Amazon zurück. Programme wie Amazon Prime begünstigen dabei hohe Bestellfrequenzen bei immer kleiner werdenden Bestellvolumina.

Abbildung 2: Das Amazon-Ökosystem

Amazon ist aber auch als Innovationstreiber bekannt und hat sich längst vom reinen Online-Händler zu einem Ökosystem an Services entwickelt. Mit dem Ziel, das kundenzentrierteste Unternehmen der Welt zu sein, hat Amazon das Feedback der Kunden angenommen und sich der Herausforderung zur Reduktion von Verpackungsmaterial gestellt. Entstanden ist das „Frustration-Free-Packaging“-Programm mit einer Reihe von Grundprinzipien, Testmethoden und Zertifizierungsprozessen zur Verbesserung des Kundenerlebnisses, zur Verringerung der Umweltauswirkungen des Konsums, zur Senkung der Kosten in der Lieferkette und zur Erschließung zusätzlicher Auswahlmöglichkeiten.

Abbildung 3: Grundsätze der Verpackungsmission von Amazon

Die von Amazon festgeschriebene Verpackungsmission richtet sich an Hersteller, die auf Amazon verkaufen und umfasst vier Grundsätze. Zum einen muss die Verpackung so designt sein, dass keine zusätzliche Umverpackung und damit auch kein Vorbereitungsaufwand im Amazon-Fulfillment-Center erforderlich sind. Gleichzeitig muss gewährleistet werden, dass die Verpackung während der gesamten Lieferkette ausreichend Schutz für das Produkt vor Beschädigungen bietet. Jegliches Verpackungsmaterial muss recycelbar sein, um dem ökologischen Fußabdruck zu senden. Da auch das Thema „Customer Experience“ seit jeher ein zentraler Wert für Amazon ist, muss die Verpackung leicht für die Kunden zu öffnen sein.

Zertifizierungslevel und Mehrwerte

Zur Umsetzung der „Verpackungsmission“ von Amazon wurden drei verschiedene Zertifizierungslevel mit unterschiedlichen Zielsetzungen entwickelt. Das höchste Level „Frustration-Free-Packing (FFP)“ (Tier 1) verfolgt das Ziel, das Kundenerlebnis maßgeblich zu steigern und gleichzeitig Nachhaltigkeit sicherzustellen. Produktverpackungen dieser Stufe benötigen keine zusätzliche Umverpackung von Amazon für die Auslieferung an Konsumenten. Alle Verpackungsmaterialien sind wiederverwertbar, nur das notwendigste an Material ist erforderlich und die Verpackung lässt sich leicht vom Kunden öffnen.

Verpackungen in der Zertifizierungsstufe „Ship-in-own-container (SIOC)“ (Tier 2) verfolgen das Ziel der Reduktion von Abfall. Maßgeblich ist, dass von Amazon kein zusätzliches Versandmaterial erforderlich ist und damit auch die Versandvorbereitung bei Amazon stark reduziert wird. Die dritte Zertifizierungsstufe „Prep-Free-Packaging (PFP)“ (Tier 3) ist lediglich darauf ausgerichtet, dass die Versandvorbereitung durch Amazon minimiert wird.

Abbildung 4: Zertifizierungslevel und Zielsetzungen von Amazon

Seit dem 1. Oktober, 2019 müssen alle Artikel mit Produktverpackungen mit Abmessungen von mehr als 45,5 cm x 34,0 cm x 26,5 cm oder mit einem Gewicht von mehr als 12,3 kg als Tier 1 (Frustration-Free-Packaging) oder Tier 2 (Ship-in-own-container) zertifiziert werden. Alle in Frage kommenden Produkte, die nicht als Tier 1 (FFP) oder Tier 2 (SIOC) zertifiziert sind, werden mit einer Rücklastschrift (Chargeback) von 1,70 Euro pro eingegangene Einheit im Amazon-Fullfilment-Center belegt. Die Rückbuchungen (Chargebacks) gelten sowohl für Verkäufer als auch für Händler, die Produkte an die Amazon Fulfillment Center liefern. Ausgenommen von den Rücklastschriften sind Produkte, die eine Gefahrenklassifizierung aufweisen sowie Drop-Shipment Artikel, die nicht das Amazon-Fullfilment-Netzwerk nutzen. Pakete kleiner als die Mindestmaße von 20,3 cm x 12,0 cm x 1,0 cm können sich nur für die Tier 3 (PFP)-Zertifizierung qualifizieren und zertifiziert werden, da Amazon Versandverpackungen noch erforderlich sind für diese Pakete.

Abbildung 5: Vorteile der Verpackungszertifizierung bei Amazon

Amazon ist bekannt dafür seine Hersteller für die Nichteinhaltung finanziell zu bestrafen. So auch im Rahmen des „Frustration-Free-Packaging“-Programms, das nur diejenigen begünstigt, die ihre Produkte gemäß der beiden höchsten Zertifizierungsstufen Tier 1 (FFP) und Tier 2 (SIOC) zertifizieren lassen und damit das volle Nutzungspotenzial ausschöpfen. So sind diese Produkte nicht von „Prep Chargebacks“ und „FFP/SIOC Chargebacks“ betroffen. Ergänzend kommt hinzu, dass Einsparungen in Bezug auf Verpackungsmaterial und Transportgeneriert werden – sowohl für Amazon als auch die Hersteller. Schwach ausgeprägt ist die Zertifizierungsstufe Tier 3 (PFP), bei der lediglich „Prep Chargebacks“ ausgeschlossen werden.

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Online-Marktplätze stellen für Markenhersteller im E-Commerce, welche keine reinen D2C Vertriebsstrategien verfolgen in der Regel den wichtigsten Absatzkanal dar. Das rasante, stets zweistellige Wachstum von Online-Marktplätzen wurde durch die COVID-19 Pandemie noch deutlich beschleunigt. Grund genug, sich aus Sicht eines Markenherstellers mit Verhandlungsstrategien zu beschäftigen. In der Praxis stellen diese Verhandlungen nicht selten den größten Werttreiber sämtlicher E-Commerce Teilprojekte dar.  

 1      Übersicht relevanter Marktplätze in Deutschland

In Deutschland gibt es bereits zahlreiche Marktplätze. Dieser Trend wurde zusätzlich dadurch gesteigert, dass diverse Pure-Player wie Zalando, aber auch Multi-Channel Formate wie OTTO im Rahmen der eigenen Geschäftsmodell-Evolution zu einem Online-Marktplatz wurden. Betrachtet man die Reichweite der Marktplätze und das damit verbundene Absatzpotenzial, so bleiben wenige Marktplätze übrig, mit denen sich eine nähere Beschäftigung aus Sicht des Markenherstellers lohnt. Abbildung 1 zeigt eine Auswahl relevanter Online-Marktplätze in Deutschland:

Abbildung 1: Bewertung relevanter Marktplätze in Deutschland

Während sich eBay, OTTO Market und Real als kooperativer Marktplatzbetreiber gegenüber den Lieferanten präsentieren, indem transparente Konditionen vorgeschlagen werden und das Onboarding eines neuen Lieferanten i.d.R. sehr partnerschaftlich abläuft, stellt Amazon hohe Anforderungen an die Durchsetzung seiner gewünschten Terms & Conditions. Nun verwundert dies nicht, da mehr als jeder zweite Euro im deutschen B2C E-Commerce über Amazon abgewickelt wird. Grund genug, sich aus Sicht eines Markenherstellers primär auf Amazon im Vendor-Modell hinsichtlich der Verhandlungsstrategie zu konzentrieren.

 

2      Verhandlungsstrategie für Markenhersteller auf Amazon

“Everything is negotiable. Whether or not the negotiation is easy is another thing”.

Carrie Fischer, US-amerikanische Schriftstellerin

So leicht und angenehm es für Kunden ist, auf Amazon zu bestellen, so herausfordernd ist es für Hersteller, das Potenzial der eigenen Marke auf Amazon auszuschöpfen, sich gegen eine Vielzahl an D2C Brands hinsichtlich der Visibilität zu behaupten und gleichzeitig profitabel zu bleiben. Spätestens seit dem Strategiewechsel Ende 2019 in Europa, der bedeutet, dass die Ziele den Kunden die größte Selektion an Artikeln bieten zu wollen, nunmehr der Erzielung von Profitabilität in seiner Reihenfolge weichen musste, sind Verhandlungen und Jahresgespräche mit Amazon noch herausfordernder geworden und nähern sich allmählich dem Niveau der USA an. Die Zusammenarbeit mit Amazon besteht sowohl aus der laufenden operativen Zusammenarbeit, bei dem „mehr oder weniger“ Kommunikation mit dem Vendor Manager anfällt, als auch aus Jahresverhandlungen. Marken, die das Amazon-Potenzial realisieren wollen, sollten beide Bereiche gut beherrschen. Die Jahresgespräche mit Amazon stellen Markenhersteller oft vor besondere Herausforderungen hinsichtlich der langfristigen Profitabilität ihrer Artikel, da Amazon traditionell einen ständigen Druck auf Artikelpreise, Vertragskonditionen und Strafzahlungen ausübt. Im Januar 2019 hat Amazon seine Profitabilitäts-Anforderungen an alle Artikel stark erhöht (siehe dazu ein Interview von Markus Fost, vom 08.03.2019). Dieser Wechsel wird für Markenhersteller, die im Vendor-Modell an Amazon ihre Ware verkaufen, durch folgende Faktoren spürbar:

  • Die Einführung permanent neuer Chargebacks (Ausgleichszahlungen) von Amazon erschwert die Margenplanung bei Herstellern;
  • Die direkte Erreichbarkeit der Vendor Manager wird immer schwieriger, da jeder Amazon Einkäufer zunehmend mehr Lieferanten betreut. Als zielführendste Kontaktmöglichkeit zum Vendor Manager hat sich das Ticket-System über Vendor-Central bewährt, wodurch allerdings relativ lange Bearbeitungszeiten entstehen;
  • Als Lösung wird ein Amazon Vendor Service (AVS) angeboten, der sich explizit um alle Anliegen eines Herstellers kümmern sollte. Dabei liegt der Preis für einen AVS bei ca. 180k EUR p.a. Allerdings betreut ein AVS nicht nur einen Vendor, sondern gleich 8-12 Lieferanten, was somit dessen Verfügbarkeit für einen konkreten Vendor erschwert und auch das in der Regel unattraktive Preis-Leistungsverhältnis aufzeigt;
  • Die Anforderungen von Amazon an Einkaufspreise, Vertragskonditionen (sogenannte „Front- & Backend Terms“) und Marketingbudgets steigen kontinuierlich an. Dies drückt die Profitabilität vieler Marken nach unten, da solche Zusatzausgaben durch einen höheren Umsatz nicht immer überkompensiert werden können;
  • Seit einiger Zeit melden Hersteller vermehrt Fälle, bei denen ihre Artikel von Amazon nicht nachbestellt werden. Während dafür früher hauptsächlich solche Gründe wie z.B. das CRAP-Out (Cannot Realize Any Profit) oder der Buybox-Verlust verantwortlich waren, werden heutzutage solche Auslistungs-Entscheidungen von Amazon oft gar nicht begründet.

Die vorgenannten Punkte machen deutlich: Amazon wird auch in Zukunft versuchen, Einfluss auf die Lieferanten auszuüben und dies über Jahresverhandlungen zu verwirklichen. Um dies zu vermeiden, sollten sich Hersteller rechtzeitig mit einer professionellen Strategie auf Jahresverhandlungen mit Amazon vorbereiten. Um dies zu realisieren, bietet sich die nachfolgende Vorgehensweise mit 5 Schritten an, mit denen Sie die Jahresgespräche mit ihrem wichtigen Online-Partner erfolgreich durchführen können.

 

2.1    Schritt I: Einführung von Amazon Performance Management (APM)

Ein erster Grundstein für die erfolgreichen Verhandlungen mit dem nicht margengetriebenen Online-Unternehmen aus Seattle ist eine Ist-Analyse der eigenen Sortiments-Performance auf Amazon. Wir sprechen hier von Amazon-Performance-Management (APM). Hierzu haben wir ein ausführliches Whitepaper verfasst, welches Sie unter dem folgenden Link downloaden könnten. Dazu gehört ein ganzheitliches Bild über die Umsätze, Profitabilität und Marketing-Performance auf Einzelartikelebene. Wichtig ist dabei, die Ist-Analyse mit den tatsächlichen Zahlen zu belegen. Hier gibt Amazon seinen Lieferanten das beste Beispiel, denn die Entscheidungen von Amazon sind sowohl hinsichtlich der Vendoren als auch der eigenen Organisation immer rein datengetrieben. Für diese Analyse bietet sich der Aufbau eines Amazon-Performance-Management (APM) Tools an (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Übersicht eines APM Cockpits von FOSTEC & Company

 

2.2    Schritt II: SWOT-Analyse für die Jahresgespräche

Ein zweiter Schritt auf dem Weg zu den erfolgreichen Jahresgesprächen mit Amazon besteht in einer detaillierten Analyse der eigenen Position gegenüber Amazon. Welche Stärken besitzt die eigene Marke? Welcher Marktanteil besteht im deutschen Markt? Welche weiteren Entwicklungschancen hat das Unternehmen und seine Produkte? Abbildung 3 zeigt eine beispielhafte Bewertung eines Unternehmens im Rahmen einer SWOT-Analyse als Vorbereitungs für die Jahresverhandlungen mit Amazon.

Abbildung 3: Exemplarische SWOT-Analyse für die eigene Positions-Bestimmung in den Amazon-Verhandlungen

Die Ergebnisse der SWOT-Analyse werden an Amazon nicht herausgegeben und gelten als Grundlage für die eigene Standort-Bestimmung gegenüber Amazon. Der Hersteller sollte dabei nicht nur sich selbst kritisch betrachten, sondern auch feststellen, ob und wie er durch die Zusammenarbeit mit Amazon die eigenen Ziele erreichen kann. Welche Ziele man sich dabei setzen sollte, wird in Schritt III unserer Verhandlungsstrategie erläutert.

 

2.3    Schritt III: Klare Ziele und Verhandlungstechniken

Die Basis für die Ausarbeitung der Verhandlungsstrategie bilden nicht nur die Ist-Zahlen aus Schritt I und die SWOT-Analyse aus Schritt II, sondern auch klar definierte Ziele des Herstellers in Bezug auf die anstehenden Vertragsverhandlungen. Was will das Unternehmen mit diesen Verhandlungen erreichen? Welche Konditionen werden vom Hersteller angestrebt? Bei welchen Konditionen kann der Hersteller nachgeben und bei welchen soll er den Wert reduzieren? Inwieweit diese Ziele durchgesetzt werden können, hängt im Wesentlichen von der Relevanz des Herstellers aus Sicht von Amazon ab. Letztere bestimmt neben der Markenstärke primär der Marktanteil des Lieferanten auf Amazon im jeweiligen Produktsegment. Diese sollte im Vorfeld der Verhandlung gemessen werden.

Abbildung 4: Zwei exemplarische Verhandlungstechniken für Hersteller

 

Im ersten Strategie-Ansatz wird zunächst ein Vertrags-Entwurf vom Hersteller erstellt, in dem seine Konditionen für das kommende Jahr festgehalten werden. Dieses Angebot wird Amazon vorgelegt, das dann in einem iterativen Prozess dem Hersteller seine eigenen Gegenvorschläge zurücksenden wird. Diese Vorgehensweise zeichnet sich durch einen nicht unerheblichen Zeit- und Ressourcenaufwand aus, der in die einzelnen Iterationen investiert werden muss. Nichtsdestotrotz bietet auch dieser Weg einige Vorteile für den Hersteller: So zeigt der Hersteller seine Bereitschaft, mit Amazon zu verhandeln, wodurch eine gute Beziehung mit dem Online-Partner etabliert werden kann.

Im Gegensatz zum ersten Ansatz sind in der zweiten strategischen Vorgehensweise „One offer to close“ keine einzelnen Iterationsschleifen vorgesehen. Das Ziel in diesem Ansatz ist es, die zu verhandelnden Konditionen im Voraus intern beim Hersteller zu definieren und dieses Angebot Amazon nur einmal vorzulegen. Der Hersteller zeigt dadurch auch seine starke Verhandlungsposition. Nicht ohne Nachteile ist auch dieser Verhandlungsweg, denn der Ausschluss von Kompromissen kann dazu führen, dass keine Einigung zu Stande kommen wird. Ferner kommt dieser Verhandlungsansatz nur bei starken Lieferanten in Frage, welche über einen signifikanten Marktanteil verfügen.

 

2.4    Schritt IV: Verhandlungsszenarien

Aus der langjährigen Projekterfahrung von FOSTEC & Company lassen sich grundsätzlich fünf unterschiedliche Szenarien definieren (siehe Abbildung 5). Jedes dieser Szenarien hat einen direkten Einfluss sowohl auf die kurzfristige als auch auf die langfristige Profitabilität des Herstellers und sollte somit mit großer Sorgfältigkeit ausgearbeitet werden:

Abbildung 5: Exemplarische Verhandlungsszenarien für Hersteller

 

2.5    Schritt V: Fundierte Vorbereitung ist das A und O

Eines der wichtigsten Verhandlungsprinzipien in der Praxis nennt sich 5P: Proper Preparation Prevents Poor Performance. Dieses bedeutet, dass Hersteller rechtzeitig mit einer fundierten Vorbereitung beginnen sollte. Dabei empfehlen sich insbesondere für die Verhandlungsszenarien Rollenspiele, die mit dem Verhandlungsteam des Herstellers und einem Moderator durchgeführt werden. In diesem Rollenspiel übernimmt der Moderator oft die Rolle des Vendor Managers und geht mit dem Hersteller-Team die einzelnen Szenarien durch. Das Ziel ist dabei, dass die eigenen Mitarbeiter ein klares Gefühl dafür gewinnen, welche Ziele der Vendor Manager in den Jahresverhandlungen verfolgt und wie sich beide Seiten (Hersteller und Amazon) gegenseitig helfen können, ihre Ziele zu erreichen.

 

3      Fazit

Dieser Beitrag macht deutlich, dass die Verhandlungen mit Amazon keine leichte Station für die meisten Hersteller darstellen. Wer in den Jahresgesprächen gute Ergebnisse erzielen will, sollte deshalb ausreichend Zeit in die Vorbereitung, Simulation und konsequente Umsetzung der erarbeiteten Verhandlungsstrategie investieren.

Vor allem vor dem Einstieg in das Amazon Vendor Modell sollte ein optimales Vertrags- und Konditionenmodell aufgebaut werden, denn dies stellt für die nachfolgenden Jahr die Baseline einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung mit Amazon dar und ist hinsichtlich der nachhaltigen Profitabilität eines Herstellers auf Amazon elementar.

 

Bestandteile einer Amazon Strategie

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