Nach langem Warten und viel Spekulation zum tatsächlichen Starttermin, hat Amazon seinen Lieferdienst für Lebensmittel – Amazon Fresh – nun auch in Deutschland gestartet. Zunächst ist der neue Service lediglich für die Prime Kundschaft in bestimmten Gebieten von Berlin und Potsdam verfügbar. Ob die eigene Adresse bereits dabei ist lässt sich über eine Postleitzahlsuche unter www.amazon.de/fresh herausfinden.

Abbildung 1: Amazon Fresh Postleitzahlsuche

Eine Prime Mitgliedschaft vorausgesetzt, können sich die Anwohner in den Pilotgebieten von Amazon (bzw. dem Kooperationspartner DHL) frische Lebensmittel liefern lassen. Momentan kann aus einem Sortiment von ca. 85.000 Produkten gewählt werden. Davon sind nach Angaben des Onlinehändlers mehr als 100 Produkte von kleinen lokalen Geschäften erhältlich. Rein von der Anzahl der verfügbaren Produkte spielt Amazon damit bereits zum Start in einer Liga mit einem größeren Supermarkt der ca. 60.000-70.000 Produkte im Angebot hat.

Kunden die Ihre Bestellung bis mittags übermitteln können diese bereits am gleichen Tag ab 16 Uhr in Empfang nehmen. Kunden die Ihre Bestellung abends bis 23 Uhr aufgegeben, erhalten die Lieferung am Folgetag zur gewünschten Zeit (innerhalb eines 2 Stunden-Slots) – das Ganze ist von Montags bis Samstags verfügbar. Liefergebühren fallen nur für Bestellungen unter einem Warenkorbwert von 40 EUR an. Dieser Service kostet für Prime Kunden zukünftig 9,99 EUR pro Monat.

Der Start von Amazon Fresh betrifft allerdings nicht nur Endverbraucher die sich Ihren Wocheneinkauf bequem nach Hause liefern lassen möchten. Denn in der neuen Kategorie sind die Marktanteile für Hersteller und Händler noch zu verteilen. Wer hier erfolgreich mitspielen möchte, sollte sich schnellstmöglich um die Listung eines passenden Produktsortiments mit hochwertigen Inhalten (d.h. Fotos, Videos, Texten mit hilfreichen Beschreibungen, etc.) bemühen. Wie bereits bei anderen Produktkategorien trifft ein Kunde die Kaufentscheidung in der Regel auf der Produktdetailseite. Da hier im Gegensatz zum stationären Ladengeschäft die Empfehlung eines kompetenten Verkäufers fehlt, entscheidet neben Preis und Verfügbarkeit vielfach die Produktpräsentation über Kauf oder Abbruch eines Konsumenten. Daher empfiehlt sich für Hersteller und Händler die in der Lebensmittelkategorie erfolgreich sein wollen, eine klare Marktplatzstrategie zu entwickeln und diese systematisch umzusetzen. Wie in Abbildung 2 zu sehen gibt es dazu aus Anbieter Perspektive mit den drei Varianten Vendor, Marketplace sowie Marketplace & Fulfillment by Amazon (FBA) verschiedene Optionen. Welche sich davon für Hersteller und Händler empfiehlt muss im Rahmen einer Marktplatzstrategie für den Einzelfall geprüft werden.

Abbildung 2: Übersicht wesentlicher Anbieter- und Nachfrager-Bereich im Amazon-Ökosystem

Aktuell scheinen sich jedenfalls sowohl Hersteller und Händler als auch Endverbraucher die nicht in den Pilotenstädten Berlin und Potsdam wohnen noch weiter gedulden zu müssen. Jedenfalls macht Amazon keine Angaben dazu wann der Amazon Fresh Service auch in anderen Städten verfügbar sein wird.

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Multi-Channel Preisstrategie – warum die Preistransparenz im E-Commerce eine kanalübergreifende Strategie erfordert

Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen online und offline Handel zeigt sich in Bezug auf das Thema Pricing: Im stationären Handel lassen sich Preise in der Regel nur schwer schnell vergleichen und auch die Ausnutzung bestehender Preisunterschiede erfordert einen gewissen Aufwand (z.B. durch einen physischen Standortwechsel zu einem anderen Geschäft). Dahingegen besteht im Onlinegeschäft meist volle Transparenz, bei der Preise einfach verglichen werden können und die Nutzung von Preisunterschieden nur einen Mausklick entfernt ist oder im B2B Bereich teils sogar durch vollautomatisierte Einkaufssysteme erfolgt.

Vor diesem Hintergrund werden vor allem rein preisorientierte Anbieter animiert durch immer weitere Preissenkungen möglichst viele Kunden zu gewinnen und lediglich über große Volumina Erträge zu erzielen. Die Folgen einer solchen Preiserosionsdynamik sind insbesondere für Markenhersteller verheerend. Das Risiko ist eine zunehmende Verwässerung der Marke und eine rein auf Preissenkungen konditionierte Käuferschaft. Zusätzlich bekommen die Hersteller Druck von „treuen“ Distributoren die im Rahmen des eigentlichen Hersteller Konditionsmodells anbieten, eine markengerechte Präsentation von Produkten und Leistungen übernehmen und so zur Markenbildung beitragen, aber im Wettbewerb mit den preisfokussierten Anbietern keine oder nur geringere Umsätze realisieren können. In diesem Kontext wird klar, dass die Kontrolle von Preisen und Preisänderungen im E-Commerce von entscheidender Bedeutung ist.

Doch die beschriebene Preistransparenz und die damit verbundenen Folgen betreffen nicht nur ausschließlich den E-Commerce. Bestehen – wie im Normalfall – keine strikt getrennten online und offline Produktsortimente wäre eine reine E-Commerce Preisstrategie aus folgenden Gründen viel zu kurzsichtig. Zum einen erfolgt der Preisvergleich durch die weite Verbreitung des mobilen Internets längst nicht mehr zwischen mehreren offline Geschäften, sondern zwischen offline Geschäften und online Stores. Beim sogenannten „Showrooming“ nutzen Konsumenten den stationären Handel zwar zur Produktauswahl, tätigen den Kauf dann aber über den online Handel mit bequemer Lieferung nach Hause – teilweise noch direkt vor Ort im stationären Handel. Zum anderen tragen auch vermeintliche offline Distributionskanäle zur zuvor beschriebenen Preiserosion bei. Denn neben Herstellern vertreiben auch die verschiedensten Anbieter Produkte über online Vertriebskanäle. Die Folge davon ist – insbesondere bei nicht-selektiven Vertriebssystemen –, dass der Warenfluss schlichtweg nicht zu kontrollieren ist.

 

  • Anbieter: Schließt man private Anbieter aus, sind es vor allem Hersteller, Großhändler, E-Commerce Player, Fachhändler sowie andere (z.B. Produktionsverbindungshandel) die als geschäftliche Anbieter auftreten

 

  • Online Vertriebskanäle: Im Wesentlichen werden folgende drei online Distributions- und Vermarktungskanäle von geschäftlichen Anbietern genutzt: Online Shops, Online Marktplätze und Preissuchmaschinen

 

Diese fehlende Kontrollierbarkeit des Warenflusses nutzen Spieler wie Amazon, wo verschiedenen Sourcing-Quellen zur Preisoptimierung genutzt werden, voll aus. Mit dedizierten Sourcing-Teams wird eine systematische Einkaufspreisoptimierung betrieben: Beim Cross-Border-Sourcing wird etwa die Hersteller-Organisationsstruktur ausgespielt indem für ein Bestimmungsland bei verschiedenen Länderorganisationen eingekauft wird. Typisch ist auch, dass Amazon direkt bei Großhändlern einkauft und so bessere Preise erzielen kann als direkt beim Hersteller. Diese Preisvorteile werden dann durchaus an die Kunden des Marktplatzes weitergegeben was auch hier zur zuvor beschriebenen Preiserosionsdynamik beiträgt.

Abbildung 1: Beispiel einer durch Amazon-Vendor getriebenen Preiserosion

(Eine solche Preiserosionsanalyse lässt sich beispielsweise mit dem freizugänglichen Analysetool https://de.camelcamelcamel.com/ für Amazon erstellen)

Abbildung 2: Anbieter-Kanal-Distributionsmatrix

 

Wie in Abbildung 2 zu sehen, agiert Amazon maßgeblich in drei Bereichen:

  • Amazon Vendor: Im Amazon Vendor Modell bezieht Amazon die Ware direkt vom Hersteller oder weicht auf andere Lieferanten wie Großhändler, etc. aus. In diesem Modell verkauft Amazon unter eigenem Namen und ist entsprechend für das Pricing als auch das möglichst effiziente Sourcing zuständig. Entsprechend ist Amazon permanent auf der Suche nach neuen, günstigeren Warenbezugsquellen.
  • Amazon Direct Sourcing: Neben dem klassischen Vendor Modell betreibt Amazon in Luxemburg eine direkt Sourcing-Einheit. Diese versucht über große Einkaufsvolumina ein internationales und möglichst direktes Sourcing zu betreiben. Im Sinne einer Disintermediation sollen dabei möglichst viele Stufen der Wertschöpfungskette übersprungen werden, um so noch bessere Preise zu realisieren. Entsprechend ergeben sich für Hersteller neben einem Wettbewerb z.B. mit Großhändlern auch Cross-Border Herausforderungen, d.h. das eigene Länderorganisation sich gegenseitig im Preis unterbieten und so ein ungewollter Wettbewerb innerhalb der Herstellerorganisation entsteht. Angesichts Amazons „unschlagbar geringer“ Logistikkosten ist ein solches Sourcing für den Online Marktplatz äußerst attraktiv.
  • Amazon Marktplatz: Im Amazon Marktplatz Modell verkaufen Drittanbieter auf eigene Rechnung und nutzen dafür ausschließlich die Infrastruktur des Amazon Marktplatzes. Im Rahmen eines Amazons Sourcing Verhaltens spielt dies also keine Rolle. Allerdings nutzen gerade Großhändler diesen Kanal, um gute Einkaufskonditionen bei Herstellern durch ein preisorientiertes direkteres Endkundengeschäft zu monetarisieren.

Abbildung 3: Beispiel einer durch Amazon-Marktplatzanbieter getriebenen Preiserosion

Das Beispiel Amazon zeigt, dass eine Preisstrategie die rein auf online Kanäle ausgerichtet ist deutlich zu kurz greifen würde und daher im Rahmen eine Multi-Channel Preisstrategie alle Kanäle umfassen sollte. Ein bewährtes Konzept, dass Lösungen für die beschriebenen Pricing-Herausforderungen bietet, ist eine systematische Multi-Channel Performance Pricing (MCPP) Strategie mit einem marktdaten- und leistungsorientierten Konditionsmodell. Durch Einbezug von erhobenen Marktdaten wird dabei im ersten Schritt der zweiten Phase (siehe Abbildung 4) zunächst eine aktuelle E-Commerce Preistransparenz für das strategisch relevante Kernsortiment hergestellt. Dabei erfolgt die Identifikation von Produkten mit starkem Preisdruck (Delta UVP vs. Marktpreis) sowie wesentlicher preistreibender Anbieter (First Mover Analyse, d.h. welcher Anbieter initiiert eine Preissenkung). Darauf aufbauend wird dann ein leistungsorientiertes Multi-Channel Konditionsmodell definiert, das neben klassischen Vertriebsleistungen (z.B. Umsatz) vor allem markenstärkende Vertriebsaktivitäten systematisch incentiviert und so den Vertrieb für rein preisgetriebene Anbieter unattraktiv macht.

Die Erfahrung zeigt, dass sich markenschädigende Preiserosionen nur mit einer solchen systematischen, kanalübergreifenden Preisstrategie nachhaltig verhindern lassen.

Abbildung 4: Multi-Channel Performance Pricing (MCPP)

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Stuttgart, 17. März 2017 Nach der Umfirmierung der FOSTEC Commerce Consultants in die FOSTEC & Company GmbH folgt nun der Soft-Launch der Website. Dabei präsentiert sich FOSTEC & Company nicht nur mit neuer Corporate Identity in klaren Farben und übersichtlichen Kacheln, sondern auch mit dem erweiterten Leistungsspektrum und hochaktuellen Inhalten.

Alle Informationen auf einen Blick

FOSTEC & Company entstammt der erfolgreichen Unternehmensberatung FOSTEC Commerce Consultants. Mit einem breiteren Leistungsspektrum unterstützen wir unsere Mandantschaft in sämtlichen strategischen Fragestellungen zur Digitalisierung. Und genau das zeigt auch die neue Website. Nicht nur durch intelligente Benutzerführung, sondern auch durch ihren anwenderfreundlichen roten Faden, der von den Kernkompetenzen der Strategieberatungs-Boutique bis zu hochaktuell aufbereiteten Inhalten führt.

Angepasst: Das neue Leistungsspektrum in seiner ganzen Breite

Die Umfirmierung schaffte auch die Grundlage das Leistungsspektrum der FOSTEC & Company GmbH zu erweitern.Das breiter aufgestellte Leistungsportfolio haben wir gezielt nach den Bedürfnissen unserer Mandantschaft konzipiert“, sagt Markus Fost. Denn die Bereiche Intelligence, Strategie, Digitalisierung, E-Commerce und Execution zählen zu den primären Herausforderungen der Kunden zu denen multinationale Konzerne und mittelständische Unternehmen aus einem breitgefächerten Branchenumfeld zählen.

Aufgeräumt: Übersichtliche Kacheln sorgen für eine klare Struktur

Die Darstellung des Leistungsportfolios präsentiert sich übersichtlich und aufgeräumt. Die fünf Kernkompetenzen sind klar strukturiert als Kacheln aufbereitet. Dahinter zeigen Unterpunkte wie Commercial Due Diligence, künstliche Intelligenz, Third Party eRetailer Strategie etc. die Tiefe der Strategieberatung von FOSTEC & Company.

Ansprechend präsentierter Inhalt mit Tiefe

Regelmäßige Besuche der Website lohnen sich. Denn die dargestellen Inhalte werden mit den Erfahrungen der Strategieberatungs-Boutique umfassender. Mit den vielfältigen Kenntnissen unterstützt FOSTEC & Company seine Mandanten nicht nur gezielt umfassenden Strategieentwicklungen und deren  nachhaltiger Umsetzung. Die jahrelange Erfahrung zeigt sich auch in diversen Whitepapern, Publikationen und Vorträgen.

www.fostec.com – Unleash your digital potential. Now!

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mit dem Start von Amazon Business in Europa und dem damit verbundenen Vordrängen von online B2B Marktplätzen beschleunigt sich die Disruption bestehender B2B Geschäftsmodelle. Getrieben vom bequemen, medienbruchfreien B2C-Kauferlebnis wächst auch der Anspruch der B2B-Einkäufer. Je nach Branche ergeben sich daraus für Hersteller und Handel unterschiedliche Chancen & Risiken einer rechtzeitigen bzw. verschlafenen B2B-Marktplatzstrategie.

Nach Expertenschätzungen erreicht der online B2B Markt im Jahre 2020 ein Volumen von 6.700 Mrd. USD. Zu diesem Zeitpunkt wird der B2B Markt damit mehr als die doppelte Größe des online B2C Marktes (3.200 Mrd. USD in 2020) haben.[1] Aber nicht nur das Marktvolumen ist hoch attraktiv, auch die zu erwartende Wachstumsdynamik: Im Vergleich zu einem Onlineanteil von ca. 12-15% im B2C Markt, liegt der Onlineanteil im B2B Markt aktuell nur bei ca. 2-3%. Das verspricht eine dynamische, anhaltende Kanalverschiebung von Offline zu Online und stellt damit die erste Komponente eines „BIG SHIFT“ im B2B Markt dar.

[1] Frost & Sullivan, 2015


Abbildung 1: Online B2B vs. B2C Umsatz in 2020 (Frost & Sullivan, 2015)

Allerdings gibt es im Unterschied zum B2C Markt einige spezifische B2B-Herausforderungen die es zu meistern gilt. Die Komplexität der B2B Produkt- und Servicevielfalt sowie der damit verbundenen Anbieter erfordert umfassende, aber einfach zu nutzende Lösungen. Motiviert durch ihre B2C-Erfahrungen vom privaten Onlineshopping fordern immer mehr B2B-Einkäufer ein vergleichbar bequemes geschäftliches Einkaufserlebnis.

Bisher ist der europäische B2B online Markt stark fragmentiert und besteht weitestgehend aus Nischenanbietern sowie Adresslisten und Branchenverzeichnissen, d.h. dominante Marktführer – vor allem mit einem dynamischen Ökosystem – fehlen. Überhaupt zeigen die Akteure im B2B-Handel Defizite bei der Digitalisierung; häufig fehlt eine systematische Digitalisierungsstrategie Vor diesem Hintergrund sowie der erwähnten Marktattraktivität und dem beschriebenen Bedarf einer „Consumerization“ des B2B-Einkaufserlebnisses ist es wenig überraschend, dass gerade erfahrene B2C-Spieler wie Amazon mit Amazon Business oder eBay mit eBay Business Supply zunehmend auch in den B2B Markt einsteigen. Aber auch andere Akteure wie etwa der globale Marktplatz Alibaba.com, mercateo, WerLiefertWas und EuroPages sind im Markt aktiv.

Abbildung 2: Führende B2B Marktplätze und deren Produktfokus

Beispiel Amazon Business

Seit dem 6. Dezember 2016 ist etwa Amazon Business unter amazon.de/business auch in Deutschland online. Mit mehr als 100 Millionen Produkten für Geschäftskunden setzt Amazon im B2B, wie beim erfolgreichen B2C, auf eine Long Tail Strategie. Das Produktsortiment spricht eine breite Zielgruppe an: Für Restaurants, Labore, Offices und viele mehr gibt es passende Angebote. Alleine für Handwerker und Hersteller sind aktuell über 5 Millionen Artikel gelistet. Das Spektrum umfasst Schmierstoffe, Werkzeuge, Schutzbrillen, Lacke und Farben, etc. Möglich machen das vor allem die registrierten Händler die ihre Produkte über die Marktplatz-Plattform anbieten können. Getreu dem Werbeslogan „Everything you love about Amazon. For work.“ bietet Amazon Business für Käufer und Verkäufer den gewohnten Komfort der B2C-Plattform. Abbildung 3 zeigt die Evolutionsstufe des E-Commerce Reifegrads in verschiedenen Industrien auf einem Kontinuum hinsichtlich der Eignung ihres Produktportfolios für die verschiedene E-Commerce Kanäle. Dieses Kontinuum indiziert gleichzeitig das Disruptionspotential bzw. bei fehlender Strategie die Gefahr für die jeweilige Produktkategorie.

Abbildung 3: Evolution des E-Commerce Reifegrads verschiedener Industrien

Auf der B2B-Version wird das Ganze um geschäftskundenspezifische Funktionen wie beispielsweise Rechnungskauf, Multi-User Konten oder die Möglichkeit zum Anzeigen von Netto-Preisen erweitert. Amazon Business lässt sich ferner leicht in führende Einkaufssysteme integrieren. Unterstützt werden derzeit unter anderem SAP SRM, SQIQUEST, Oracle Fusion, iProcure sowie weitere Systeme.

Bedürfnisse B2B-Onlinekunden

Amazon überträgt weite Teile seiner bewährten B2C-Funktionalität auf seine B2B-Plattform und bettet die B2B Struktur vollständig im bestehenden Amazon Ökosystem mit ein. Doch was sind eigentlich die Bedürfnisse der B2B-Onlinekunden, d.h. der Verkäufer (sell-side) und der Käufer (buy-side)? Laut einer Studie zum Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce sind Käuferanfragen das relevanteste Kriterium warum Verkäufer ihre Waren online anbieten. Hauptsächliche Herausforderung scheint dabei bisher die Komplexität des Onlineverkaufs von Produkten und Services zu sein.[1] Diesbezüglich scheinen Plattformen wie Amazon Business – zumindest für standardisierte Produkte im niedrigeren Preissegment – Abhilfe zu bieten. Der bereits hohe Digitalisierungsgrad der Customer Journey zeigt sich in den Befragungsergebnissen der Käufer: Demnach sind Online Suchmaschinen dominanter Startpunkt bei der Suche nach B2B Einkaufsoptionen. Entsprechend wichtig ist eine ausreichende Online-Visibilität für die B2B Verkäufer. Die drei Hauptgründe für online Einkäufe sind eine verbesserte Usability sowie eine breitere Produktauswahl und geringere Kosten.[2] Das B2B Einkäufer zunehmend B2C Ansprüche an ihr „digitales Einkaufserlebnis“ stellen ist wenig überraschend. Aus Usability-Perspektive geht es um „Business-to-People“, d.h. es sind in beiden Fällen die gleichen Menschen, egal, ob sie gerade privat shoppen oder für ihr Geschäft einkaufen. Entsprechend ähnlich sind die Ansprüche an das digitale Einkaufserlebnis.

Übergreifend ergeben sich die in Abbildung 4 dargestellten Verkäufer- und Käuferbedürfnisse entlang einer typischen B2B E-Commerce Wertschöpfungskette. Die Relevanz der einzelnen Wertschöpfungsstufen variiert dabei aber in Abhängigkeit der Produktkategorie. Bei standardisierten Produkten im niedrigeren Preissegment ist eine volle Abdeckung der Wertschöpfungskette durch Onlineshops und Marktplätze klare Tendenz. Dahingegen ist bei komplexeren, hochpreisigen Investitionsgütern ein Medienbruch – z.B. vor dem tatsächlichen Kauf – eher wahrscheinlich. Beispielsweise wird eine Maschine im 7-stelligem Preissegment wohl – wenn überhaupt – nur selten ohne vorherige Verhandlung, d.h. Medienbruch, per „one-click-shopping“ erstanden. Hier würde sich vermutlich immer eine direkte – meist persönliche – Verhandlung zwischenschieben.

[1] ibi, Votum, Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce (2015)

[2] ibi, Votum, Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce (2015)

Abbildung 4: Käufer- und Verkäuferbedürfnisse entlang der B2B-E-Commerce-Wertschöpfungskette

Basierend auf der B2B E-Commerce Wertschöpfungskette sind vor allem die Handelsformate und Geschäftsmodelle erfolgreich, welche die beschriebenen Käufer- und Verkäuferbedürfnisse bestmöglich befriedigen. Übergreifend werben die Marktplatz-Betreiber gegenüber Einkäufern vor allem mit erhöhter Markttransparenz und einer besseren Usability und Service. Durch den Markteintritt namhafter B2C-Player (Amazon Business und eBay Business Supply) steigt der Digitalisierungsdruck auf die B2B-Brache nun merklich. Insgesamt scheinen einzelne Marktteilnehmer auf die neuen Wettbewerber durch eigene Onlineaktivitäten besser vorbereitet zu sein als andere. Kleine und mittelständische Anbieter können sogar durch Erweiterung ihres Kundenkreises von der Plattform profitieren. Kritischer sieht es bei den großen B2B-Vertretern mit „Brick-and-Mortar“ Fokus in ihrer Distributionsstrategie aus. Für Letztere besteht dringender Handlungsbedarf im Aufbau des Onlinegeschäfts. Die strategische Herausforderung ist es, das Onlinegeschäft neben ihrem kostenintensiven Direktvertrieb und dem kapitalintensiven Niederlassungsgeschäft zu positionieren.

Gerade der klassische Großhandel ist von den wachsenden online B2B Marktplätzen und der damit einhergehenden Disintermediation, d.h. dem Überspringen von Zwischenstufen auf dem Weg eines Produktes vom Hersteller zum Käufer, besonders stark bedroht. Die zu erwartende Entwicklung ist vergleichbar mit der durch Amazon getriebenen Veränderung auf dem Buchmarkt: Buchgroßhändler und Buchläden wurden bei dem Weg der Publikation vom Verlag zu den Lesern schlichtweg übersprungen. Insofern überrascht es kaum, dass laut einer Studie von Roland Berger und dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) 54 Prozent der deutschen Großhändler digitale Plattformen als größte Gefahr für das traditionelle Geschäftsmodell sehen.[1]

Die Disintermediation und das damit gemeinte Vordrängen von Online Marktplätzen wird erwartungsgemäß zu substanziellen Verschiebungen der Marktanteile führen und so massive Auswirkungen auf die B2B Branche haben. Neben der zuvor beschriebenen Verschiebung vom offline- zum online Kanal, stellt diese Verschiebung von Marktanteilen die zweite Komponente eines „BIG SHIFT“ im B2B Markt dar. Um sich dieser Marktentwicklung zu stellen und möglichst von ihr zu profitieren sollten B2B Hersteller und Händler systematische E-Commerce Strategien entwickeln. Zielsetzung dabei sollte es sein sich in dem dynamischen Marktumfeld einen möglichst nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Für welche Branchen empfehlen sich B2B-Online-Marktplätze?

Grundsätzlich ist branchenübergreifend eine zunehmende Digitalisierung der Customer Journey zu beobachten, welche die Relevanz von online Marktplätzen erhöht. Wie weit diese fortgeschritten ist, sollte aber für den Einzelfall genauer untersucht werden – eine absolute Hygieneübung im Rahmen einer systematischen E-Commerce-Strategie. Prinzipiell lässt sich die Relevanz von online Marktplätzen aber nach Produktkategorie einordnen. Geht man in einer engeren Definition davon aus, dass auf „online Marktplätzen“ eine tatsächliche Kauftransaktion stattfindet, eigenen sich aktuell vor allem standardisierte Produkte im geringeren Preissegment, d.h. vor allem Commodities sowie Produkte aus dem Wartungs-, Reparatur-, Betriebsbereich (MRO). Beispiele für online Marktplätze in diesem Bereich sind etwa Amazon Business und Mercateo. Damit verbunden sind diese transaktionsgetriebenen online Marktplätze vor allem relevant für Hersteller und Händler von Commodities in den Bereichen (Automations)-Senorik, Baugewerbe, Chemie, Elektro, Industrie, Handwerk und MRO.

Fasst man die Definition – so wie einige der Plattformbetreiber – etwas weiter, kann man unter „online Marktplätzen“ auch Folgendes verstehen: Online Verzeichnisse sowie online Plattformen über die Angebotsanfragen verschickt werden können, aber keine tatsächlichen Kauftransaktionen ausgeführt werden. Diese nicht-transaktionalen online Marktplätze eigenen sich auch für komplexe, hochpreisige Investitionsgüter. Hintergrund ist, dass sich auch für diese Produkte inzwischen ein Großteil der Customer Journey online abspielt, d.h. B2B-Anbieter müssen auch in den der eigentlichen Transaktion vorgelagerten Phasen (Suche und Auswahl) digital möglichst visibel sein und Informationsbedürfnisse potentieller Kunden befriedigen. Beispiele für „online Marktplätze“ in diesem Bereich sind Alibaba.com für eine globale Ausrichtung und WerLiefertWas mit Schwerpunkt Europa. Relevant sind diese nicht-transaktionalen Plattformen vor allem für Hersteller und Händler von komplexen, hochpreisigen Investitionsgüter in den Bereichen Agrarwirtschaft, Baugewerbe und Maschinenbau.

Welche Relevanz B2B online Marktplätze für den einzelnen Hersteller und Händler wirklich haben und wie man diese systematisch nutzen kann, muss im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie bestimmt werden. Notwendige erste Schritte dazu sind die Bestimmung des eigenen Digitalisierungsreifegrades im Vergleich zum Wettbewerb und der Branche, sowie eine detaillierte Customer Journey Analyse der jeweiligen Zielgruppe: Bei der Bestimmung des Digitalisierungsreifegrades wird entlang verschiedener Dimensionen (u.a. Strategie, Kunden, Wettbewerber, Organisation, Technologie) analysiert inwieweit Handlungsbedarf zur Digitalisierung besteht und wo sich dieser am meisten rentiert. Das schafft Transparenz und ein einheitliches Verständnis zum digitalen „Status quo“. Die Customer Journey Analyse gibt Auskunft über das Beschaffungsverhalten der B2B Kunden entlang der gesamten Kaufphase über alle Touchpoints mit einer Marke hinweg. Abbildung 5 zeigt eine schematische B2B Customer Journey.

[1] http://www.bga.de/fileadmin/user_upload/pressebereich_2/PDFs_Pressemeldungen/PM_Digitalisierung_Grosshandel_final_041116_D.pdf

Abbildung 5: Vereinfachte Darstellung einer B2B-Customer-Journey

Wichtig im Rahmen der Customer Journey Analyse ist, die Zielgruppe in Altersschichten zu segmentieren, um analysieren zu können zu welchem Zeitpunkt der „Tsunami“ der Digital Natives in dem jeweiligen B2B Produktsegment in Entscheider-Positionen gelangen. Erfahrungsgemäß haben Digital Natives eine sehr online-lastige Customer Journey und treiben „THE BIG SHIFT“ im B2B-Segment maßgeblich voran.

Sind mit Digitalisierungsreifegrades und Customer Journey Analysis die Basis gelegt, kann mit der Entwicklung der eigentlichen Strategie begonnen werden. Dabei werden dann konkrete, individuelle Maßnahmen abgeleitet und in einer ganzheitlichen, systematischen Digitalisierungs- bzw. E-Commerce Strategie zusammengefasst.

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

FOSTEC & Company ist bekannt aus

Weitere ansehen

FOSTEC & Company GmbH

Marienstraße 17, D-70178 Stuttgart

info@fostec.com

+49 (0) 711 995857-0

+49 (0) 711 995857-99

Jetzt Kontakt aufnehmen