Das Bedürfnis von Herstellern Kunden besser zu verstehen, ist ein wesentlicher Treiber eine direkte Verbindung zum Kunden aufzubauen. Die Corona-Pandemie hat durch die temporäre Schließung des stationären Handels den „Direct-to-Consumer“ Trend verstärkt. Nicht nur Start-ups positionieren sich teils ausschließlich als „Direct-to-Consumer“-Marke, sondern auch etablierte Markenhersteller akquirieren oder bauen „Direct-to-Consumer“-Marken auf. Das Sammeln wertvoller Kundeninformationen ist ein zentraler Mehrwert eines „Direct-to-Consumer“-Ansatzes, aber zahlreiche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um erfolgreich und nachhaltig „Direct-to-Consumer“ zu betreiben. Von besonderer Bedeutung ist der Wandel der Organisation, sich vollkommen auf den Endverbraucher auszurichten.

Das Aufleben des Direct-to-Consumer Trends

Durch die Corona-Pandemie und damit einhergehende angeordnete Geschäftsschließungen im Lockdown mussten zahlreiche Hersteller ihre Vertriebsstrategie von einem auf den anderen Tag anpassen und Wege suchen, Kunden direkt zu erreichen. Für einige aus der Not entstanden, haben andere schon vor Corona-Zeiten den Trend direkt an Kunden zu verkaufen. Die Umsetzung von „Direct-to-Consumer“ kann vielfältig gestaltet werden. Hersteller können Produkte auf Online-Marktplätzen wie Amazon oder eBay listen, einen eigenen Online-Shop betreiben oder im Rahmen von Social Commerce Produkte auf Social-Media Plattformen platzieren. Während viele Hersteller mit „Direct-to-Consumer“ Neuland betreten und sich durch die direkte Verbindung zum Kunden neue Erkenntnisse über Kundenbedürfnisse erhoffen, fokussieren sich viele Start-ups häufig nur noch auf „Direct-to-Consumer“ und können ein beachtliches Wachstum vorweisen.

So neuartig Direct-to-Consumer klingt, findet es sich doch schon seit Jahrzehnten als etabliertes Vertriebsmodell. Das Geschäftsmodell von Marken wie Vorwerk und Tupperware basiert vollständig auf reinem Direktvertrieb. Neu ist hingegen, dass der E-Commerce-Vertriebskanal im Vordergrund steht und eine Verlagerung von Offline-Werbetreibenden zu Social-Media Influencern erfolgt. Die Marken Peloton, Tesla, Mermaid + Me oder everdrop sind nur als einige Beispiele zu sehen, die ihren Vertrieb ausschließlich online abwickeln und eine direkte Verbindung zum Kunden aufgebaut haben. In den letzten Jahren hat „Direct-to-Consumer“ an Beliebtheit im E-Commerce gewonnen und wird dort immer populärer.

Abbildung 1: Zur Geschichte und Zeitlosigkeit von „Direct-to-Consumer“-Marken

Mehrwerte und Voraussetzungen

Unabhängig davon ob Hersteller durch die Implikationen der Corona-Pandemie in den Direktvertrieb gedrängt wurden oder bereits davor mit ihren Kunden direkt verbunden waren, erhoffen sich alle „Direct-to-Consumer“ Anwender zahlreiche Mehrwerte.

Eine direkte Kundenbeziehung ermöglicht das Sammeln von Informationen und schafft damit ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden. Hersteller können nun direktes Feedback einholen und Produkte genauer an Verbrauchervorstellungen anpassen. Kostspielige Marktstudien und die Durchführung von langwierigen Umfragen entfallen damit. Zahlreiche Hersteller bieten sogar Personalisierungsmöglichkeiten an. Mittels in Online-Shops integrierten Konfiguratoren personalisieren Kunden ihr Produkt und erhalten diese direkt nach Hause geschickt. Andere Hersteller gehen sogar noch einen Schritt weiter und lassen Kunden an der gesamten Produktentwicklung mitwirken. Je mehr Kunden sich mit ihrem Wissen beteiligen, umso risikoloser wird die Markteinführung, da der Produkt-Market-Fit bereits im Vorfeld gesichert ist.

Hersteller gewinnen mittels „Direct-to-Consumer“ die Kontrolle über ihren Markenauftritt und die Festlegung von Preisen, da kein Distributor mehr zwischengeschaltet ist. Auch höhere Margen sind ein positiver Effekt, die sonst von Distributoren vereinnahmt werden. Doch sollte beachtet werden, dass Hersteller nun für die Produktvermarktung hauptverantwortlich sind. Der Betrieb eines eigenen Online-Shops bedingt hohe Investitionen in Performance Marketing, um ein hohes Besucheraufkommen zu erreichen und möglichst viele Interessenten zu Kunden zu konvertieren. „Direct-to-Consumer“ ermöglicht Herstellern auch, ein deutlich breiteres Produktsortiment anzubieten, was durch Limitierungen im Handel nur schwer umsetzbar ist. Während der Aufbau eines stationären Vertriebs- und Partnersystems in neuen Märkten mit hohen Investitionen verbunden ist, vereinfacht der Direktvertrieb mittels Online-Shop oder Online-Marktplatz die Expansion in neue Märkte erheblich. Im Kern hilft eine „Direct-to-Consumer“-Strategie dabei, den Kunden wieder mehr in den Vordergrund zu rücken und dessen Bedürfnisse zu verstehen!

So interessant die Mehrwerte für Hersteller klingen, bedingen sie doch teils gravierende Änderungen und viele Hersteller betreten ungewohntes Terrain. Für Unternehmen mit bestehenden Vertriebskanälen und -partnern kann es zu Kanalkonflikten mit ebendiesen kommen, da diese Umsatzverluste befürchten. Haben sich bisher Distributoren um Logistik und Produktpräsentation gekümmert, nimmt nun der Verantwortungsbereich der Hersteller zu. Der Markenauftritt auf Online-Marktplätzen und im Webshop ist zu gestalten und zu pflegen, die gesamte Customer Journey muss konzipiert und umgesetzt werden bis hin zum Aufbau eines After Sales Service. Eine besonders wichtige Komponente ist der Umgang mit den gewonnenen Daten. Diese müssen analysiert und genutzt werden – digitale Talente und neue Systeme sind häufig erforderlich. Auch die Logistik ist betroffen, denn diese muss in der Lage sein Einzellieferungen und Retouren an Endverbraucher abzuwickeln – alternativ sind externe Dienstleister einzubinden.

Viele „Direct-to-Consumer“-Marken zeichnen sich durch sehr schnelle Produktentwicklungsphasen und einen schnellen Go-To-Market aus. Intern müssen daher die Voraussetzungen für eine ebenso dynamische Arbeitskultur geschaffen werden. Daher gilt es auch abzuwägen ob eine „Direct-to-Consumer“-Marke innerhalb der existierenden Organisation aufgebaut oder doch lieber eine getrennte Organisation dafür geschaffen werden sollte.

Abbildung 2: Voraussetzungen für die Etablierung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie

Die ersten Schritte in Richtung „Direct-to-Consumer“

Um nun „Direct-to-Consumer“ erfolgreich und nachhaltig anzugehen, sollten sich Hersteller an den nachfolgenden Schritten und zugehörigen Fragestellungen orientieren:

  1. Marktpotenzial- & Trendanalyse: Wie groß ist das Umsatzpotenzial der zu etablierenden Marke und der Produkte? Welche Trends und welcher Zeitgeist bestehen, sodass die Marke und die Produkte darauf ausgerichtet werden können?
  2. Umfeldanalyse & USP-Definition: Welche Wettbewerber sind aktiv und wie sind diese im E-Commerce positioniert? Durch was zeichnen sich die Wettbewerber aus und über welche Alleinstellungsmerkmale verfügen die eigene Marke bzw. die eigenen Produkte?
  3. Definition einer Technologielandschaft: Welche IT-Systeme sind erforderlich für die erfolgreiche Umsetzung einer „Direct-to-Consumer“-Strategie und welche Komponenten bestehen bereits, um Synergien zu schaffen?
  4. Entwicklung einer Marketingstrategie: Welche Online-Marketing-Kanäle sollten ausgewählt werden, um den höchstmöglichen Return-on-Investment zu erzielen?
  5. Entwicklung einer Logistik-Strategie: Welche Logistik-Optionen kommen in Betracht und welche sollte gewählt werden, um auf die speziellen Anforderungen von „Direct-to-Consumer“ einzugehen und Kunden optimal versorgen zu können?
  6. Organisation & Governance-Design: Wie sollten Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der eigenen Organisation verteilt und geschaffen werden, um effizient und effektiv zu arbeiten?
  7. Businessplan: Welcher Nutzen und welche Kosten sind mit dem Aufbau einer „Direct-to-Consumer“-Marke verbunden und ist es profitabel?

Abbildung 3: „Direct-to-Consumer“ Strategie-Framework

Gerne unterstützen wir Sie beim Aufbau Ihrer „Direct-to-Consumer“-Strategie. Für weitere Informationen rund um die Themen E-Commerce, Digitalisierung und Transformation stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Seite.

Weiterführende Inhalte

Direct-to-Consumer Strategie E-Commerce Strategie

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

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Markus Skoda, MBA unterstützt Unternehmen bei der Strategieenwicklung und der operativen Umsetzung mit Fokus auf E-Commerce und Digitalisierung.

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Management Summary

  • Status Quo: Das Private Equity Transaktionsvolumen ist im ersten Halbjahr in Europa auf Rekordniveau – kein Abflauen wird erwartet
  • Private Equity Häuser stehen bei der Auswahl der Berater vor der Frage nach dem Fokus auf Kosten oder Qualität der Berater
  • Kostengünstige Berater können gegebenenfalls Stärken und Schwächen nicht so gut identifizieren, da standardisiert gearbeitet wird – qualitativ bessere Berater sind teurer, aber arbeiten dafür individueller und verfügen über mehr Branchenkenntnisse
  • Unternehmen aus der Digitalwirtschaft verfolgen meist ein anderes Geschäftsmodell als klassische Industrieunternehmen, zudem ändert sich der Markt konstant, daher sollten folgende Aspekte für die qualitative Arbeit beachtet werden:
    • Tiefes Verständnis der Digitalwirtschaft
    • Strategischer Weitblick hinsichtlich E-Commerce und Digitalisierung
    • Starke Vernetzung in der Digitalwirtschaft
    • Unternehmerische Denkweise
  • Private Equity Häuser sollten auf die Qualität der Berater achten, da sonst Stärken und Schwächen der zu akquirierenden Unternehmen mitunter falsch eingeschätzt werden und fehlerhafte Prognosen abgeleitet werden

1. Status Quo: Private Equity Aktivität in Europa auf Rekordniveau

Der Private Equity Markt in Europa erlebt aktuell einen massiven Aufschwung an Transaktionsvolumen. Dem Research-Institut Refinitiv zufolge, erzielte der europäische Private-Equity Markt im ersten Halbjahr 2021 ein Transaktionsvolumen von 155,8 Mrd. Dollar. Damit liegt das Volumen so hoch wie nie zuvor. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 stieg das Volumen damit um fast 100 Mrd. Dollar an. Ebenso stieg die Zahl der Transaktionen um über 50% von 991 auf 1.585 Transaktionen.

Ein Abflauen der Aktivität ist nicht zu erwarten, da in Zeiten geringer Zinsen und geringer Anleiherenditen weiter Kapital von Private Equity Häusern eingesammelt und investiert wird. Das eingesammelte Kapital erhöht weiter den Druck auf die Investoren, Deals zu schließen, um das vorhandene Kapital zu nutzen und Renditen zu erwirtschaften.

Auch in der Digitalwirtschaft in Europa werden eifrig Deals geschlossen. Zu den aktuellen Finanzierungen und Beteiligungen gehören unter anderem folgende:

  • Kreditplattform Younited erhält 170 Mio. Dollar von Goldman Sachs und Bridgepoint
  • KI-Unternehmen Tractable erhält 60 Mio. Dollar von Insight Partners und Georgian
  • KI-Unternehmen AskBrian schließt Finanzierung unter Führung von FOSTEC Ventures

 

 

 

 

 

2. Commercial Due Diligence – Ein schmaler Grat zwischen Effizienz und Qualität

Der Grat bei einer Due Diligence für Targets aus der Digitalwirtschaft zwischen Effizienz und Qualität ist schmal und falsche Prioritätensetzung kann für Private Equity Investoren teuer werden. Zu Beginn eines M&A-Prozesses sind die Informationsasymmetrien zwischen Käufer und Verkäufer sehr groß und eine gute Commercial Due Diligence kann diese Asymmetrien verringern bzw. dem Käufer in gewissen Teilen sogar einen Wissensvorsprung verschaffen.

Die Vorteile einer Standardisierung der Commercial Due Diligence liegen auf den ersten Blick auf der Hand – es können kostengünstig und schnell Ergebnisse erzielt werden. Die Inhalte und Analysen sind vordefiniert und können auf alle Unternehmen angewandt werden. Zudem können die Auswertungen von junioren Beratern ohne spezifische Branchenkenntnisse erledigt werden. Auf den zweiten Blick zeigt sich das Dilemma der Situation, da zum einen das Geschäftsmodell von Unternehmen aus der Digitalwirtschaft sich meist stark von klassischen Industrieunternehmen unterscheidet und die Branche an sich einem starken und stetigen Wandel unterliegt. Standardisierte Verfahren können diesen Spezifika meist nicht gerecht werden und die Gefahr besteht, dass Prioritäten falsch gesetzt werden und wichtige Erkenntnisse nicht aufgedeckt werden können.

Bei den Branchenspezifika sind vor allem die Themen Operations und Vertrieb zu nennen. Zum einen liegt der Schwerpunkt der Value Chain Aktivitäten bei klassischen Industrie-Unternehmen meist woanders als bei Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung. Im Normalfall liegt ein starker Fokus bei klassischen Industrieunternehmen im Bereich der Operations, d.h. die Produktion der Produkte sowie die damit zusammenhängende Logistik. Da Produktion und Logistik bei klassischen Industrieunternehmen einen großen Anteil an den Kosten haben, bringen kleine Verbesserungen bereits einen großen Effekt.

Bei Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung sind oftmals viele Bereiche der Operations ausgelagert an Dienstleister. Die Gründe dafür liegen vor allem in der Dynamik der Branche als auch der besseren Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Durch die Nutzung spezialisierter Dienstleister kann auf bestehende Infrastruktur zurückgegriffen werden und der Operations-Teil des Unternehmens muss nicht selbst aufgebaut werden. Des Weiteren kommt hinzu, dass Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung oftmals keine physischen, sondern digitale Produkte verkaufen, bei denen keine klassische Operations nötig sind.

Letztendlich bedeutet das nicht, dass für Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung das Thema Operations nicht wichtig ist. Im Gegenteil erfordert das E-Commerce Business aufgrund hoher Kundenanforderungen an Service und Lieferbarkeit meist sogar bessere Operations als bei klassischen Industrieunternehmen. Der Fokus der Unternehmen liegt dabei jedoch nicht auf den eigenen Operations, sondern vielmehr auf der Zusammenarbeit mit Dienstleistern sowie den dabei eingesetzten IT-Systemen. Das heißt, den Fähigkeiten der Mitarbeiter als auch den eingesetzten IT-Systemen kommt eine viel höhere Bedeutung zu.

Neben dem Beispiel der Operations sind meist auch die Vertriebsaktivitäten anders gestaltet als bei klassischen Industrieunternehmen. Durch dem Online-Vertrieb werden klassische Vertriebswege wie Retail-Stores ersetzt durch Online-Marktplätze oder eigene Webshops. Auch hier bedeutet es nicht, dass der Vertrieb für Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung an Bedeutung verliert, sondern dass sich der Fokus verschiebt. Zum einen gewinnt der Bereich Direct-to-Consumer (D2C) mehr und mehr an Bedeutung und zum anderen verändern sich die Key Performance Indicators (KPIs), welche für den Vertrieb relevant sind. Die Analyse des erzielten Traffics auf den Online-Marktplätzen und eigenen Webshops sowie Themen wie Conversion Rate, Advertising Cost of Sales oder Traffic-Quellen gewinnen massiv an Bedeutung. Durch vermehrte direkte und messbare Kundeninteraktion können Marketing- und Sales-Aktivitäten zudem genauer analysiert und bewertet werden.

 

3. Handlungsempfehlung – Keine Kompromisse bei der Qualität einer Commercial Due Diligence

Eine standardisierte und damit effiziente Durchführung einer Commercial Due Diligence birgt die großeGefahr, dass wichtige Stärken und Schwächen eines Unternehmens nicht erkannt werden. Der vorherige Abschnitt hat gezeigt, dass für Unternehmen aus dem Bereich E-Commerce und Digitalisierung oftmals andere Themen im Vordergrund stehen sollten als bei klassischen Industrieunternehmen. Durch die hohe Dynamik und ständige Veränderung der Marktstrukturen in dieser Branche, können standardisierte Ansätze oftmals nicht alle Feinheiten der Unternehmen aufdecken und bewerten.

Das bedeutet zum einen, dass standardisierte Verfahren bei einer Commercial Due Diligence fehl am Platz sind. Jedes Unternehmen unterscheidet sich bzgl. des Aufbaus und des Fokus des Geschäftsmodells und der Value Chain. Standardisierte Vorgehen werden dieser Individualität nicht gerecht und laufen Gefahr, dass wichtige Aspekte eines Unternehmens unzureichend oder nicht analysiert werden.

Abbildung 1: Erfolgsfaktoren einer Commercial Due Diligence in der Digitalwirtschaft

 

Auf der anderen Seite lassen sich daraus auch folgende Anforderungen an einen Commercial Due Diligence Berater für Targets aus der Digitalwirtschaft ableiten (siehe auch Abbildung 1)

  • Tiefes Verständnis der Digitalwirtschaft:

Um Unternehmen detailliert bewerten zu können und Stärken sowie Schwächen zu identifizieren, ist ein tiefes Verständnis der Digitalwirtschaft notwendig. Zum einen können typische Probleme der Unternehmen besser identifiziert und Fokusthemen detaillierter bewertet und untersucht werden. Zum anderen können auch Stärken und Optimierungspotenziale der Unternehmen besser eingeschätzt und somit das Upside-Potenzial nach dem Kauf optimiert werden. Dadurch können insgesamt die zu Beginn bestehenden Informationsasymmetrien verringert oder in manchen Bereichen sogar zum Vorteil des Investors verschoben werden.

 

  • Strategischer Weitblick bzgl. E-Commerce und Digitalisierung:

Neben der genaueren Prüfung des Unternehmens können auch zukünftige Marktentwicklungen besser eingeschätzt werden. Zukunftsträchtige Marktbereiche lassen sich leichter identifizieren bzw. negative Entwicklungen des eigenen Marktbereichs vorhersehen. Dadurch lässt sich das gesamte externe Ökosystem des Unternehmens deutlich besser bewerten. Empfehlungen für die zukünftige Strategieentwicklung oder notwendige Transformation aufgrund von Marktveränderungen lassen sich frühzeitig erkennen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.

 

  • Starke Vernetzung in der Digitalwirtschaft

Eine starke Vernetzung der Berater in der Digitalwirtschaft hat den bedeutenden Vorteil, dass bei Bedarf externe Experten für die Commercial Due Diligence hinzugezogen werden können. Dadurch kann die Expertise im Team weiter erhöht werden und durch Experteninterviews lassen sich Einschätzungen und Erkenntnisse weiter validieren oder verwerfen.

 

  • Unternehmerische Denkweise

Um dem rein analytischen Teil einer Commercial Due Diligence weitere Erfahrungswerte hinzuzufügen ist ein unternehmerischer Hintergrund der Berater sinnvoll. Vorherige Tätigkeiten als selbständiger Unternehmer oder auch Tätigkeiten in einem Unternehmen der Digitalwirtschaft sind enorm hilfreich, um Unternehmen und deren Organisation und Prozesse besser einschätzen zu können. Zudem kennen diese Berater den Alltag in Unternehmen und können besser evaluieren, welche Ambitionen und Veränderungen realistisch sind. Diese Erfahrungswerte helfen demzufolge insgesamt, um bessere Einschätzungen bzgl. der Entwicklung und Zukunftsprognose von Unternehmen zu treffen und dem potenziellen Target auf Augenhöhe zu begegnen.

 

4. Zusammenfassung und Ausblick

Die Aktivität im Private Equity Markt ist aktuell auf einem Allzeithoch in Europa und ein Rückgang ist durch das billige Geld und dem Mangel an Alternativen nicht zu erwarten. Das erhöht den Bedarf der Private Equity Häuser an Due Diligence Services und stellt diese vor die Frage, welche Art von Beratern gewählt werden sollte.

Sollte eine Beratung gewählt werden, welche sich durch Standardisierung und günstige Kosten auszeichnet oder eine Beratung, welche auf einen stark individuellen und qualitativ hochwertigen Ansatz bei höheren Kosten setzt?

Kostengünstige Beratungen können dabei aufgrund der Standardisierung und fehlender Branchenkenntnisse meist nicht die gleiche Qualität und Granularität in den Analysen und Bewertungen erzielen wie Beratungen mit hohen Branchenkenntnissen. Dadurch entsteht die Gefahr, dass wichtige Stärken und Schwächen der Unternehmen nicht erkannt und falsche Prognosen abgeleitet werden. Bei der Auswahl der Berater ist dabei vor allem auf ein tiefes Verständnis der Digitalwirtschaft, ein strategischer Weitblick bzgl. E-Commerce und Digitalisierung, eine starke Vernetzung der Berater in der Digitalwirtschaft sowie eine unternehmerische Denkweise zu achten. Am besten erkennt man diese Fähigkeiten durch die Profile der Berater im Angebot, der Aktualität des Contents der Unternehmen auf der eignen Website sowie Social Media Plattformen wie LinkedIn oder auch der Präsenz der Berater in einschlägigen Medien sowie deren Veröffentlichungen.

Wir freuen uns auf Ihre Meinung, einen gemeinsamen Austausch und spannende Diskussionen – melden Sie sich gerne per E-Mail, LinkedIn oder auch telefonisch bei uns.

Für weitere Empfehlungen und dedizierten Strategien rund um die Themen E-Commerce, Due Diligence und Transformation stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Seite.

Ihr FOSTEC & Company-Team

 

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Zusammenfassung

  • Die Corona-Pandemie hat für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Schätzungen zufolge sollen im Jahr 2021 mehr als 100 Mrd. Euro durch E-Commerce umgesetzt werden, was einer Wachstumsrate von fast 20% entspricht.
  • Das Kaufverhalten der Menschen hat sich durch die Pandemie verändert. Bestellfrequenzen bei Online-Käufen sind stark angestiegen und auch Lebensmittel werden vermehrt online eingekauft, womit diese Warengruppe zu den Spitzenreitern beim Wachstum in Deutschland zählt.
  • Auch nach der Corona-Pandemie ist davon auszugehen, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Primäre Treiber für eine positive Wachstumsdynamik sind unter anderem der Gewohnheitseffekt an E-Commerce, die Prägung der jüngeren Generation für Online-Shopping sowie der Direct-to-Consumer Trend.

Boom des Online-Handels durch Corona

Dass die Corona-Pandemie für das Wachstum des Online-Handels wie ein Brandbeschleuniger wirkt, lässt sich nicht bestreiten und wird besonders in den starken Wachstumszahlen deutlich. Mehr als 83,3 Mrd. Euro (72,6 Mrd. Euro in 2019) wurden an Brutto-Umsatz wurden in Deutschland im Jahr 2020 erreicht, was einem Wachstum von 14,6% zum Vorjahr entspricht. Für das Jahr 2021 schätzt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) einen Brutto-Umsatz von mehr als 100 Mrd. Euro. Die Corona-Pandemie hat sich nicht nur auf das umgesetzte Volumen ausgewirkt, sondern auch das Kaufverhalten der Menschen maßgeblich geprägt. Die Bestellfrequenz für Online-Einkäufe hat sich erhöht und jeder Dritte über 60 Jahre kauft mittlerweile online ein. Durch die Einschränkungen von Geschäftsschließungen durch Lockdowns hat jeder vierte Deutsche den Schritt gewagt, erstmalig Nicht-Lebensmittel online zu bestellen und jeder zehnte kauft Lebensmittel bereits online.

Interessant ist diese Erkenntnisse auch bei näherer Betrachtung der Entwicklung einzelner Warengruppen. Auf Gesamtjahressicht 2020 zählt der bevh die Warengruppe Lebensmittel mit einem Anstieg von 70% zum Spitzenreiter und das trotz der Tatsache, dass Supermärkte mit Waren des täglichen Lebens trotz Corona-Lockdown geöffnet waren. Medikamente und Drogerieartikel konnten ein Wachstum 53,9% bzw. 35,4% erreichen, gefolgt von Tierbedarf mit 15,8% mehr Umsatz im Vergleich zum Vorjahr. E-Commerce-Umsätze bei Bekleidung und Schuhen legten 13,2% zu und Unterhaltung 10,5%. Noch deutlicher werden die Entwicklungen bei einem Vergleich des 1. Quartals 2020 und dem 1. Quartal des Jahres 2021. Zu den Top 5 Warengruppen mit dem höchsten Zuwachs zählen Lebensmittel, Drogerieartikel, Haushaltswaren & -geräte, DIY & Blumen sowie Medikamente.

Abbildung 1: E-Commerce Umsatzentwicklung von Q1 2020 zu Q1 2021 nach Warengruppen

Das starke Wachstum in der Warengruppe Lebensmittel und bei Gütern des täglichen Lebens ist kein rein deutsches Phänomen, sondern zeigt sich auch europaweit. Im Global Consumer Insights Survey 2020 von PwC hat eine Umfrage ergeben, dass mehr als ein Viertel der in urbanen Gegenden lebenden Menschen Online-Shopping als Hauptquelle für Lebensmittel nutzen, was einem Anstieg von 10% im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten entspricht. Auch weltweit nimmt E-Commerce einen zunehmenden Stellenwert bei Menschen ein, was eindrucksvoll an der Durchdringungsrate erkennbar ist. Während diese für das Jahr 2020 einen Wert von 15% global aufweist, gehen Prognosen von 25% im Jahr 2025 aus. Dies ist ein Wachstum von 67% innerhalb von fünf Jahren.

Abbildung 2: E-Commerce Durchdringungsraten

Veränderungen des Kaufverhaltens zwischen online und offline spiegeln sich in einzelnen Ländern unterschiedlich wider, zeigen aber für das Jahr 2020 einen eindeutigen Trend. Während der Online-Retail-Handel in Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und Großbritannien mehr als zweistellig wächst, ist der Offline-Retail-Handel geschrumpft.

Abbildung 3: Veränderung von online und offline Retail-Wachstum im Jahr 2020

Warum auch nach Corona hohes E-Commerce Wachstum bestehen bleibt

Der Online-Handel stellt sich nun die Frage, wie es nach der Corona-Pandemie weitergehen wird. Kommt es wieder zu einer Rückverlagerung in den stationären Handel oder bleiben die E-Commerce Aktivitäten der Bevölkerung stabil, sodass mit keinerlei Einbußen für E-Commerce zu rechnen ist? Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) ist überzeugt davon, dass sich das E-Commerce Level halten wird, obwohl der stationäre Handel wieder öffnet. Sicher ist allerdings, dass es zu Verschiebungen innerhalb einzelner Warengruppen kommen wird.

Ausgaben für sogenannte „Zuhause-Aktivitäten“, die unter anderem die Bereiche DIY, Garten und Sportequipment begünstigt haben, werden nach der Corona-Pandemie in Reisen, Restaurantbesuche und Events münden. Insgesamt aber wird E-Commerce weiterhin wachsen, wenn man den Hochrechnungen des IFH Köln folgt. Von 120 Mrd. Euro Brutto-Umsätzen im Jahr 2024 wird in einer Trendrechnung gesprochen und bis zu 141 Mrd. Euro Potenzial sind möglich bei besonders positiver Wachstumsdynamik. Nachfolgende Aspekte sind Treiber dieser Entwicklung:

  • Gewohnheit und Bequemlichkeit: Die regelmäßige Nutzung von Online-Shoppingmöglichkeiten führt zu einem Gewohnheitseffekt. Zudem kommt die Bequemlichkeit, dass bestellte Waren in mittlerweile sehr kurzer Zeit nach Hause versandt werden. Es entfallen die teils langwierigen Suchen im stationären Handel und das Befördern von Ware nach Hause.
  • Online-Abo-Modelle: Zahlreiche Online-Shops und Online-Marktplätze haben für Produkte des alltäglichen Lebens Abo-Modelle etabliert mit günstigen Produktkonditionen, die für eine langfristige Bindung der Kunden sorgen.
  • Prägung der jüngeren Generation: Insbesondere die jüngere Generation, die ohne sehr online affin ist, hat das Online-Shopping für sich entdeckt. In einer Umfrage im Jahr 2020 von Shopify wurde festgestellt, dass zwei von drei jungen Konsumenten zwischen 18 und 34 Jahren mehr Geld für Waren und Dienstleistungen ausgeben als noch vor der Corona-Krise.
  • Wegfall stationärer Einheiten: Es wird nicht zu verschweigen sein, dass durch die Corona-Krise auch zahlreiche stationäre Händler ihre Geschäfte schließen werden. Durch den Wegfall kommt er zu einer Reduktion der stationären Einkaufsmöglichkeiten, wodurch ebenfalls wieder der Online-Handel profitieren wird.
  • Direct-to-Consumer Trend und Personalisierung: Ein Gewinner der Corona-Krise sind sogenannte Direct-to-Consumer Marken, die sich auf einige wenige Produkte fokussieren und sich eine Community an loyalen Kunden aufgebaut hat. Mit innovativen Produktideen, der Einbindung der Community als Co-Entwickler und der Verfolgung von Nachhaltigkeit und Verantwortungsbewusstsein treffen diese Marken den Zeitgeist und sind sogar für etablierte Markenhersteller zur Konkurrenz geworden.
  • Zuwachs der Vielfalt der Online-Handelslandschaft: Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer deutlich höheren Vielfalt in der Online-Handelslandschaft geführt. Unzählige Online-Shops und Online-Marktplätze sind entstanden, die sich nun eine breite Kundenbasis aufgebaut haben und diese auch nach Corona mit attraktiven Angeboten halten und bedienen möchten.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt oder beispielweise bei der Etablierung einer Direct-to-Consumer Strategie, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Skoda, MBA unterstützt Unternehmen bei der Strategieenwicklung und der operativen Umsetzung mit Fokus auf E-Commerce und Digitalisierung.

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Ergebnisse und Kernaussagen

  • Positive E-Commerce-Erfahrungen während des ersten Lockdowns stärken das Vertrauen in E-Commerce-Anbieter. Gleichzeitig steigt insbesondere bei jungen Konsumenten die Intensität der Recherche vor dem Kauf im Netz und sie kaufen gezielter online ein.
  • Die Verlagerung vom stationären zum Online-Handel und das generell konstante bis steigende Konsumverhalten führen zu einem Anstieg des E-Commerce-Umsatzes insgesamt, allen voran Amazon.
  • Trotzdem ergeben sich durch das veränderte Konsumentenverhalten vermehrt Chancen für kleinere, spezialisierte Anbieter, die sich aber einem enormen Wettbewerb gegenübersehen, wenn es um die finale Kaufentscheidung geht, weshalb der Eintritt oder Ausbau des Onlinegeschäft einer durchdachten, schrittweisen Strategie bedarf und die Einbindung erfahrener Experten nahegelegt.
  • Insgesamt verdeutlichen die Maßnahmen und Einschränkungen, die mit der Corona-Pandemie einhergehen, die Vorteile des Onlinehandels und prägen das Recherche- und Kaufverhalten nachhaltig.

 

Geschäftsschließungen, Verbote von Zusammenkünften in Gruppen, Ausgangsbeschränkungen, ein Herunterfahren des gesellschaftlichen Lebens – all diese Aspekte könnten bald der Vergangenheit angehören, determinieren derzeit aber noch stark den Alltag der Bürgerinnen und Bürger in nahezu allen Ländern der EU. Insbesondere das Verhalten der Konsumenten bezüglich des Einkaufsortes oder der Einkaufswebseite und auch hinsichtlich des Rechercheverhaltens vor einem potenziellen Kauf hat sich seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 stark gewandelt und dem E-Commerce weiter zur Hochkonjunktur verholfen. Doch wer profitiert hauptsächlich von dem starken Zuwachs im Onlinehandel? Haben kleine Spieler und Markenhersteller noch eine Chance gegen Onlinehandelsgiganten wie Amazon, Otto und Co.? Und wie geht es weiter, wenn die Inzidenzzahlen weiter sinken, nach und nach mit Lockerungen zu rechnen ist und der Einzelhandel wieder öffnet?

Auswirkungen anfänglicher, Corona bedingter Einschränkungen auf das Konsumentenverhalten und den Onlinehandel

Vielzählige Einschränkungen wie die Maskenpflicht und die Schließung des Einzelhandels während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 aber auch das erhöhte Risiko einer Ansteckung in Innenstädten und Geschäften führte zu einem Umsatzrückgang des deutschen Einzelhandelsgeschäfts. So sank im europaweiten Durchschnitt der Umsatz im Einzelhandel im April um etwa 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Statista, 2020).Demgegenüber haben viele Konsumenten während des ersten Lockdowns positive Erfahrungen im E-Commerce gesammelt und dessen Vorzüge (schnelle und bequeme Bestellung, Lieferung und Rückgabe, Kundenservice) kennen und schätzen gelernt. Die deutschen Konsumenten nutzen seither vermehrt die Möglichkeit der Online-Produktrecherche und informieren sich vor einem Kauf im Netz ausführlicher als noch vor der Corona-Pandemie. Zudem erfolgen Online-Käufe gezielter und personalisierte Angebote erfreuen sich, gerade bei jungen Konsumenten, größerer Beliebtheit. Vor dem Hintergrund der heute noch bestehenden vorübergehenden Schließung des Einzelhandels ist daher von einer weiteren Verstärkung dieser Effekte auszugehen.


Abbildung 1: Vermehrte Online-Aktivitäten seit der Corona-Krise

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie konnte der Onlinehandel bereits ein stetiges Wachstum verzeichnen. Insgesamt stiegen jedoch seit der Verbreitung des Corona-Virus und der damit einhergegangenen Maßnahmen und Einschränkungen die Umsätze im Onlinehandel deutlich stärker.

Strukturen und Mechanismen im deutschen Onlinehandel – die Bedeutung von Amazon

Neben den steigenden Umsätzen im deutschen E-Commerce konzentriert sich der Markt zunehmend. Während der Marktanteil der 500 umsatzstärksten Webshops stetig wächst, gehen die Anteile der kleineren Anbieter zurück. Die zehn umsatzstärksten Anbieter, Marktplatzanbieter ausgenommen, beanspruchten bereits 2019 etwa 36 Prozent, sprich 20,8 Milliarden, des deutschen E-Commerce-Umsatzes und damit 40% der Umsätze der Top 1000 für sich.


Abbildung 2: Verteilung der deutschen Umsätze im deutschen E-Commerce-Markt

Es lässt sich ein klassisches Longtail-Modell erkennen: Wenige große, generalistische Anbieter beherrschen den Markt, während vielzählige kleine, spezialisierte Anbieter die restlichen Marktanteile unter sich aufteilen. Insbesondere Amazon nimmt hier eine vordergründige Rolle ein und ist mit einem Umsatz von über 10 Milliarden deutlicher Spitzenreiter im Umsatzvergleich der deutschen Online-Shops.


Abbildung 3: Top 100 Online-Shops in Deutschland

Die Corona-Pandemie hat sich daher vor allem für Amazon bisher sehr vorteilhaft ausgewirkt. Während des strikten Lockdowns im Frühjahr letzten Jahres nutzten die Konsumenten verstärkt den Amazon Marketplace – in Deutschland, aber auch weltweit. So konnte Amazon.de im Jahr 2020 einen Anstieg von 35 Prozent verzeichnen und damit im Vergleich zu anderen Online-Shops überdurchschnittlich von den Auswirkungen der Einschränkungen und Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie profitieren.


Abbildung 4: Entwicklung des gesamten Umsatzes der Amazon-Gruppe von 2010 bis 2020

Diese Zahlen lassen die Vermutung zu, dass durch die Corona-Pandemie gerade kleinere Online-Shops ins Hintertreffen geraten und die großen Plattformen maßgeblich profitieren. Die dargestellten Umsatzzahlen lassen diese Vermutung plausibel erscheinen, jedoch ist hier dem veränderten Konsumentenverhalten in dezidierter Weise Rechnung zu tragen. Gerade das veränderte Verhalten junger Konsumenten, d.h. der 18- bis 29-Jährigen während der ersten Lockdown-Phase, konkret die ausführlichere Recherche im Netz und die gezielteren Online-Einkäufe, bieten Chancen für kleinere, weniger bekannte Online-Shops, die nicht unbedingt die erste Anlaufadresse der Konsumenten darstellen. Eine intensivere Recherche, der vermehrte Besuch ausgewählter Markenhersteller-Websites und dem Konsumenten bisher nicht bekannter Seiten stellen eine Chance für kleiner Spieler dar.

Fraglich bleibt, ob der Kauf eines Produkts letzten Endes über diese Seiten abgewickelt wird oder doch über die großen, bekannten Plattformen, wie Amazon, Otto und Co. läuft. Für kleinere Spieler gilt es also die Konsumenten neben der reinen Recherche auf der Website auch zum Kaufabschluss zu animieren. Dafür sollte dem Website-Besucher ein maximal nutzerfreundlicher Webshop zur Verfügung stehen. Im Onlinegeschäft ist die nächste Einkaufsmöglichkeit nur einen Mausklick entfernt, Preise und Lieferkosten sind innerhalb von Sekunden vergleichbar und damit der Wettbewerb um den Kaufabschluss besonders hoch. Um in dieser Umgebung erfolgreich zu sein und sich gegen die großen, erfahrenen Online-Plattformen durchsetzen zu können, bedarf es Expertise und Erfahrung bezüglich der Eigenschaften und Funktionsweisen des Online-Markts, der eigenen Online-Präsenz und eines tiefgründigen Verständnisses der Online-Kunden, deren Kaufentscheidungen und -mechanismen.

Aus diesen Gründen sollte der Eintritt oder Ausbau des Onlinehandels durchdacht und Schritt für Schritt erfolgen. Es gilt entsprechende Anforderungen an Prozesse, Ressourcen, die organisationale Struktur, die IT-Landschaft und das Supply Chain Management zu beachten und umzusetzen, um ideale Bedingungen für die erfolgreiche Umsetzung einer E-Commerce Strategie zu schaffen. Wir von FOSTEC & Company empfehlen dafür einen Strategieansatz mit fünf aufeinander aufbauenden Phasen, der sich bereits vielfach bei unseren Kunden bewährt hat.


Abbildung 5: FOSTEC & Company E-Commerce Strategieansatz in 5 Phasen

Neben dem allgemeinen Wachstum im Onlinehandel, nicht nur im deutschen Markt, sondern weltweit, und den Chancen, die sich aus den heutigen COVID-19 bedingten Umständen ergeben, bleibt zu fragen inwiefern antizipiert werden kann, wie die Auswirkungen der Pandemie die Zukunft des Handels beeinflussen.

Ausblick

Wie werden sich die Konsumenten verhalten, wenn die Inzidenzzahlen sinken, Lockerungen zu erwarten sind und der Einzelhandel wieder öffnen kann? Wird die Recherche vor einem Produktkauf weiterhin vermehrt im Netz stattfinden? Werden Konsumenten weiterhin Ihre Zeit darauf verwenden Ihnen noch unbekannte Seiten aufzurufen – auch wenn Kurzarbeit und Home-Office abnehmen? Die Konsumenten haben ihr Verhalten während des ersten Lockdowns deutlich verändert, an die Situation adaptiert und ihre jeweiligen Erfahrungen im Online-Handel gemacht. Sie sind es heute, in deutlich höherem Maße als vor der Corona-Pandemie, gewohnt einen schnellen und einfachen Zugriff auf Produkte, Preise und Lieferoptionen zu haben und diese innerhalb weniger Minuten vergleichen zu können. Sie haben vermehrt das vielfältige Angebot im Online-Handel kennen und schätzen gelernt und sind heute in weitaus höherem Maße mit dem Online-Handel vertraut als noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Diesen Comfort und Wissensvorsprung gegenüber dem rein stationären Handel, werden Konsumenten wohl kaum mehr aus der Hand geben.

Demgegenüber spielen bei einer Vielzahl an Produkten das Erleben des Produkts selbst und seiner haptischen Eigenschaften aber auch das Kauferlebnis an sich eine große Rolle bei der Kaufentscheidung. Auch sollte die soziale Komponente im Zusammenhang mit dem Einkauf im stationären Handel nicht außer Acht gelassen werden. Damit stehen dem Comfort und der Transparenz des Onlinehandels, triftige Gründe gegenüber warum Konsumenten zumindest in bestimmten Fällen den Einkauf im stationären Handel dem Onlinekauf trotzdem vorziehen könnten.  Trotzdem muss festgehalten werden, dass die neuen Gewohnheiten und die Erfahrungen mit dem Onlinehandel während der vergangenen Monate, das Nutzerverhalten nachhaltig geprägt haben.

Gerade wenn Preise und eine schnelle Lieferung vorrangige Entscheidungsfaktoren für den Kauf eines Produktes sind, weist der Onlinehandel gegenüber dem stationären Handel deutliche Vorteile auf, die nicht von der Hand zu weisen sind und durch die Einschränkungen und Maßnahmen der Corona-Pandemie noch deutlicher in den Vordergrund treten. Vor diesem Hintergrund sollten sich gerade kleinere Unternehmen überlegen, welche Aspekte die Kaufentscheidung für ihr Produkt maßgeblich beeinflussen, wie eine zukunftsträchtige Platzierung in der heutigen Handelslandschaft aussehen kann, wo die entsprechenden Potentiale liegen und wie diesen Schritt für Schritt strategisch angegangen werden können.

Für weitere Einblicke und Informationen zum Thema E-Commerce, Denkanstöße und Impulse für den strategischen Umgang mit den heutigen Herausforderungen im Online-Markt, freut sich das Team von FOSTEC & Company auf Ihre Nachricht.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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