Online-Marktplätze stellen für Markenhersteller im E-Commerce, welche keine reinen D2C Vertriebsstrategien verfolgen in der Regel den wichtigsten Absatzkanal dar. Das rasante, stets zweistellige Wachstum von Online-Marktplätzen wurde durch die COVID-19 Pandemie noch deutlich beschleunigt. Grund genug, sich aus Sicht eines Markenherstellers mit Verhandlungsstrategien zu beschäftigen. In der Praxis stellen diese Verhandlungen nicht selten den größten Werttreiber sämtlicher E-Commerce Teilprojekte dar.  

 1      Übersicht relevanter Marktplätze in Deutschland

In Deutschland gibt es bereits zahlreiche Marktplätze. Dieser Trend wurde zusätzlich dadurch gesteigert, dass diverse Pure-Player wie Zalando, aber auch Multi-Channel Formate wie OTTO im Rahmen der eigenen Geschäftsmodell-Evolution zu einem Online-Marktplatz wurden. Betrachtet man die Reichweite der Marktplätze und das damit verbundene Absatzpotenzial, so bleiben wenige Marktplätze übrig, mit denen sich eine nähere Beschäftigung aus Sicht des Markenherstellers lohnt. Abbildung 1 zeigt eine Auswahl relevanter Online-Marktplätze in Deutschland:

Abbildung 1: Bewertung relevanter Marktplätze in Deutschland

Während sich eBay, OTTO Market und Real als kooperativer Marktplatzbetreiber gegenüber den Lieferanten präsentieren, indem transparente Konditionen vorgeschlagen werden und das Onboarding eines neuen Lieferanten i.d.R. sehr partnerschaftlich abläuft, stellt Amazon hohe Anforderungen an die Durchsetzung seiner gewünschten Terms & Conditions. Nun verwundert dies nicht, da mehr als jeder zweite Euro im deutschen B2C E-Commerce über Amazon abgewickelt wird. Grund genug, sich aus Sicht eines Markenherstellers primär auf Amazon im Vendor-Modell hinsichtlich der Verhandlungsstrategie zu konzentrieren.

 

2      Verhandlungsstrategie für Markenhersteller auf Amazon

“Everything is negotiable. Whether or not the negotiation is easy is another thing”.

Carrie Fischer, US-amerikanische Schriftstellerin

So leicht und angenehm es für Kunden ist, auf Amazon zu bestellen, so herausfordernd ist es für Hersteller, das Potenzial der eigenen Marke auf Amazon auszuschöpfen, sich gegen eine Vielzahl an D2C Brands hinsichtlich der Visibilität zu behaupten und gleichzeitig profitabel zu bleiben. Spätestens seit dem Strategiewechsel Ende 2019 in Europa, der bedeutet, dass die Ziele den Kunden die größte Selektion an Artikeln bieten zu wollen, nunmehr der Erzielung von Profitabilität in seiner Reihenfolge weichen musste, sind Verhandlungen und Jahresgespräche mit Amazon noch herausfordernder geworden und nähern sich allmählich dem Niveau der USA an. Die Zusammenarbeit mit Amazon besteht sowohl aus der laufenden operativen Zusammenarbeit, bei dem „mehr oder weniger“ Kommunikation mit dem Vendor Manager anfällt, als auch aus Jahresverhandlungen. Marken, die das Amazon-Potenzial realisieren wollen, sollten beide Bereiche gut beherrschen. Die Jahresgespräche mit Amazon stellen Markenhersteller oft vor besondere Herausforderungen hinsichtlich der langfristigen Profitabilität ihrer Artikel, da Amazon traditionell einen ständigen Druck auf Artikelpreise, Vertragskonditionen und Strafzahlungen ausübt. Im Januar 2019 hat Amazon seine Profitabilitäts-Anforderungen an alle Artikel stark erhöht (siehe dazu ein Interview von Markus Fost, vom 08.03.2019). Dieser Wechsel wird für Markenhersteller, die im Vendor-Modell an Amazon ihre Ware verkaufen, durch folgende Faktoren spürbar:

  • Die Einführung permanent neuer Chargebacks (Ausgleichszahlungen) von Amazon erschwert die Margenplanung bei Herstellern;
  • Die direkte Erreichbarkeit der Vendor Manager wird immer schwieriger, da jeder Amazon Einkäufer zunehmend mehr Lieferanten betreut. Als zielführendste Kontaktmöglichkeit zum Vendor Manager hat sich das Ticket-System über Vendor-Central bewährt, wodurch allerdings relativ lange Bearbeitungszeiten entstehen;
  • Als Lösung wird ein Amazon Vendor Service (AVS) angeboten, der sich explizit um alle Anliegen eines Herstellers kümmern sollte. Dabei liegt der Preis für einen AVS bei ca. 180k EUR p.a. Allerdings betreut ein AVS nicht nur einen Vendor, sondern gleich 8-12 Lieferanten, was somit dessen Verfügbarkeit für einen konkreten Vendor erschwert und auch das in der Regel unattraktive Preis-Leistungsverhältnis aufzeigt;
  • Die Anforderungen von Amazon an Einkaufspreise, Vertragskonditionen (sogenannte „Front- & Backend Terms“) und Marketingbudgets steigen kontinuierlich an. Dies drückt die Profitabilität vieler Marken nach unten, da solche Zusatzausgaben durch einen höheren Umsatz nicht immer überkompensiert werden können;
  • Seit einiger Zeit melden Hersteller vermehrt Fälle, bei denen ihre Artikel von Amazon nicht nachbestellt werden. Während dafür früher hauptsächlich solche Gründe wie z.B. das CRAP-Out (Cannot Realize Any Profit) oder der Buybox-Verlust verantwortlich waren, werden heutzutage solche Auslistungs-Entscheidungen von Amazon oft gar nicht begründet.

Die vorgenannten Punkte machen deutlich: Amazon wird auch in Zukunft versuchen, Einfluss auf die Lieferanten auszuüben und dies über Jahresverhandlungen zu verwirklichen. Um dies zu vermeiden, sollten sich Hersteller rechtzeitig mit einer professionellen Strategie auf Jahresverhandlungen mit Amazon vorbereiten. Um dies zu realisieren, bietet sich die nachfolgende Vorgehensweise mit 5 Schritten an, mit denen Sie die Jahresgespräche mit ihrem wichtigen Online-Partner erfolgreich durchführen können.

 

2.1    Schritt I: Einführung von Amazon Performance Management (APM)

Ein erster Grundstein für die erfolgreichen Verhandlungen mit dem nicht margengetriebenen Online-Unternehmen aus Seattle ist eine Ist-Analyse der eigenen Sortiments-Performance auf Amazon. Wir sprechen hier von Amazon-Performance-Management (APM). Hierzu haben wir ein ausführliches Whitepaper verfasst, welches Sie unter dem folgenden Link downloaden könnten. Dazu gehört ein ganzheitliches Bild über die Umsätze, Profitabilität und Marketing-Performance auf Einzelartikelebene. Wichtig ist dabei, die Ist-Analyse mit den tatsächlichen Zahlen zu belegen. Hier gibt Amazon seinen Lieferanten das beste Beispiel, denn die Entscheidungen von Amazon sind sowohl hinsichtlich der Vendoren als auch der eigenen Organisation immer rein datengetrieben. Für diese Analyse bietet sich der Aufbau eines Amazon-Performance-Management (APM) Tools an (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Übersicht eines APM Cockpits von FOSTEC & Company

 

2.2    Schritt II: SWOT-Analyse für die Jahresgespräche

Ein zweiter Schritt auf dem Weg zu den erfolgreichen Jahresgesprächen mit Amazon besteht in einer detaillierten Analyse der eigenen Position gegenüber Amazon. Welche Stärken besitzt die eigene Marke? Welcher Marktanteil besteht im deutschen Markt? Welche weiteren Entwicklungschancen hat das Unternehmen und seine Produkte? Abbildung 3 zeigt eine beispielhafte Bewertung eines Unternehmens im Rahmen einer SWOT-Analyse als Vorbereitungs für die Jahresverhandlungen mit Amazon.

Abbildung 3: Exemplarische SWOT-Analyse für die eigene Positions-Bestimmung in den Amazon-Verhandlungen

Die Ergebnisse der SWOT-Analyse werden an Amazon nicht herausgegeben und gelten als Grundlage für die eigene Standort-Bestimmung gegenüber Amazon. Der Hersteller sollte dabei nicht nur sich selbst kritisch betrachten, sondern auch feststellen, ob und wie er durch die Zusammenarbeit mit Amazon die eigenen Ziele erreichen kann. Welche Ziele man sich dabei setzen sollte, wird in Schritt III unserer Verhandlungsstrategie erläutert.

 

2.3    Schritt III: Klare Ziele und Verhandlungstechniken

Die Basis für die Ausarbeitung der Verhandlungsstrategie bilden nicht nur die Ist-Zahlen aus Schritt I und die SWOT-Analyse aus Schritt II, sondern auch klar definierte Ziele des Herstellers in Bezug auf die anstehenden Vertragsverhandlungen. Was will das Unternehmen mit diesen Verhandlungen erreichen? Welche Konditionen werden vom Hersteller angestrebt? Bei welchen Konditionen kann der Hersteller nachgeben und bei welchen soll er den Wert reduzieren? Inwieweit diese Ziele durchgesetzt werden können, hängt im Wesentlichen von der Relevanz des Herstellers aus Sicht von Amazon ab. Letztere bestimmt neben der Markenstärke primär der Marktanteil des Lieferanten auf Amazon im jeweiligen Produktsegment. Diese sollte im Vorfeld der Verhandlung gemessen werden.

Abbildung 4: Zwei exemplarische Verhandlungstechniken für Hersteller

 

Im ersten Strategie-Ansatz wird zunächst ein Vertrags-Entwurf vom Hersteller erstellt, in dem seine Konditionen für das kommende Jahr festgehalten werden. Dieses Angebot wird Amazon vorgelegt, das dann in einem iterativen Prozess dem Hersteller seine eigenen Gegenvorschläge zurücksenden wird. Diese Vorgehensweise zeichnet sich durch einen nicht unerheblichen Zeit- und Ressourcenaufwand aus, der in die einzelnen Iterationen investiert werden muss. Nichtsdestotrotz bietet auch dieser Weg einige Vorteile für den Hersteller: So zeigt der Hersteller seine Bereitschaft, mit Amazon zu verhandeln, wodurch eine gute Beziehung mit dem Online-Partner etabliert werden kann.

Im Gegensatz zum ersten Ansatz sind in der zweiten strategischen Vorgehensweise „One offer to close“ keine einzelnen Iterationsschleifen vorgesehen. Das Ziel in diesem Ansatz ist es, die zu verhandelnden Konditionen im Voraus intern beim Hersteller zu definieren und dieses Angebot Amazon nur einmal vorzulegen. Der Hersteller zeigt dadurch auch seine starke Verhandlungsposition. Nicht ohne Nachteile ist auch dieser Verhandlungsweg, denn der Ausschluss von Kompromissen kann dazu führen, dass keine Einigung zu Stande kommen wird. Ferner kommt dieser Verhandlungsansatz nur bei starken Lieferanten in Frage, welche über einen signifikanten Marktanteil verfügen.

 

2.4    Schritt IV: Verhandlungsszenarien

Aus der langjährigen Projekterfahrung von FOSTEC & Company lassen sich grundsätzlich fünf unterschiedliche Szenarien definieren (siehe Abbildung 5). Jedes dieser Szenarien hat einen direkten Einfluss sowohl auf die kurzfristige als auch auf die langfristige Profitabilität des Herstellers und sollte somit mit großer Sorgfältigkeit ausgearbeitet werden:

Abbildung 5: Exemplarische Verhandlungsszenarien für Hersteller

 

2.5    Schritt V: Fundierte Vorbereitung ist das A und O

Eines der wichtigsten Verhandlungsprinzipien in der Praxis nennt sich 5P: Proper Preparation Prevents Poor Performance. Dieses bedeutet, dass Hersteller rechtzeitig mit einer fundierten Vorbereitung beginnen sollte. Dabei empfehlen sich insbesondere für die Verhandlungsszenarien Rollenspiele, die mit dem Verhandlungsteam des Herstellers und einem Moderator durchgeführt werden. In diesem Rollenspiel übernimmt der Moderator oft die Rolle des Vendor Managers und geht mit dem Hersteller-Team die einzelnen Szenarien durch. Das Ziel ist dabei, dass die eigenen Mitarbeiter ein klares Gefühl dafür gewinnen, welche Ziele der Vendor Manager in den Jahresverhandlungen verfolgt und wie sich beide Seiten (Hersteller und Amazon) gegenseitig helfen können, ihre Ziele zu erreichen.

 

3      Fazit

Dieser Beitrag macht deutlich, dass die Verhandlungen mit Amazon keine leichte Station für die meisten Hersteller darstellen. Wer in den Jahresgesprächen gute Ergebnisse erzielen will, sollte deshalb ausreichend Zeit in die Vorbereitung, Simulation und konsequente Umsetzung der erarbeiteten Verhandlungsstrategie investieren.

Vor allem vor dem Einstieg in das Amazon Vendor Modell sollte ein optimales Vertrags- und Konditionenmodell aufgebaut werden, denn dies stellt für die nachfolgenden Jahr die Baseline einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung mit Amazon dar und ist hinsichtlich der nachhaltigen Profitabilität eines Herstellers auf Amazon elementar.

 

Bestandteile einer Amazon Strategie

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Die Digitalisierung des Mittelstandes wurde 2020 durch die Corona-Pandemie weiter vorangetrieben. Darüber hinaus zeigt sich, dass Vorreiter der Digitalisierung im deutschen Mittelstand weniger negativ von der Pandemie und den Konsequenzen betroffen waren. Nichtsdestotrotz ist der digitale Reifegrad des deutschen Mittelstandes immer noch als gering einzuschätzen. Mittelständler sehen nun die Digitalisierung vor allem als Chance um Prozesse zu optimieren. Allerdings gibt es noch weitere Chancen, wie eine verbesserte Produktentwicklung oder die Erschaffung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Durch eine Bewertung des digitalen Reifegrades eines Unternehmens, können potenzielle Handlungsfelder aufgedeckt werden, die es erleichtern den Weg der digitalen Transformation anzustoßen.

Die Corona-Pandemie als Beschleuniger der Digitalisierung

Die Corona-Pandemie, die ihren Anfang im Januar 2020 in Deutschland nahm und sich bis heute fortzieht, stellt Unternehmen aller Größen und Branchen vor unvorhergesehene Herausforderungen. Durch Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Infektionsgeschehens wurden viele Betriebe geschlossen sowie Reise- und Kontaktverbote ausgesprochen. Der internationale und teilweise auch nationale Reiseverkehr wurden beeinträchtigt und Wertschöpfungsketten gestört, insbesondere die Versorgung mit Gütern aus China – der Werkbank der Welt. Nachfragerückgänge wurden durch Kurzarbeit kompensiert, was im Gegenzug das Kaufverhalten einiger Verbraucher negativ beeinflusste.

Da die COVID-19 Pandemie immer noch andauert, können die endgültigen und absoluten Folgen und Konsequenzen noch nicht vollends abgeschätzt werden. Die Pandemie wird jedoch häufig als Brandbeschleuniger für lange beobachtete Trends beschrieben. Einer davon ist die zunehmende Digitalisierung des Mittelstandes. Dabei zeigt sich, dass Digitalisierung nicht nur ein potenzieller Weg aus der Krise ist, sondern sich einige Unternehmen präventiv gegen diese absichern bzw. den Einfluss dieser abschwächen konnte.

Laut der Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“, konnten 80% der digitalen Vorreiter – die Top 10% der befragten Unternehmen mit dem höchsten Digitalisierungsgrad – schnell und flexibel auf die Krise reagieren. Dahingegen berichten nur 36% der übrigen befragten Unternehmen von einem derartigen Effekt. Besonders das Vorhandensein digitaler Prozesse konnte die Abläufe und auch die Produktivität während eines rapiden gestiegenen Anteiles von Homeoffice sicherstellen. Auch die Flexibilität bestehende Geschäftsmodelle zu innovieren oder neue digitale Geschäftsmodelle und Services anzubieten, konnte Mittelständlern helfen, negative Effekte durch die Pandemie abzumildern. Unternehmen, die aufgrund eines geringen digitalen Reifegrades, stark durch die Pandemie eingeschränkt wurden, sind unter Umständen in finanzielle Schieflage geraten. Dies erschwert zukünftige Investitionen oder macht diese zum jetzigen Zeitpunkt gar unmöglich.

Um Wachstumspotenziale durch Digitalisierung aufzudecken, wird zuerst der Status Quo der Digitalisierung des deutschen Mittelstandes beschrieben, bevor in einem zweiten Schritt Chancen für den Mittelstand dargelegt werden. Schließlich wird gezeigt, welche Faktoren den digitalen & E-Commerce Reifegrad beeinflussen, und wie auf Basis einer Reifegrad-Bewertung eine dedizierte Strategie erarbeitet werden kann.

Digitalisierung & E-Commerce – Status Quo im deutschen Mittelstand

Die gute Nachricht vorweg: Die Corona-Pandemie hat Digitalisierungsprojekte in der deutschen Wirtschaft noch weiter in den Fokus gerückt. 38% der im Digitalisierungsindex 2020/2021 befragten Unternehmen planen ihr Geschäftsmodell stärker zu digitalisieren, indem sie digitale Produkte und Services entwickeln. Darüber hinaus gaben 60% der befragten Mittelständler an, ihr bereitgestelltes IT- und Digitalisierungsbudget nicht zu verringern, 22% wollen dieses sogar erhöhen und nur 18% planen es zu verringern.

Hohe Priorität haben digitale Kollaborationslösungen, sowie Remote Access & VPN-Lösungen, welche sowohl die interne Kommunikation erleichtern und zusätzlich auch den Vertrieb nach außen unterstützen. Es ist zu erkennen, dass Mittelständler die Vorteile der Digitalisierung vor allem in der Prozessoptimierung zur Effizienzsteigerung sehen. Zwar ist vielen Unternehmen bewusst, dass die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle und Services ein wichtiges Fokusthema für ihre zukünftige Ausrichtung darstellt, jedoch sind die Anstrengungen diesbezüglich im gesamten Mittelstand eher zurückgestellt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Immerhin 19% der befragten Unternehmen gaben an, ihre Investitionen für E-Commerce Lösungen anzuheben, und setzen somit die Entwicklung neuer Absatzkanäle in den Vordergrund.

Analysiert man allerdings genauer und betrachtet den historischen Verlauf des Digitalisierungsstands im Vergleich zu ausländischen Volkswirtschaften, fällt schnell auf, dass dieser Anstieg auch notwendig ist, da der Digitalisierungsreifegrad im Mittelstand im Vergleich zu führenden Ländern auf einem eher niedrigen Niveau anzusiedeln ist. Im aktuellen Ranking zur digitalen Wettbewerbsfähigkeit des IMD World Competitiveness Centers, welches die digitale Wettbewerbsfähigkeit von Ländern anhand von mehreren wirtschaftlichen, kulturellen und staatlichen Faktoren bewertet, rankt Deutschland nur auf Rang 18, knapp hinter China auf Platz 16, und weit abgeschlagen hinter den USA auf dem ersten Platz. China zog im Jahr 2020 allerdings erstmals an Deutschland vorbei und konnte sich um sechs Plätze nach oben verbessern im Vergleich zum Vorjahr, während Deutschland seine Position in den letzten Jahren nicht signifikant verbessern, sondern gerade so halten konnte.


Abbildung 1: IMD Digital Competitiveness Ranking

Obwohl die Investitionsbudgets deutscher Unternehmen seit Jahren ansteigen, ist dieser Anstieg im internationalen Vergleich nahezu verschwindend gering. Während die Ausgaben für digitale Forschung & Entwicklung in Deutschland im Jahr 2018 um 9% anstiegen, wuchsen sie in China im gleichen Zeitraum um 23% an und in den USA um 12%. Davon ausgehend, dass das Gesamtniveau in den weltweit führenden Volkswirtschaften deutlich höher liegt, zeigt sich, dass trotz steigender Investitionen nicht von Aufholen die Rede sein kann. Der deutsche Mittelstand und die deutsche Politik sind gezwungen weiter zu investieren.

Die Hauptherausforderungen der Mittelständler sind hierbei sehr divers, doch lassen sich bestimmte Kern-Herausforderungen ableiten. Ein Kernproblem für viele Mittelständler ist fehlendes Know-how, sei es in Form von Wissen oder auch mangelndes Personal. Oft werden deswegen Digitalisierungsprojekte nur halbherzig oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht angegangen. Dieses Problem hängt zudem mit der schwierigen Kosten-Nutzen-Abwägung der Prozessdigitalisierung sowie der fehlenden Akzeptanz im Unternehmen zusammen. Je hierarchischer und traditioneller beispielsweise die Unternehmenskultur geprägt ist, desto schwerer lassen sich ganzheitliche Digitalisierungsstrategien entwickeln. Im deutschen Mittelstand kommt diese Art der Unternehmenskultur besonders häufig vor. Darüber hinaus bestehen immer noch Sorgen bezüglich der Datenschutz-Anforderungen, sowie des zusätzlichen Risikos durch Cyber-Angriffe. Zuletzt fehlen einigen Unternehmen schlichtweg die finanziellen Mittel bzw. die Risikobereitschaft IT-Projekte durch Kredite zu finanzieren, obgleich die KfW dedizierte Digitalisierungskredite mit günstigen Konditionen anbietet.

Um den aktuellen Digitalisierungsstand im deutschen Mittelstand genauer zu betrachten, hilft ein Blick auf drei Kernthemen der Digitalisierung: E-Commerce Strategie, Digitale Sales Center, d.h. die vollständige Digitalisierung des Vertriebs- und Marketings unter Einbezug der Kundeninteraktion und die Digitalisierung von indirekten Unternehmensfunktionen. Laut der Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“ gaben 19% der Mittelständler an, ihre Investitionsbudgets für E-Commerce zu erhöhen. Vor allem für Unternehmen, die Waren für Endkunden produzieren, ermöglichen Direct-to-Consumer E-Commerce Distributionskanäle zusätzliches Wachstum. Zudem wird die Abhängigkeit von Intermediären gesenkt und höhere Margen lassen sich erzielen. Bedeutend ist auch, Produkte auf den gängigen großen Online-Marktplätzen wie u.a. Amazon, real.de und OTTO Market zu listen. 2020 war das erfolgreichste Jahr für den deutschen B2C Online-Handel, da durch die Corona-Pandemie zusätzliche Kundengruppen, aber auch Unternehmen auf Online-Vertriebskanäle angewiesen waren und dies zum aktuellen Zeitpunkt auch noch sind.

Das Gesamtvolumen des deutschen B2C E-Commerce Umsatzes 2019 beläuft sich auf ca. 59,2 Milliarden Euro, was einem Wachstum von ca. 11% im Vergleich zum Vorjahr (53,3 Milliarden Euro in 2018) entspricht. Aber auch der B2B E-Commerce wird für den Mittelstand in Zukunft an Relevanz gewinnen, denn besonders hier liegen verstecke ungenutzte Potenziale. Mithilfe von Elektronischem Datenaustausch (EDI – Englisch für Electronic Data Interchange) werden Transaktionsprozesse stark vereinfacht. Für 2020 wurde ein Gesamtumsatzvolumen des deutschen B2B E-Commerce von ca. 1.300 Milliarden Euro prognostiziert.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die zunehmende Digitalisierung von Vertrieb und Marketing. Die interne Prozessdigitalisierung mithilfe des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnik hat eine Grundlage für den digitalen Vertrieb geschaffen. Viele B2B Anbieter benutzen seit Beginn der Corona-Pandemie bildschirmunterstützte Vertriebsmethoden, d.h. Verkaufsgespräche werden beispielsweise mit Hilfe von digitalen Tools abgehalten, die dem Kunden einen bestmöglichen Eindruck physischer Produkte vermitteln sollen. Zahlreiche Hersteller im B2B-Segment sind in der Konzeption und Umsetzung von Digital Sales Center, um Vertriebsaktivitäten digital abzubilden.

Deutsche Mittelständler setzen auf Digitalisierung, um ihre Prozesse effizienter zu gestalten. Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen der Microsoft Teams und Zoom Konferenzen. Durch ein höheres Home-Office-Aufkommen mussten Unternehmen in diese digitalen Kommunikationsmethoden investieren, was vor allem kleinere Unternehmen vor Herausforderungen stellte. Einmal eingesetzt, bemerken allerdings viele Unternehmen die Effizienzgewinne, sodass zu erwarten ist, dass auch in Zukunft viele Mittelständler ihren Mitarbeiten das Arbeiten von Zuhause ermöglichen werden.

Chancen durch Digitalisierung & E-Commerce im deutschen Mittelstand

Der teils flächendeckende Einsatz von digitalen Kommunikationstechnologien wie Zoom oder Microsoft Teams hat zu Effizienzgewinnen in Unternehmen geführt und auch die Akzeptanz von digitaler Kommunikation im Vertrieb gesteigert. Eine Umfrage, durchgeführt an der HHL Graduate School of Management in Leipzig mit Entscheidern aus mittelständischen Unternehmen aus der Maschinenbaubranche zeigte, dass der digitale Vertrieb sich vor allem im Vertrieb mit Altkunden als effektiv erwies. Bereits vorhandene Geschäftsbeziehungen ließen sich effizient aufrechterhalten und zusätzliche Verkäufe konnten generiert werden. In einzelnen Fällen konnten deutsche Mittelständler auch erste Verkäufe mit einer rein digitalen Customer Journey erzielen.

Digitalisierung geht auch immer mit dem Sammeln von Daten verbunden. Das Sammeln, Verarbeiten und Verwerten von Maschinendaten kann beispielsweise für eine zielgerichtete Produktentwicklung eingesetzt werden. Zusätzlich kann das Auswerten von Kundendaten aufzeigen, welche Funktionen von Kunden genutzt werden. Ein weiterer Anwendungsbereich ist Predictive Maintenance, was als ergänzende digitale Dienstleistung angeboten werden kann. Ein Vorreiter des deutschen Mittelstandes ist der Werkzeugmaschinenbauer TRUMPF, der seine Lasersysteme über Condition-Based Services überwacht und somit die Verfügbarkeit und Produktivität erhöht. Dabei stellt TRUMPF seinen Kunden auch eine eigene Software zur Verfügung, um die Beschaffenheit der eigenen Laserköpfe zu überprüfen.

Die Digitalisierung bietet jedoch nicht nur Potenzial bestehende Geschäftsmodelle effizienter zu gestalten, sondern auch die Möglichkeit digitale Produkte und Services zu entwickeln und sogar ganze Geschäftsmodelle zu überdenken. Ein Beispiel hierfür ist der Niedergang von Kettler, einem deutschen Hersteller von Fitnessgeräten, während des gleichzeitigen Aufstiegs von Peloton, einem US-amerikanischen Start-up. Kettler hat den Schritt zur Digitalisierung seiner Produkte verpasst und musste im Jahr 2019 zum wiederholten Male Insolvenz anmelden. Peloton hingegen identifizierte Kundenanforderungen, erschuf eine Fitness-Community und eine Plattform, wodurch Mehrwert für den Kunden geschaffen und ein neues Geschäftsmodell aufgebaut wurde. Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass Digitalisierung auch den Schritt vom reinen Produzenten hin zum Dienstleistungsanbieter ermöglicht. Deutlich wird auch, dass die Digitalisierung neben puren Effizienz- und Prozessoptimierungsvorteilen, weitere Chancen für den deutschen Mittelstand bereithält. Um ein Unternehmen für die anstehende digitale Transformation optimal auszurichten, gilt es zuerst den digitalen Reifegrad eines Unternehmens zu bewerten.

Entwicklung einer dedizierten Digitalisierungs- & E-Commerce Strategie

FOSTEC & Company entwickelte zur systematischen Analyse und vergleichenden Bewertung des digitalen Reifegrades von Unternehmen das „Digital Readiness Assessment“. Durch einen dedizierten Scoring-Prozess werden die fünf Bereiche Strategie, Kunden, Wettbewerb, Organisation und Technologie systematisch analysiert und entlang spezifischer Kriterien bewertet.


Abbildung 2: Digital Readiness Assessment

  1. Strategie

Es wird geprüft, inwieweit eine systematische Digitalisierungsstrategie und ein konsistentes Verständnis über die unternehmensweite Digitalisierung vorliegt. Häufig existieren innerhalb eines Unternehmens keine trennscharfe Definition bzw. kein gemeinschaftliches Verständnis des Buzzwords „Digitalisierung“. Dies erhöht die Gefahr von „Digitalisierungs-Aktionismus“ und das Schaffen von Digitalen-Insellösungen, die nicht aufeinander abgestimmt sind, und somit häufig weitere Komplexität schaffen.

  1. Kunden

Um den eigenen digitalen Reifegrad zu ermitteln, muss auch der digitale Reifegrad der Kunden geprüft werden, d.h. es muss untersucht werden, welche digitalen Anforderungen auf Kundenseite existieren, da Digitalisierung im Vertrieb und Customer-Relationship-Management immer auch kundengetrieben ist. Zusätzlich erfordern sich stetig ändernde Kundenanforderungen eine gewisse Flexibilität auf Unternehmensseite. Die Überprüfung, inwieweit diese Kundenanforderungen erfüllt werden, ist daher ein wichtiger Indikator zur Bewertung des digitalen Reifegrades.

  1. Wettbewerb

Neben den Kunden(-gruppen), sollte auch die digitale Reife der Wettbewerber – insbesondere in Bezug auf den Vertrieb – genauestens untersucht werden. Gerade neue, digital-affine Marktteilnehmer versuchen sich als „New Gatekeepers“ mit digitalen Zusatzservices vor den Kunden zu schieben und somit bestehende Vertriebsstrukturen zu sprengen. Gleichzeitig rüsten auch bestehende Wettbewerber auf um den neuen Ansprüchen der zunehmend digitalen Customer Journey gerecht zu werden.

  1. Organisation

Auch die Organisation selbst und das vorhandene Know-how werden im Rahmen des Digital Readiness Assessment näher analysiert. Für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie muss das Thema Digitalisierung in Kultur und Organisation des Unternehmens verankert sein. Dies umfasst unter anderem die Installation neuer Rollen und Verantwortlichkeiten, wie etwa der Position eines Chief Digitalization Officer. Andererseits gilt es vor allem das entsprechende Know-how zu den vielfältigen Digitalisierungsthemen funktions- wie länderübergreifend im Unternehmen zu etablieren. Vor diesem Hintergrund spielt der digitale Reifegrad der Unternehmensorganisation eine wichtige Rolle.

  1. Technologie

Bewertung des digitalen Reifegrads in Bezug auf die in den verschiedenen Kernfunktionen eingesetzten Technologien, welche als Grundbaustein für eine funktionierende digitale Transformation dienen. In diesem Sinne wird funktionsübergreifend, d.h. von Accounting über Vertrieb und die interne Kommunikation hinweg – überprüft, welche digitalen Technologien bereits eingesetzt werden und wo Handlungsbedarf bzw. Defizite bestehen.

Unabhängig vom Gesamt-Score werden pro Analysebereich, entsprechend des jeweilig erreichen Einzel-Scores, relevante Digitalisierungs-Handlungsfelder abgeleitet. Die so identifizierten Handlungsfelder werden dann, typischerweise im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie, zur digitalen Transformation weiter analysiert und ggf. im Rahmen eines Business Case hinsichtlich Chancen und Risiken evaluiert. Darauf aufbauend erfolgt eine Priorisierung, bevor die Handlungsfelder dann in konkrete Maßnahmen überführt werden und durch eine systematische Implementierung in das Tagesgeschäft integriert werden.

Zusätzlich werden auch immer wieder Potenziale für E-Commerce freigelegt, deren Reifegrad wiederrum mit einem dedizierten E-Commerce Readiness Assessment analysiert werden. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Online-Visibilität und den Reifegraden der Haupt-E-Commerce Distributionskanäle (Online Marktplätze, Third Party eRetailer und Direct Sales & Affiliate). Diese werden jeweils im Vergleich zum Wettbewerb betrachtet. Als letzter Bereich wird das Online-Kaufverhalten und die Online-Affinität der Zielgruppe des Unternehmens untersucht. Anhand dieser Analyse können die Anforderungen an eine gesamtheitliche E-Commerce Strategie abgeleitet werden, welche eine interne und externe Unternehmensanalyse beinhaltet, in der verschiedene Bereiche genauer auf ihren E-Commerce Reifegrad untersucht werden.

Weiterführende Inhalte

Digitale Transformationsstrategie E-Commerce Strategie

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Die Verlagerung vom stationären zum Online Handel und die grenzüberschreitenden Käufe nehmen in der Schweiz einen hohen Stellenwert ein, nicht umsonst liegen die Pro-Kopf Ausgaben im E-Commerce im europäischen Vergleich weit vorne und führen laut Gfk Switzerland/VSV zu einem Umsatz von 8,6 Milliarden CHF in 2017, nur Waren und Güter betreffend. Der Schweizer Online Versandhandel wächst dabei im Vergleich zum Vorjahreswert wobei direkte Cross Border Online-Einkäufe überproportional steigen wie Abbildung 1 zeigt: 1,6 Milliarden CHF sind dabei 2017 via B2C oder C2C ins Ausland geflossen. Top Seller sind dabei, wie Abbildung 2 darstellt, Produkte aus der Heimelektronik, gefolgt von Fashion Produkte und an dritter Position, mit 15% vom Gesamt B2C Online Umsatzes der Schweiz-anders als in vielen anderen europäischen Länder- Produkte aus dem Food Segment.

Bis 2022 rechnen wir mit weiterem Wachstum von über 10% im Online-Handel. Wesentliche Treiber hierfür sind die Preistransparenz sowie die hohe Produktverfügbarkeit, welche im Online Handel vorherrschen.

Im Vergleich zu Deutschland und Österreich, wo Amazon den Online Markt beherrscht, ist in der Schweiz ein nationales Unternehmen, die Digitec Galaxus AG, an der Spitze des Online Handels, Zalando auf Platz 2 und Amazon schafft es mit einem geschätzten Umsatz von 500-600 Mio CHF aktuell auf den dritten Platz. Bisher können Schweizer Kunden und Kundinnen nur über die Amazon Länderplattformen de, .fr, .it und .com Produkte in der Schweiz erwerben. Dies umfasste bisher allerdings nicht das Gesamtsortiment da viele Händler, als auch Amazon selbst, teils keine Lieferung in die Schweiz anbieten. Die Zollbestimmungen der Schweiz für Privatpersonen bei einem Cross-Boarder Kauf sind ein weiterer Faktor, der das Kauferlebnis aus Kundeperspektive reduziert. Kommt es zu einer Postbestellung aus der Schweiz gilt der Kunde als Importeuer und ist verpflichtet sich selbst um die Zollabwicklung zu kümmern. Mit AmazonGlobal bietet Amazon zwar einen Service, der anfallende Importgebühren schätzt, diese im Vorfeld erhebt und für die Zustellung hinterlegt, allerdings ist dieser Service nur für bestimmte Produkte verfügbar und der Kunde kann immer noch unschöne Überraschungen bei der Verzollung erleben. Eine externe Lösung bietet bereits MeinEinkauf.ch, die für Privatkunden und Unternehmen mit Wohnsitz in der Schweiz, Versand- und Zollabwicklung aus Deutschland kommender Ware übernehmen. Der Kunde kauft und bezahlt auf Rechnung der Plattform und muss hierbei keine Einfuhrabgaben löhnen, lediglich eine Servicegebühr. Mit diesem Konzept ist ein Zugriff auf das Vollsortiment von Amazon möglich und ein paar Zehntausend Amazon Päckchen werden auf diesem Wege zugestellt.

Mit einem Vertrag, der im November 2017 von der Schweizer Post bestätigt wurde und bald anlaufen soll, will Amazon seine Reichweite ausbauen. Konkret geht es um ein Abkommen zwischen der Schweizer Post und Amazon, bei dem die Schweizer Post die Zollabwicklung inklusive Zu- und Rücksendung übernimmt. Aus Kundensicht agiert Amazon damit wie ein Schweizer Online-Shop, da er bei grenzüberschreitenden Käufen keine Berührungen mit dem Zoll mehr hat. Mit dieser neuen Kooperation kann Amazon sein Eigensortiment ohne Einschränkungen in die Schweiz einführen, ebenfalls Produkte aus dem Marktplatz Sortiment können über FBA (Fulfillment by Amazon) problemlos versandt werden. Dass, das Amazon Gesamtsortiment bald in der Schweiz vollständig verfügbar ist, ist jedoch nicht zu erwarten da viele Marktplatzhändler aus Europa die FBA Funktion nicht nutzen und die Standard-Versandoption in die Schweiz deaktiviert haben. Trotz allem rechnen wir bei Amazon mit einem Umsatz von ca. 2,5 Milliarden CHF, beim Markteintritt in den Schweizer Markt für die ersten 12 Monate.

 

Wie könnte der Markteintritt Amazon aussehen?

Amazon Pantry wahrscheinlich verfügbar

Mit Amazon Pantry der Vorratskammer aus der Box, welche FMCG und haltbare Lebensmittel beinhaltet, hat Amazon nicht das erste Mal den Schritt in neue Märkte getestet. Durch die Produkteigenschaften des Pantry Sortiments kann Amazon die operativen Geschäfte aus dem Ausland steuern ohne dabei auf Kühlketten oder Mindesthaltbarkeitsdaten und damit Liefergeschwindigkeit achten zu müssen. Auch im Hinblick auf die zwei größten Wettbewerber im Markt, Zalando, die den Online Fashion Markt anführen und Digitec (Migros), die den Consumer Eletronics Markt beherrschen, ist der Online-Food Markt ein Sektor, in dem noch Marktanteile gewonnen werden können. Gerade weil der Food Bereich mit 8,6% den viertstärksten Sektor in der Schweiz darstellt und positive Wachstumsprognosen aufweist kann der Markteintritt mit dem Pantry Dienst sehr interessant für Amazon sein. Zusammenfassend kann Amazon mit dem Pantry Programm, gegeben der Logistik Lösung der Schweizer Post, einen Vorstoß in den Schweizer Markt wagen, mit überschaubarem Kosten-Risiko. Das Amazon Pantry Programm ist jedoch ausschließlich Vendoren vorbehalten und für Händler, die den Marketplace nutzen nicht verfügbar.

Amazon Fresh und Amazon Prime Now wird im ersten Schritt in der Schweiz wahrscheinlich nicht angeboten

Wie bereits oben erwähnt wird ein physischer Standort in der Schweiz im ersten Zuge des Markteintritts für Amazon wenig relevant sein, weswegen das Amazon Fresh Programm, welches Frischeprodukte des wöchentlichen Großeinkaufs liefert, wahrscheinlich vorläufig (noch) nicht in der Schweiz angeboten werden wird. In Anbetracht des Wachstumspotentials im Online-Food Markt der Schweiz kann Amazon mit Pantry den Markt testen und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt Lager-, Logistik und Infrastruktur aufbauen um mit Fresh weitere Gewinnpotentiale zu nutzen. Auch im Vergleich zur immer stärker werdenden ausländische Konkurrenz im Retail Bereich, wie AliExpress und Wish, die aggressiv in den Schweizer Markt dringen, kann es aus strategischer Sicht von Vorteil sein sich auf den Food Markt zu konzentrieren. Mit Liefer- und Lagerkapazitäten vor Ort kann Amazon dann auch sein Amazon Prime Now, ein Lieferdienst der binnen 5h beliefert für die Schweizer Kunden zugänglich machen.

Da der potentielle Umsatz für Amazon in der Schweiz nur einen sehr kleinen Anteil vom Amazon Gesamtumsatz ausmachen wird, bleibt es spannend ob und in wie weit Amazon tatsächlich auch physisch Standorte in der Schweiz erschließen wird, da die Kosten unverhältnismäßig höher als im restlichen Europa wären. Welche, der in Abbildung 3 dargestellten Amazon-Dienste in der Schweiz tatsächlich angeboten werden, werden wir binnen der kommenden Monate verfolgen können.

Für den Schweizer Online Handel bedeutet der „erweiterte“ Markteintritt Amazons in die Schweiz definitiv neue Dynamiken: zum einen steigt der Wettbewerb durch Angebote ausländischer Firmen an, zum anderen aber können Händler und Hersteller den neuen Marktplatz im Seller oder Vendor Model nutzen um ihre Produkte international zu vertreiben. Über den genauen Zeitpunkt und die tatsächliche Strategie des Markteintritts Amazons kann bis zum aktuellen Zeitpunkt nur gemutmaßt werden, zweifelsfrei wird sich Amazon aber seine Gate Keeper Position in der Schweiz sichern.

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Weitere Amazon Events von FOSTEC & Company in 2018:

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Mehrtägiger Amazon-Roundtable mit aktuellen Insights, Vorträgen und Podiumsdiskussionen für ausgewählte Markenhersteller und den direkten Austausch

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Halbtägiger, intensiver Austausch unter Markenherstellern zu aktuellen Amazon-Strategie-Themen in schnell erreichbaren Locations

F&C NET – AMAZON am 07. Juni 2018 in Köln

F&C NET – AMAZON am 14. September 2018 in Hamburg

F&C NET – AMAZON am 15. November 2018 in München

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