Mit dem Ziel das „kundenzentrierteste“ Unternehmen der Welt zu sein, ist Amazon bestrebt seinen Kunden ein herausragendes Einkaufserlebnis zu bieten. Mit dem Aufkommen von Produktfälschungen wurde Amazon Brand Gating eingeführt, dass es Markenherstellern erlaubt, einzelne Produkte oder alle Produkte einer Marke für den Verkauf durch Händler ohne Autorisierung auf dem Amazon Marktplatz zu untersagen. Auch wenn Markenhersteller davon enorm profitieren, so werden Händler vor neue Hürden gestellt, die bis hin zu Existenzproblemen führen können. Auch Verbraucher finden weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz vor, wodurch sich die Frage stellt, ob Amazon sich nicht zunehmend vom Marktplatz hin zu einem gigantischen Online-Händler wandelt.

„Customer Centricity“ als oberstes Gebot bei Amazon

„Customer Centricity” ist fest verankert in der Mission von Amazon. Nach diesem Gebot möchte Amazon für jeden Kunden ein herausragendes Einkaufserlebnis und eine hohe Kundenzufriedenheit schaffen, doch die zunehmende Größe und die Offenheit des Amazon Marktplatzes ermöglichen Marktplatz-Händlern aber auch relativ leicht das Anbieten und Verkaufen von Produktfälschungen. Dies hat nicht nur negative Kundenerfahrungen zur Folge, sondern hat in der Vergangenheit auch dazu geführt, dass der Online-Distributionskanal Amazon von Marken gänzlich gemieden oder wieder geschlossen wurde.

Amazon hat sich daher auch diesem Thema gewidmet und im Jahr 2016 in den USA das „Brand Gating“ eingeführt, dass es Markenherstellern erlaubt, einzelne Produkte oder sogar das Gesamtproduktportfolio einer Marke für den Verkauf durch Händler auf dem Amazon Marktplatz zu untersagen. Nur mittels erfolgreicher Autorisierung und Freischaltung ist ein Verkauf weiterhin möglich. Im Mai 2019 wurde dieses Programm auch in europäischen Ländern eingeführt mit dem Ziel Marken- und Produktpiraterie einzudämmen, Markenhersteller zu schützen und damit auch ein positives Einkaufserlebnis der Amazon-Kunden zu gewährleisten.

Abbildung 1: Konzept und Vorteile von Brand Gating für Markenhersteller

Weniger Marktplatz-Händler stabilisieren Preisniveau und verbesseren Content Qualität

Vorteil von Amazon Brand Gating für Markenhersteller ist die Möglichkeit der Autorisierung von Marktplatz-Händlern für den Verkauf von Produkten oder sogar dem gesamten Sortiment. Marktplatz-Händler müssen eigenständig die Freischaltung beantragen, die Nachweise sowie eine nicht unerhebliche Gebühr erfordern. Auf diese Weise werden die auf dem Marktplatz aktiven Händler minimiert und das Produktangebot sinkt. Auch wenn dies konträr zum offenen Marktplatzgedanken ist, profitieren Markenhersteller von einer besseren Preisstabilität und weniger Preiserosion, da durch geringeren Wettbewerb auch die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Preiskampf sinkt.

Ein weiterer positiver Effekt ist die Sicherstellung der Content Qualität auf Produktdetailseiten. Jeder Marktplatzteilnehmer kann bei den von ihm angebotenen Produkten auch Änderungen auf der Produktdetailseite vornehmen. Dies umfasst alle Elemente wie beispielsweise Produkttitel, Bullet Points, Produktbeschreibungen und Medien wie Videos und Bilder, aber auch hinterlegte Keywords. Tendenziell kommt es dadurch zur Verschlechterung der Content Qualität je mehr Händler ein Produkt anbieten. Meist verfügt nämlich der Markenhersteller selbst über die aussagekräftigsten Beschreibungen und qualitativ hochwertigsten Medien sowie die Ressourcen, diese einzupflegen. Je weniger Händler nun aufgrund von Brand Gating Produkte anbieten können, umso weniger – tendenziell negativere – Veränderungen treten auf und müssen durch den Markenhersteller korrigiert werden. Markeninhaber haben allerdings auch ohne Brand Gating die Möglichkeit Content-Hoheit zu erlangen mittels der Amazon Brand Registry.

Teilnahme an Brand Gating für Hersteller und Anforderungen zur Freischaltung für Händler

Amazon Brand Gating ist nicht für alle Marken zugänglich, sondern wird individuell mit dem Amazon Vendor Manager abgesprochen, der das Programm für die jeweilige Marke freischalten muss. Zentrale Anforderung ist, dass eine Marke bei einer Registrierungsstelle angemeldet oder die Markenregistrierung im Beantragungsprozess ist. Für Deutschland ist es das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) mit Sitz in München. Die Marke muss anschließend bei der Amazon Brand Registry hinterlegt werden. Der Hersteller muss zuletzt noch eine ASIN-Liste an Amazon übermitteln, für diejenigen ASINs, für die das Brand Gating aktiviert werden soll. Dabei steht es dem Hersteller frei, das gesamte Sortiment durch Brand Gating schützen zu lassen oder nur einzelne Produkte.

Bei durch Brand Gating geschützten Marken oder Produkten müssen alle Händler nun vom jeweiligen Markeninhaber freigeschalten werden. Je nach Marke gibt es dafür unterschiedliche Anforderungen, zu denen die unter anderem nachfolgend aufgelisteten zählen:

  • bis zu 3 verschiedene Rechnungen für den Kauf von Produkten der Marke eines Herstellers oder Lieferanten
  • ein Schreiben des Markeninhabers, in dem eine Autorisierung für den Verkauf erteilt wird
  • eingereichte Rechnungen dürfen nicht älter als 180 Tage sein
  • Rechnungen müssen Name und Adresse des Verkäufers sowie des Herstellers / Lieferanten enthalten
  • Rechnungen beinhalten mindestens den Kauf einer Mindestanzahl an Einheiten und Produkten

Preisinformationen auf den Rechnungen können optional ausgeblendet werden. Unter Umständen werden zur Verifizierung die Hersteller oder Lieferanten, die im Antrag genannt werden, kontaktiert. Neben den Nachweisen ist für die Freischaltung eine nicht unerhebliche Gebühr von bis zu $ 1.500 pro Marke zu entrichten. Ohne Nachweise kommt es zur Entfernung der gelisteten Produkte.

Kritik von Herstellern, Händlern und Kunden

Auch wenn das Brand Gating für zahlreiche Markeninhaber von hohem Interesse ist, die eigene Marke und das Produktangebot auf dem Amazon-Marktplatz zu schützen, so werden automatisch nicht alle Marken für das Programm freigegeben, sondern müssen individuell mit ihrem Vendor Manager verhandelt werden. Es wird befürchtet, dass tendenziell wichtige – und damit aus der Sicht von Amazon automatisch die umsatzstarken Kunden – präferiert werden und es dadurch zu einem Ungleichgewicht bei den Markenherstellern kommt – jene mit Brand Gating und jene ohne.

Aus der Sicht der Händler steigt der Unsicherheitsfaktor und auch das Existenzrisiko, da nicht klar ist, welche Marken Brand Gating einsetzen und damit den Verkauf durch Händler auf Amazon sperren lassen. Da die Freischaltung für Händler kostspielig ist, können Händler mit einem Mehrmarkensortiment oder Händler mit geringem Verkaufsvolumen mit einer Marke geneigt sein, den Verkauf der Marke zu stoppen, da es sich finanziell und ressourcentechnisch nicht mehr lohnt.

Zentraler Kritikpunkt aus der Sicht von Kunden richtet sich aber an Amazon selbst und das Unterminieren des offenen Marktplatzgedankens. Bei schrittweisem Ausschluss von Händlern wandelt sich Amazon zunehmend zum Oligopol, teils sogar zum Monopol, falls eine Marke nur über das Amazon Vendor Modell Produkte an Kunden verkauft. Ein offener Marktplatz mit Wettbewerb und freier Preisgestaltung existiert damit nicht mehr und widerspricht dem Ursprungskonzept von Amazon.

Markenschutz vs. Marktplatzgedanke – Wohin entwickelt sich Amazon?

Amazon Brand Gating wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert. Zwar richtet es sich am obersten Gebot der maximalen Kundenzentriertheit aus, um Kunden vor negativer Kauferfahrung und Produktfälschungen zu schützen, allerdings lässt es in gleicher Weise auch weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz zu. Auch rechtlich (mit Bezug auf die deutsche Rechtsprechung) wurde das Brand Gating geprüft und Gerichte haben das Programm als nicht widerrechtlich eingestuft, denn Marken können ihren Vertriebspartnern den Vertrieb auf Drittanbieter-Plattformen untersagen. Amazon handelt damit lediglich als verlängerter Arm der Hersteller.

Brand Gating ist für Amazon nur ein Instrument eines Portfolios zum Schutz von Marken. Zu nennen sei beispielsweise „Project Zero“, das mehr als fünf Milliarden Angebote täglich screent und durch Machine Learning das proaktive Auffinden von Fälschungen ermöglicht. Dabei gleicht das System das Amazon Produktangebot mit den von Marken gelieferten Basisdaten (u.a. Markenname, Logos, Claims, …) ab. Markeninhaber können daraufhin sofort die Entfernung der Listungen auf einer Self-Service-Plattform durchführen.

Auch wenn Markenhersteller von Brand Gating und anderen Programmen zum Markenschutz enorm profitieren, so werden Händler vor neue Hürden gestellt, die bis hin zu Existenzproblemen führen können. Auch Verbraucher finden weniger Wettbewerb auf dem Marktplatz vor, wodurch sich die Frage stellt, ob Amazon sich nicht zunehmend vom Marktplatz hin zu einem gigantischen Online-Händler wandelt.

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Quick-Commerce Anbieter wie beispielsweise Gorillas oder Flink verzeichnen trotz ihrer kurzen Existenz bereits Umsätze von mehreren Hundert Millionen Euro. Mit ihrem Konzept der minutenschnellen Lieferung gehen sie mit dem Trend des Online-Shoppings und der steigenden Bequemlichkeit in der Gesellschaft. Kapitalgeber sehen darin großes Potenzial, aber das Geschäft der Anbieter ist zurzeit noch sehr verlustreich und Maßnahmen zur Steigerung der Profitabilität sind begrenzt.

Quick-Commerce – ein stark wachsender Markt!

Quick-Commerce, oder kurz Q-Commerce, ist eine Form von E-Commerce, bei der online bestellte Lebensmittel innerhalb kürzester Zeit (unter einer Stunde) zum Kunden geliefert werden. Quick-Commerce geht auf den Megatrend „Convenience“, der Bequemlichkeit, in der Gesellschaft zurück. Der Treiber dafür hat einen biologischen Ursprung, denn Menschen versuchen stets mit dem geringstmöglichen Aufwand den größten Output zu erhalten. Dafür teilen wir unsere Kräfte und unsere Zeit effizient ein. Außerdem wird durch aktuelle Entwicklungen in der IT-Industrie dieser Trend weiter beschleunigt, denn die Neu- und Weiterentwicklungen von Apps vereinfachen unseren Alltag enorm.

Das Wachstum der Quick-Commerce Anbieter ist enorm. Bereits im ersten Jahr verzeichnete Gorillas einen Jahresumsatz von 260 Millionen Euro. Das stetige Wachstum geht jedoch mit Umsatzeinbußen beim Lebensmitteleinzelhandel einher. Vor allem Impuls-Sortimente mit hoher Marge, also Produkte, die spontan gekauft werden, werden dort seltener verkauft, denn bei unerwartetem Impulsbedarf werden diese Einkäufe vermehrt über Quick-Commerce Lieferdienste, wie Gorillas, getätigt. Ein guter Indikator für das starke Wachstum von Quick-Commerce sind die Lebensmittellager der Anbieter, die Dmarts genannt werden“. Bei Delivery Hero ist die Anzahl an Dmarts von 54 Ende 2019 auf nunmehr über 861 Stück bis Mitte/Ende 2021 angewachsen.

Abbildung 1: Anzahl an Dmarts (Lebensmittellager von Delivery Hero)

Gefördert werden die Quick-Commerce Anbieter von finanzstarken Kapitalgebern, die großes Potenzial in den Unternehmen sehen. Zu ihnen zählen Tencent, Coatue, DST, Dragoneer und Atlantic Food Labs, aber auch Gorillas` Konkurrent Delivery Hero, der Oktober 2021 235 Millionen US-Dollar in Gorillas investiert hat. Ein Einkauf mit Quick-Commerce ist einfach, bequem, zeitsparend und folgt dem Trend von Online-Shopping. Generation Y und Generation Z sind es gewohnt, online einzukaufen und dort nach Lösungen für ihren Bedarf zu suchen. Bei der Kleidungsindustrie kann man bereits erkennen, dass vermehrt online bestellt wird und die Besuche von Ladengeschäften abnehmen. Dieser Trend gewinnt auch in der Lebensmittelindustrie zunehmend an Relevanz. Die „Kunden von Morgen“ werden dementsprechend vermehrt auf E-Commerce und infolgedessen Q-Commerce  zurückgreifen, weswegen der stationäre Handel an Bedeutung verliert. Durch das große Potenzial der Quick-Commerce Anbieter war es Gorillas möglich, als schnellstes aller deutscher Start-ups eine Milliardenbewertung und somit den sogenannten Unicorn-Status zu erreichen.

Ablauf einer Quick-Commerce Bestellung

Eine typische Bestellung beginnt mit dem impulsartigen Bedarf eines Kunden, der aufgrund von wenig Zeit oder aus Bequemlichkeit nicht in den Supermarkt geht. Er besucht stattdessen die App eines Quick-Commerce Anbieters und bestellt dort die gewünschten Artikel. Das Angebotssortiment in den Apps der Quick-Commerce Anbieter ist im Vergleich zum Supermarkt deutlich begrenzter. Das liegt an der Größe der Mikroverteillager, der sogenannten Dark-Stores. Sie sind dezentrale, strategisch gelegene Lagerräume, die eine wesentliche Rolle bei der Schnelligkeit der Lieferungen spielen. Das beschränkte Sortiment trägt zudem dazu bei, dass die bestellten Lebensmittel schnell gepackt werden können, da keine großen Wege in den Lagern zurückgelegt werden müssen. Sobald die Bestellung des Kunden eingeht, sammelt ein Lagermitarbeiter die entsprechenden Artikel ein und übergibt die fertig gepackte Tüte an einen der Fahrer, die vor dem Lager warten. Geliefert werden die Artikel mit Fahrrädern, E-Bikes und Rollern. Gerade in Innenstädten, auf die sich die Quick-Commerce Anbieter beschränken, sind diese vorteilhaft, da man kürzere und damit schnellere Routen wählen kann und Staus vermeidet.

Abbildung 2: Ablauf einer üblichen Quick-Commerce Bestellung

Bewertung der Maßnahmen zur Profitabilitätssteigerung

Allerdings betreiben Quick-Commerce Anbieter momentan ein hochdefizitäres Geschäft.

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Profitabilität am Beispiel einer Lieferung. Da es keine offiziellen Zahlen gibt, wurden für die Gemeinkostensätze und die Lieferungen pro Stunde Annahmen getroffen, weswegen die untenstehende Rechnung lediglich ein Annahmebeispiel darstellt.

Für die Lieferungen wurden drei Lieferungen pro Stunde veranschlagt, da eine Lieferung um die 10 Minuten vom Lager zum Kunden benötigt. Da der Fahrer danach wieder zum Lager zurückfährt, um die Warefür eine neue Lieferung zu erhalten, können zwei 10 Minuten-Wege pro Lieferung angenommen werden. Die Marketingkosten wurden mit 15% relativ hoch angesetzt, da der Wettbewerb einzelner Quick-Commerce Anbieter anfangs sehr hoch ist, weshalb sie sich durch teure Marketingstrategien einen Wettbewerbsvorteil erhoffen.

Abbildung 3: Gewinn- und Verlustrechnung einer Quick Commerce Lieferung

Gorillas und Co verzeichnen somit Verluste im Millionenbereich ohne mittelfristige Aussicht auf Besserung. Um also langfristig wirtschaftlich profitabel zu sein, müssen die Erträge steigen oder die Kosten sinken. Denkbar wären Skaleneffekte in der Lieferung, die aufgrund einer höheren Auftragslage genutzt werden. Allerdings sind durch die garantierte schnelle Lieferung die Bündelung von Aufträgen und damit maximalen Lieferungen pro Stunde stark begrenzt, sodass die Quick-Commerce Anbieter durch eine höhere Auslastung nur kaum von Skaleneffekten in der Lieferung profitieren.

Als Alternative können die Quick-Commerce Händler die Preise der Lebensmittel erhöhen und damit einen höheren Prozentsatz für sich beanspruchen. Laut einer Q-Commerce Umfrage von 2021 geben jedoch 66% der Befragten an, dass sie den Preis als wichtigsten Aspekt bei der Lieferung von Onlinekäufen empfinden, wohingegen nur 17% die Geschwindigkeit nennen. Zudem steigen durch die aktuelle Inflation die Preise bereits an. Falls der Q-Commerce seine Preise stark erhöhen sollte, würde wieder vermehrt auf die Supermärkte zurückgegriffen werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung eines Mindestbestellwerts. Bislang sind die Q-Commerce Anbieter aber eher eine Ergänzung zum Wocheneinkauf im Supermarkt und werden dementsprechend häufig nur für kleine Impulsbestellungen genutzt. Ein Mindestbestellwert ist also gegenläufig zum Prinzip der spontanen Gelegenheitseinkäufe. Die gesamte Infrastruktur, wie die kleinen Warenlager, das kompakte Sortiment und die Lieferung mit Fahrrädern ist zudem auf Impulsbestellungen ausgelegt, weswegen größere Einkäufe nur schwer umsetzbar wären.

Fraglich ist also, wie die Anbieter ihr Geschäftsmodell profitabel gestalten werden. Um langfristig eine Vormachtstellung gegenüber dem stationären Lebensmitteleinzelhandel zu gewinnen, muss zuerst ein Konzept erarbeitet werden, durch das die Anbieter langfristig schwarze Zahlen schreiben werden.

Herausforderungen der Quick-Commerce Anbieter

Ein wichtiger Kostenfaktor sind die Lohnkosten der Fahrer. Falls der Mindestlohn erhöht werden sollte, erwarten Gorillas und Co zusätzliche Mehrkosten, die sie schlussendlich an den Kunden weitergeben müssen. Zudem beklagen sich vermehrt Fahrer über schlechte Arbeitsbedingungen und Missstände im Unternehmen, was dem Ruf der Quick-Commerce Anbieter schadet und die Suche nach Fahrern zum Ausbau ihres Unternehmens massiv erschwert. Um mehr Fahrer zu akquirieren, stellt der Lieferdienst Lieferando, der dieses Problem bereits seit Jahren hat, nun Dienst-Smartphones mit Flatrates und Dienstfahrräder zur Verfügung und erhöht den Stundenlohn der Fahrer. Diese Möglichkeiten würden sich auch für Quick-Commerce Anbieter bieten, um besser Fahrer für die Expansion ihres Unternehmens zu werben.

Die Verteilung und Positionierung der Lagerräume stellen die Anbieter vor weitere Herausforderungen. Um eine schnelle Lieferung zu ermöglichen, müssen die gewünschten Produkte bereits in einem nahegelegenen Lager vorrätig sein. Da ein solches Lager nur profitabel operiert werden kann, wenn es bei möglichst vielen Kunden in unmittelbarer Nähe ist, beschränkt sich das Konzept des Quick-Commerce entsprechend auf dicht besiedelte urbane Gebiete. Die Lager sind also meist nur in Innenstädten und Wohngebieten. Die dortigen Anwohner beschweren sich jedoch über den Lärm von Fahrzeugen und Fahrern, und über zugeparkte Straßen. Amsterdam hat daher als erste Stadt eine Expansionssperre verhängt, die weitere Eröffnungen der Dark Stores in der Stadt verbietet.

Eine Möglichkeit diese Dark Stores zu umgehen, bietet sich in der derzeitigen Kooperation zwischen Gorillas` Konkurrent Flink und dem Lebensmitteleinzelhändler REWE. Die Vorteile für Flink liegen darin, dass REWEs Filialen als Mikroverteillager für sie dienen und sie von den vergünstigten Einkaufsbedingungen, die REWE aufgrund seines hohen Absatzvolumens besitzt, profitieren. Durch die Verzahnung der Geschäftsmodelle profitiert auch REWE, denn sie dehnen ihre Lieferung weiter aus, indem sie neben dem E-Commerce nun auch Q-Commerce anbieten können. Zudem sichern sie sich einen Teil des Absatzes von Impulsartikeln, der andernfalls an die Quick-Commerce Anbieter verloren gegangen wäre.

Quick-Commerce – Quo vadis?

Das Konzept von Quick Commerce besitzt zwar großes Potenzial, in erster Linie muss jedoch die Profitabilität gewährleistet werden, um langfristig gegen den Lebensmitteleinzelhandel bestehen zu können. Es bleibt spannend zu sehen, welche (Kooperations-) Strategien sich als erfolgreich erweisen und damit den Wettbewerb der einzelnen Anbieter maßgeblich beeinflussen.

Kooperationen mit Lebensmitteleinzelhändlern, wie REWE, bieten eine große Chance, von der beide Vertragspartner stark profitieren können. Da E-Commerce im Lebensmitteleinzelhandel noch eine Seltenheit ist, könnte durch den Aufkauf der Quick-Commerce Lieferdienste ein Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht werden. Die Lebensmitteleinzelhändler können ihren Online-Liefermarkt weiter ausbauen und damit die Gefahr, die von den Quick-Commerce Unicorns ausgeht, abwenden.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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Markus Skoda, MBA unterstützt Unternehmen bei der Strategieenwicklung und der operativen Umsetzung mit Fokus auf E-Commerce und Digitalisierung.

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Einblick in die Arbeit der Boutique-Strategieberatung FOSTEC & Company

Welche Themen umfasst eigentlich das Leistungsspektrum von FOSTEC & Company? Welche Mandanten werden betreut und was zeichnet FOSTEC & Company eigentlich aus?

Im neu erschienenen Image Video beantworten Markus Fost und sein Team diese und weitere Fragen, um einen Einblick in unsere Arbeit zu geben. Als führende unabhängige Strategieberatungs-Boutique mit Schwerpunkten in der Digitalisierung und im E-Commerce begleiten wir von der Strategie bis zur Umsetzung und stellen so die Realisierung identifizierter Potenziale sicher. Unsere Mandanten sind vorwiegend produzierende Unternehmen aus allen Sektoren, für die wir zukunftsfähige Geschäftsmodelle entwickeln.

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Der letzte Teil der dreiteiligen Blogreihe zum Thema Blogreihe zum Thema Tokenisierung von Vermögenswerten beschreibt das kaum verbreitete Phänomen der Private Equity Tokenisierung. Der erste Beitrag hat in die komplexe Dynamik von Security Token Offerings (STOs) und die Blockchain-Technologie eingeführt. Der zweite Beitrag widmete sich konkreten Umsetzungsbeispielen und Nutzungsmöglichkeiten einer dedizierten Anlageform und legte den Fokus auf die Tokenisierung von Immobilien und Immobilienprojekten. Dieser letzte Beitrag beschreibt die Möglichkeit sowohl Private Equity als auch Venture Capital Funds für Kleinanleger und private Investoren zu öffnen und somit eine neue Anlagekategorie zu erschaffen: handelbare Anlagegüter im Private Equity und Venture Capital Umfeld – in anderen Worten – die Möglichkeit von den Vorteilen von Private Equity Investments zu profitieren, ohne das Risiko der langen Halteperiode tragen zu müssen. Das für die nachfolgenden Ausführungen erforderliche Grundlagenwissen kann ideal über das Lesen des ersten Beitrags erfolgen: Die Tokenisierung von Vermögensanlagen – Was sind Tokens und wie funktionieren sie?

Private Equity und Venture Capital Investments

Aus dem Englischen übersetzt, steht der Begriff Private Equity für privates Beteiligungskapital. Demnach wird im Zuge von Private Equity Investments mit Geldern investiert, welche nicht öffentlich zugänglich und somit im wirtschaftlichen Sinne gesprochen privat sind. Öffentliche Gelder (Public Capital) wäre somit Kapital, welches aus der Öffentlichkeit in ein Unternehmen fließen würde – wie z.B. bei Aktiengesellschaften durch deren Aktionäre. Da Private Equity Unternehmen zumeist versuchen in Firmen zu investieren, welche jedes Jahr einen stabilen Cashflow generieren, können Investments dieser Art oft hohe Summen erfordern. Dies führt dazu, dass die typischen Kapitalgeber eines Private Equity Fonds vermögende Privatpersonen oder institutionelle Anleger wie beispielsweise Banken, Versicherungen, Renten Fonds oder Family Offices sind. Das aktive Fondmanagement durch die Private Equity Gesellschaften sowie das Investieren in unterschiedliche Unternehmen (Diversifizierung des Fonds) machen Private Equity Investments zu einem der bevorzugten Vehikel für Großinvestoren. Allein die lange Halteperioden, zwischen 3 und 10 Jahren je nach Fond, erhöhen das Risiko dieses Investments erheblich. Dieses Risiko wurde in der Vergangenheit zumeist von den überdurchschnittlich hohen Renditen aufgewogen.

Venture Capital Unternehmen investieren in einer ähnlichen Art und Weise, jedoch liegt der Investmentfokus bei diesen Unternehmen vorwiegend auf schnell wachsende Start-ups. Da der Erfolg des Unternehmens zum Zeitpunkt des Investments noch ungewiss ist, müssen Venture Capital Investoren mit einem erheblich erhöhten Risiko rechnen, werden jedoch durch signifikant höhere potenzielle Gewinne entschädigt. Beide Anlageklassen teilen gewisse Vorteile, Nachteile und Charakteristika. Ähnlich wie Immobilieninvestments, sind klassische Venture Capital und Private Equity Investments für Kleinanleger nahezu unerreichbar. Zusätzlich weisen diese Investments für den Kleinanleger ein erhöhtes Risiko auf, da dieser nicht in der Lager wäre sein Investment frühzeitig zu veräußern, um Verluste zu vermeiden.

Bereits heute gibt es gewisse Konzepte, welche sowohl den Private Equity als auch den Venture Capital Markt für Kleinanleger zu öffnen versuchen. Um die Vorteile einer Tokenisierung der oben beschriebenen Geschäftsmodelle zu verstehen wird dieser Beitrag einen kurzen Exkurs zu den Geschäftsmodellen von Companisto und Moonfare beinhalten.

Laut eigener Aussage (FAQs) beschreibt sich Companisto wie folgt: „Companisto ist eine professionelle Investment-Plattform, die Investitionen in Startups und Wachstumsunternehmen ermöglicht. Bei diesen Investitionen schließen sich mehrere Investoren zusammen, um sich gemeinsam an einem Unternehmen zu beteiligen. Companisto übernimmt als Dienstleister die Rolle eines Vermittlers zwischen Unternehmen und Investoren. Die Investoren – auch Companisten genannt – können sich mit einem Betrag ihrer Wahl an einem Unternehmen beteiligen und so gemeinsam das benötigte Kapital aufbringen. Im Gegenzug für ihre Investition erhalten die Companisten eine Beteiligung am Gewinn und an möglichen Erlösen aus einem Verkauf des Startups.“ Schlussendlich tritt dieser Anbieter als Crowdinvesting-Plattform für Kleinanleger auf und erleichtert den Zugang zu Unternehmen und Investmentoptionen. Es existiert jedoch kein Sekundärmarkt für getätigte Investments, was dazu führt, dass das investierte Kapital bis zu einem Verkauf des Startups (welcher nicht zwingend erfolgen muss) gebunden bleibt.

Moonfare bietet ein ähnliches Geschäftsmodell an. Hier wird Investoren die Möglichkeit geboten über eine Plattform in unterschiedliche Private Equity Fonds zu investieren. Ähnlich den Risken eines Investments bei Companisto, wird von Anlegern erwartet, das Investment bis zum Exit zu halten, wodurch sich das Risiko durch Intransparenz und Planungsunsicherheit erhöht. Moonfare bietet Anlegern einen halbjährlichen Sekundärmarkt an. Auf diesem können die gekauften Anlagegüter an andere Investoren veräußert werden (die Sicherheit dieser Investition wird jedoch nicht gewährleistet). Zusätzlich erwartet Moonfare eine vergleichbar hohe Mindesteinzahlung bzw. Mindestinvestition von potenziellen Investoren. Diese liegt derzeit bei 100.000 Euro.

Schlussendlich wird das erhöhte Risiko von Private Equity und Venture Capital Investments vor allem durch die lange Haltedauer und die damit verbundene Intransparenz und Unsicherheit begründet – in anderen Worten – das Risiko von Private Equity und Venture Capital Investments liegt in der mangelnden Fungibilität der Anlagegüter. Betrachtet man nun die Ausführungen des ersten Beitrags „Die Tokenisierung von Vermögensanlagen – Was sind Tokens und wie funktionieren sie?“, in welcher wir die unterschiedlichen Arten der Tokens erläutert haben sowie die Beschreibung der Security Tokens im zweiten Blogeintrag „Die Tokenisierung von Vermögensanlagen – Tokenisierung von Immobilien und Immobilienprojekten“, können wir schließen, dass die Fungibilität von Security Tokens das Risiko von Private Equity und Venture Capital Investments erheblich reduziert. Betrachtet man die Beschaffenheit von Security Tokens im Hinblick auf die Risiken von Private Equity und Venture Capital Investments, löst ein Security Token zeitgleich nicht nur die Probleme der Unerreichbarkeit für Kleinanleger, sondern auch das Risiko der mangelnden Planbarkeit für etwaige weitere Investoren.

Die Vorteile, welche eine Tokenisierung von Private Equity und Venture Capital Fonds für die potenziellen Investoren bieten können, wurden durch die Ausführungen dieser Blogreihe hinreichend aufgeschlüsselt, wobei beachtet werden muss, dass Investoren (vor allem Kleinanleger) über die Vorteile eines solchen Investments aufgeklärt werden müssen.

Mögliche Struktur eines STOs im Private Equity / Venture Capital Kontext

Die nachfolgende Abbildung zeigt eine der Möglichkeiten zur Integration des STO-Konzepts (Security Token Offerings) in die Praxis der Private-Equity und Venture Capital Finanzierung. Bei dieser Variante würde die Private-Equity- oder Venture-Capital-Gesellschaft nach wie vor mit ihren derzeitigen Partnern, die sich über LPs (Limited Partnerships) an den Investitionen beteiligen, Gelder auf dem traditionellen Weg beschaffen. Allerdings würde das Vehikel zusätzlich zum klassischen Funding, Security Tokens emittieren, in die Kleinanleger investieren und an den Gewinnen aus der Investition teilhaben können. Auf diese Weise würden die Anleger in das gesamte diversifizierte Portfolio investieren und der Private-Equity- oder Venture Capital Fonds würde zusätzliche Gelder einnehmen. Anlegen können somit an den klassischen Vorteilen von Private Equity und Venture Capital partizipieren, während sich die Halteperiode flexibel ausgestalten lässt.

Abbildung 1: STO Investment in das PE/VC Vehikel

Die zweite Abbildung zeigt die zweite Möglichkeit, das STO-Konzept in die Praxis der Kapitalbeschaffung durch Private Equity und Venture Capital zu integrieren. Bei dieser zweiten Variante würden die Private-Equity- oder Venture-Capital-Gesellschaften ihre derzeitigen Prozesse zur Kapitalbeschaffung auf Fondsbasis nicht ändern und keine Wertpapier-Token über ihre Investitionsvehikel emittieren, sondern die einzelnen Portfoliounternehmen mit Token versehen, um bei Bedarf zusätzliche Mittel in diese Unternehmen zu investieren. Die Investoren würden von allen Vorteilen profitieren mit einer Ausnahme: Sie würden in einzelne Portfoliounternehmen investieren und nicht in das diversifizierte Portfolio des Fonds. Dies würde mehr Arbeit für den Anleger bedeuten, da er mehrere Portfoliounternehmen-Token auswählen müsste, um ein gut diversifiziertes Portfolio zu erhalten. Das gut diversifizierte Portfolio würde hingegen bereits von der Private-Equity- oder Risikokapitalgesellschaft erstellt, somit wäre Option 1 die bessere Wahl für Anleger.

Abbildung 2: STO Investment in das PE/VC Portfolio Unternehmen

Es ist davon auszugehen, dass sich der Private-Equity-Fonds für die erste Variante entscheiden würde, da die zweite Variante einen höheren Rechts- und Verwaltungsaufwand sowohl in Bezug auf Kapital als auch auf Zeit erfordert. Die erste Variante wäre auch für die Anleger angenehmer, da schlecht laufende Portfoliounternehmen dann automatisch durch bessere diversifiziert würden und der Anleger nur die Leistung des gesamten Fonds überwachen müsste, anstatt einzelne Portfoliounternehmen zu kontrollieren.

Die unterschiedlichen Geschäftsmodelle und Möglichkeiten, welche in dieser dreiteiligen Blogreihe beschrieben wurden, werden in der Praxis bisher nur sporadisch umgesetzt. Dennoch ist von einer Erweiterung der Marktanteile dieser Geschäftsmodelle in ihrem jeweiligen Heimatmarkt auszugehen.

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Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

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