Digitalisierung der Arbeit – Der Stoff, aus dem Filme sind

Roboter, die immer mehr die Kontrolle übernehmen und die Welt, wie wir sie kennen, umwälzen: Pure Fiktion und der Stoff zahlreicher Hollywood-Blockbuster? Oder ist dieses Szenario durch die Robotic Process Automation (RPA) im Grunde nicht bereits Wirklichkeit?

Unternehmen auf der ganzen Welt beschäftigen sich aktuell mit den disruptiven Veränderungen der weltweiten Wirtschaft und deren Auswirkungen. Der Arbeitsmarkt wird durch völlig neue Dynamiken geformt und dabei immer technischer und immer globaler. Probleme wie der Fachkräftemangel auf der einen Seite treffen auf die Automatisierung von Prozessen auf der anderen. Die Angst, dass die Digitalisierung Tausende von Jobs vernichten wird (einige Schreckensmeldungen in den Medien sprechen von jedem zweiten Job), ist weit verbreitet und in Teilen auch nicht unbegründet. So gehen die Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zwar nicht davon aus, dass durch die Digitalisierung Berufszweige vollständig von der Bildfläche verschwinden werden, doch Berufsgruppen, in denen bereits heute mehr als 60 Prozent aller Tätigkeiten von Computern übernommen werden können, blicken keiner besonders rosigen Zukunft entgegen. Forscher aus Oxford sagten 2017 voraus, dass ein Drittel der Jobs durch künstliche Intelligenz ersetzt werden wird. Die aktuellen Entwicklungen im Bereich RPA, die langsam nicht mehr in den Kinderschuhen steckt und beginnt Tempo aufzunehmen, lassen diese Schätzung sogar noch optimistisch erscheinen. Am größten ist diese Gefahr für das Segment der Fertigungsberufe (mit einer Automatisierbarkeit von mehr als 70 Prozent). Im Bereich der fertigungstechnischen Berufe lassen sich immerhin noch 65 Prozent der Tätigkeiten automatisieren. Alle weiteren Berufssparten können zumindest teilweise aufatmen, denn das gewichtete, durchschnittliche Substituierungspotenzial liegt hier bei unter 50 Prozent. Die andere Seite der Medaille: Die Digitalisierung schafft auch unzählige neue Jobs. Laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums sollen es in den nächsten fünf Jahren sogar ganze 58 Millionen sein. Doch wie sehen diese aus, wie können wir uns auf diesen Wandel vorbereiten und wie können wir vor allem aktiv dazu beitragen, dass der Wandel in der Gesellschaft Gewinner anstatt Verlierer hervorbringt?

 

Der Status Quo

Der Wandel der Arbeit ist bereits in vollem Gange. Erkennen können wir das nicht zuletzt daran, dass viele offene Positionen im Technologie-Bereich kaum noch zu besetzen sind und der Arbeitgebermarkt sich zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt hat. Der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar und betrifft längst nicht mehr nur MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Kenntnisse der digitalen Welt sind heute immer mehr auch von Betriebswissenschaftlern und kreativen Köpfen gefordert. Geradezu paradox an dem Nachwuchsmangel ist dabei, dass unzählige der neuen Arbeitsplätze sich durch die fortschreitende Automatisierung selbst bedrohen.

 

Der Lauf der Zeit

Wie alle großen Neuerungen vernichtet die Digitalisierung also Arbeitsplätze, sie schafft sie aber auch. Ein Blick zurück zeigt, dass technologische Neuerungen schon immer die Angst im Menschen geweckt haben, ersetzbar zu sein. Man denke etwa an die Erfindung des Barcodes. Allen Unkenrufen zum Trotz gingen die schlimmsten Vorhersagen aber stets daneben und auch heute noch sitzen in allen Supermärkten Kassiererinnen. Was unterscheidet nun aber die heutige Situation von der Angst, die die Gesellschaft bei großen technologischen Veränderungen in der Vergangenheit hatte? Und gibt es überhaupt einen Unterschied, oder handelt es sich schlicht um die ureigene Angst der Menschen vor Neuem?

 

Die besondere Rolle der Digitalisierung

Als das Auto oder der Computer erfunden wurden, konnten den heutigen Strukturen ähnelnde Prozesse beobachtet werden. Die Vernichtung einiger Berufe auf der einen Seite brachte neue Berufe auf der anderen hervor. Doch beschränkte sich die Umwälzung auf einzelne Lebensbereiche und ging langsam und in Teilen kaum merklich von statten, organisationsschwere Bildungseinrichtungen und Arbeitnehmer hatten Zeit, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Die Digitalisierung verändert die Art der Arbeit heute aber so grundlegend, wie es bisher noch nie der Fall war. Die Frage ist heute nicht mehr, ob die Sekretärin den Brief mit der Schreibmaschine oder am Computer tippt. Heute werden ganze Industrien durch Cloud Computing und Data Science neu gestaltet und mit ihnen in ihrem Wesen völlig neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Anforderungen der Arbeitswelt und die Art des Umgangs mit Daten verändern sich so schnell, dass sie in keinem Lehrplan zu finden sind und diese Veränderung betrifft beinahe alle Berufsfelder gleichermaßen.

Herr werden wir dieser Situation nur durch ein Umdenken bei der Aus- und Fortbildung. Bereits in der Schule und Ausbildung müssen die Lehrpläne digitaler werden, wobei sich das Thema Digitalisierung der Bildung allerdings nicht nur auf den Informatikunterricht beschränken sollte. Der Deutschunterricht sollte neben den klassischen Textarten das Schreiben für das Netz und Social Media-Interaktion beinhalten, der Musikunterricht darauf eingehen, was künstliche Intelligenz in der Musik zu leisten vermag. Es geht dabei nicht darum, dass jeder Schüler zum Programmierer werden soll. Vielmehr muss ein für jeden Beruf unerlässliches digitales Verständnis entwickelt werden. Dafür müssen die heutigen Bildungsbeauftragten vielleicht ihre Komfortzone verlassen, doch ist es genau dieses Einlassen auf Neues, dass die Berufswelt von morgen prägt! Gleiches gilt auch für Unternehmen. Die Zeiten, in denen man einen Arbeitnehmer eingestellt hat und dieser daraufhin über Jahre seiner Arbeit nachgegangen ist, sind vorbei. Um dem Fachkräftemangel in Zeiten der Digitalisierung zu begegnen, gilt es eigene Fortbildungsstrukturen aufzubauen und die eigenen Mitarbeiter zu befähigen, heute und in der Zukunft mit den Veränderungen Schritt zu halten.

 

Die Automatisierung von White Collar-Aufgaben

Das Schlagwort Digitalisierung der Arbeit ruft beinahe automatisch Assoziationen von Robotern in Fabrikhallen hervor, wo sie bereits seit Jahren ehemals von Menschen erledigte Aufgaben ausführen. Doch macht die große, durch die Digitalisierung angetriebene Umwälzung nun auch vor den Büros nicht mehr Halt. Schon heute werden dank RPA zeit- und verwaltungsintensive Prozesse automatisch durchgeführt, Alexa beantwortet Recherche-Fragen schneller, als man dazu selbst je in der Lage wäre, und Google Translate übersetzt Texte immer flüssiger. Studien haben sogar eine höhere Treffergenauigkeit bei der Hautkrebsfrüherkennung einer computergestützten Diagnose im Vergleich zu der Diagnose der Ärzte festgestellt.

Verantwortlich sind zwei technische Entwicklungen, die der künstlichen Intelligenz zu enormen Sprüngen verhelfen: „Machine Learning“ und „Deep Learning“. Beim maschinellen Lernen erkennen Computer Gesetzmäßigkeiten, merken sich Anwendungsbeispiele und meistern mit dem Gelernten später auch neue Situationen ohne menschliche Hilfe. Beim „Deep Learning“ erfolgen zahlreiche Berechnungen nacheinander auf unterschiedliche Datenschichten, was nur durch enorme Rechenleistung und riesige Datenmengen („Big Data“) möglich ist. So konnte „Deep Learning“ beispielsweise die Spracherkennungssysteme von Google und Apple wesentlich verbessern.

 

Chancen durch die Automatisierung von Prozessen

Diese Fähigkeiten nicht zu nutzen, wäre töricht. Sie können unseren Arbeitsalltag um so viel produktiver und effizienter gestalten und unsere Fehlerquote massiv reduzieren. Der Computer wird dem Arzt eine Diagnose vorschlagen, dieser muss sie nur noch validieren und bestätigen. Der Übersetzer kann sich die Vorarbeit sparen und langwierige Recherchen werden beschleunigt. Die Personalabteilungen müssen nicht mehr stapelweise Bewerbungsunterlagen sichten, die Vorauswahl übernimmt der Computer für sie. Die Personaler entscheiden dann, welcher Kandidat aus der getroffenen Vorauswahl der neue Kollege werden soll. KI könnte Protokolle schreiben, repetitiven Tätigkeiten nachgehen, wie etwa dem Austüfteln von Lieferketten oder der Zuteilung von Schreibtischen und Inventar.

Inzwischen sind vor allem im Bereich der Datenauswertung viele Technologien soweit, dass sie mit kleinem Aufwand implementiert werden können und nur eine kurze Schulung der Mitarbeiter nötig ist. Gerade für Unternehmen, die das Thema Digitalisierung erst spät angegangen sind, ergeben sich hier ungeahnte Möglichkeiten, nicht abgehängt zu werden und die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen. Durch eine strategische und planvolle Vorgehensweise, das Setzen von Zielen und eine klare Mitarbeiterkommunikation, können Vorbehalte in den eigenen Reihen ausgeräumt und das volle digitale Potenzial des Unternehmens entfaltet werden.

Eine der aktuellsten Automatisierungstechnologien für klassische White Collar-Tätigkeiten ist die Robotic Process Automation. Bei diesem Software-gestützten Ansatz übernehmen Softwareprogramme Aufgaben, die einem festen Regelwerk und vorgegebenen, sich wiederholenden Arbeitsschritten folgen. Klassische Einsatzgebiete sind HR, Buchhaltung oder Kundendienst. Bereiche also, die für jedes Unternehmen relevant sind. Die Vorteile der Technologie sind enorm: Die Prozesse werden durch sie nicht nur schneller ausgeführt, die Roboter machen zudem keine Fehler und können Tag und Nacht arbeiten. Sie sind im Grunde an der Benutzeroberfläche angesiedelt und imitieren die Tätigkeiten des Menschen, dessen Eingreifen nur selten notwendig ist (beispielsweise bei Fehlern im Skript, die der Roboter nicht zu erkennen vermag). Was die RPA simplen Macros so überlegen macht? Die Roboter lösen das bisher vorhandene Schnittstellenproblem, da sie Prozesse und Prozessschritte völlig unabhängig voneinander verbinden. Sie sind somit in der Lage, Positionen komplett zu ersetzen und dadurch Arbeitskraft für intellektuell anspruchsvollere, nicht automatisierbare Aufgaben freizusetzen. Beispielsweise für die Entwicklung von noch fortschrittlicheren Robotern, die unseren Arbeitsalltag noch weiter erleichtern.

 

Mehr zum Thema:

Digitale operative Exzellenz

Artificial Intelligence und Machine Learning

Indusrie 4.0

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Amazon Business-Blogbeitragsreihe Teil 1:

Great Expectations – Von einem der auszog, den B2B-Markt zu erobern  

Große Ambitionen sind Programm bei Jeff Bezos. Und groß ist auch der B2B-Markt. Kein Wunder also, dass Amazon sich aufmacht, diesen genauso systematisch zu erobern, wie dies im B2C-Markt bereits seit Jahren erfolgt.

Online vs. offline

Einkaufen? Ein notwendiges Übel. Zum Glück lässt sich heute jedoch im Grunde alles, was das Herz begehrt, innerhalb von Sekunden online bestellen und dank Alexa geht das jetzt sogar auf Zuruf. Diese kleinen Annehmlichkeiten des Alltags sind wohl auch der Grund dafür, dass wir gerade Zeugen einer anhaltenden, weltweiten Kanalverschiebung von offline zu online werden. Die im Privaten erlebte „Shopping-Convenience“ überträgt sich immer weiter als Anspruch an die geschäftliche Beschafftungsbedürfnisse.

Bedingt gilt das auch für den B2B-Markt, der aber mit einem Online-Anteil von 2-3% im Vergleich zum B2C-Markt (bei dem der Online-Anteil bereits 12-15% ausmacht) noch viel Entwicklungsspielraum bietet. Auf den ersten Blick besonders verwunderlich ist der geringe Online-Anteil vor dem Hintergrund, dass der B2B-Markt bis 2022 ein Volumen von 6.700 Milliarden EUR erreicht und dann in etwa zweimal so groß sein wird wie der B2C-Markt. Woran liegt das? An einer altruistischen Einstellung der Online-Händler, die ohnehin schon genug verdienen und ihren Pendants vor Ort deren Erfolg von Herzen gönnen? Oder doch an der Komplexität des fragmentierten B2B-Markts?

Von Smallpart.com bis Amazon Business

Dass Erfolg auf dem Online-B2B-Markt kein Selbstläufer ist und sich Prozesse aus dem erfolgreichen B2C-Bereich nicht einfach übernehmen lassen, verdeutlicht Online-Pionier Nummer eins. Als digitaler Vorreiter und Innovationsfabrik hat Amazon das noch schlummernde Potenzial natürlich längst erkannt und ist schon drauf und dran, diese neue Kundschaft für sich zu gewinnen. Doch was sich inzwischen in die lange Reihe der Erfolgsgeschichten von Amazon einfügt und ungeahnte Ausmaße anzunehmen scheint, war anfangs keinesfalls ein Selbstläufer.

2005    Amazon übernimmt Smallpart.com. Die Waren wurden damals noch über den Webshop von Smallpart selbst verkauft und nach und nach kamen Übernahmen weiterer Unternehmen hinzu, die nach dem gleichen Prinzip eingesetzt wurden.

2012   Amazon ändert das Konzept und startet mit Amazon Supply in die Beta-Phase. Der Plan: Andere Großhändler sollten allein durch den enormen Umfang der Produktpalette in Bedrängnis geraten. Doch die von Amazon anvisierten KMU sprangen nicht wirklich auf die enorme Auswahl kombiniert mit ein paar aus dem B2C-Bereich übernommenen Anreizen wie Versandkostenfreiheit und 365-Tage-Rückgaberecht an. Das mag daran gelegen haben, dass zwar sowohl B2C- als auch B2B-Kunden Menschen sind, sie aber eben doch nicht die gleichen Bedürfnisse haben. Vor allem aber lag es daran, dass Amazon Supply eine eigene Plattform ohne Verlinkung zur Amazon-B2C-Welt war und Amazon es daher nicht schaffte, den nötigen Traffic aufzubauen. Doch Jeff Bezos wäre nicht Jeff Bezos, wenn er sich von einem Rückschlag hätte aufhalten lassen und das Trial-and-Error-Prinzip ist bei Amazon bekanntermaßen Programm. Es musste also ein neues Konzept her, das endlich den Durchbruch auf dem B2B-Markt bringen sollte.

2015    Amazon Supply wird beerdigt und steigt als Amazon Business wie der Phoenix aus der Asche. Mit im Gepäck ist neben einer noch umfangreicheren Produktpalette eine weitere entscheidende Neuerung: Der Marktplatz wird auch für Dritte geöffnet. So kann der Onlinegigant nicht nur bestehende Lieferbeziehungen auf die Plattform bringen, sondern das Sortiment perspektivisch auch noch beinahe unendlich erweitern. Durch das hierdurch gesteigerte Kundenerlebnis und in der Folge mehr Verkäufe entsteht eine Aufwärtsspirale, die es erlaubt Kosten und Preise zu senken und so für noch mehr Wachstum zu sorgen.

2015    Amazon Supply wird beerdigt und steigt als Amazon Business wie der Phoenix aus der Asche. Mit im Gepäck ist neben einer noch umfangreicheren Produktpalette eine weitere entscheidende Neuerung: Der Marktplatz wird auch für Dritte geöffnet. So kann der Onlinegigant nicht nur bestehende Lieferbeziehungen auf die Plattform bringen, sondern das Sortiment perspektivisch auch noch beinahe unendlich erweitern. Durch das hierdurch gesteigerte Kundenerlebnis und in der Folge mehr Verkäufe entsteht eine Aufwärtsspirale, die es erlaubt Kosten und Preise zu senken und so für noch mehr Wachstum zu sorgen.

2016    Markteintritt in Deutschland

2017    Markteintritt in Großbritannien, Japan und Indien

2018    Markteintritt in Frankreich, Spanien und Italien

Dass dieses Konzept aufgeht, zeigt das Beispiel der USA. Innerhalb kürzester Zeit entstand dort ein B2B-Marktplatz, der schon im ersten Jahr über eine Milliarde USD Umsatz erwirtschaftete und 30.000 Händler gewinnen konnte, die auf der Plattform an über 40.000 Geschäftskunden ihre Produkte verkaufen und die Zuwachsraten steigen ununterbrochen weiter an. Zu den Kunden zählen heute Kleinstbetriebe ebenso wie Fortune-500-Unternehmen und kaufen kann man Glitzerperlen ebenso wie Zementmischungen.

Der Blick in die Glaskugel

Zugegeben: Was Amazon als nächstes tun wird, weiß man nie so genau. Aber angesichts des Erfolgs von Amazon Business, dem enormen Umsatzpotenzial auf dem B2B-Markt und der Tatsache, dass das Unternehmen immer mehr auf seine inzwischen über 70 Eigenmarken setzt, kann man mit Sicherheit sagen, was Amazon nicht tun wird: Sich mit der bloßen Bereitstellung einer Handelsplattform zufriedengeben. Das erklärte Ziel scheint die industrielle Fertigung zu sein.

 

Lesen Sie in den kommenden Teilen unserer Beitragsreihe welche Rolle Deutschland als Industriestandort und wichtiger Teil der weltweiten Industriewertschöpfungskette dabei einnimmt, welche Industriezweige vor den größten Veränderungen stehen, welche Strategien Amazon langfristig verfolgt, welche Chancen Amazon Business Unternehmen bietet und wie man diese als Unternehmen am besten für sich nutzt.

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Der radikale Umbruch der digitalen Interaktion ist in vollem Gange und wir bewegen uns langsam weg von physischen Endgeräten. Der nächste Schritt auf dem Weg zu Systemen, die auch Mimik und menschliches Verhalten deuten können, sind Voice-Interfaces und in der Industrie 4.0 wird Sprache zu wirklichen Wettbewerbsvorteilen führen. Das Rennen dafür ist eröffnet und nun gilt es, sich die Pole-Position zu sichern. Jetzt auf den Voice Commerce-Zug aufzuspringen, bietet Unternehmen aller Branchen die Möglichkeit, mit der Sprachinteraktion den nächsten großen Schritt der digitalen Revolution in die eigenen Handelsstrategien einzubeziehen. Das Marketing spielt dabei aber nach völlig neuen Regeln.

 

Der Wandel der Interfaces – warum Sprache die Tastatur um Längen schlägt

 

Das Interface, wie wir es kennen, wird schon bald Geschichte sein. Warum das so ist und welche Bedeutung Interfaces für etablierte Unternehmen haben, brachte Tom Goodwin, Senior VP Strategy & Innovation von Havas Media, treffend in nur einem Satz auf den Punkt:

„The Interface is where the profit is.”

Airbnb, Uber und Facebook sind die besten Beispiele dafür. Sie alle haben gemein, dass sie keine eigenen Produkte besitzen. Sie halten die Schnittstelle zum Kunden bereit und eröffnen den Nutzern Zugang zu Produkten und Dienstleistungen. Durch ihre Positionierung innerhalb der Wertschöpfungskette stellen sie Unternehmen aller Branchen derzeit vor immense Herausforderungen und es besteht kein Grund zur Annahme, dass diese in der Zukunft kleiner werden dürften, denn der Wandel der Interfaces verlief bereits seit jeher rasant. Bis vor etwa 20 Jahren war die Schnittstelle zu unseren Computern Windows 95, das iPhone der 90er Jahre. Der Konkurrent Apple lag am Boden und Microsoft hatte mit seinem Betriebssystem, das sich durch einen meist matschgrünen Bildschirmhintergrund und viele Abstürze auszeichnete, einen Marktanteil von mehr als 95 Prozent. Doch der Weg in die mobile Zukunft blieb Microsoft versperrt. Obwohl Microsoft früher als die Wettbewerber Tablet-PCs auf den Markt brachte und dadurch durchaus Ansätze von Pioniergeist zeigte, muteten diese doch eher wie kleinere Versionen eines Desktop-Computers an. Apple hingegen sorgte 2007 mit dem iPhone für den Beginn einer neuen Ära. Design und Nutzerfreundlichkeit wurden plötzlich zu wichtigen Faktoren und kleine, intuitiv zu bedienende Programme hielten Einzug: Die Apps. Doch auch wenn der Siegeszug des Touch Displays aktuell noch anhält und es das momentan am bequemsten zu bedienende Interface ist, stehen wir gerade an einem Wendepunkt, da die Präzision AI-basierter Assistenten drauf und dran ist, die Präzision des menschlichen Ohres zu überholen. Damit ist der radikale Umbruch der digitalen Interaktion erneut in vollem Gange und er führt langsam weg von physischen Endgeräten und der damit verbundenen manuellen Eingabe hin zu einer viel mehr unserem Wesen entsprechenden, auf unserer natürlichen Sprache basierenden Interaktion. Und wahrscheinlich sind Voice-Interfaces auch diesmal nur der Anfang einer unaufhaltsamen Entwicklung, an deren Ende uns Systeme erwarten, die nicht nur Sprache dekodieren, sondern auch unsere Mimik und menschliches Verhalten deuten, daraus Schlüsse ziehen und aus diesen Erkenntnissen Handlungen ableiten können.

Dieser Wandel macht sich inzwischen auch in unserem Alltag bemerkbar. Der dem Smartphone angestammte Platz an unserem Ohr wurde zugunsten einer etwas tiefer gelegenen Position aufgegeben und das Smartphone wartet nun vor unserem Mund auf unsere Befehle: Sprachnachrichten, Notizen und Termine werden einfach diktiert. Wir sprechen mit Siri, Google & Co und freuen uns darüber, dass persönliche Assistentinnen nun nicht mehr nur in den Chefetagen den Alltag erleichtern, sondern wir alle eine haben können.

 

Das Rennen ist eröffnet – und Alexa der klare Sieger

Doch was genau sind digitale Assistenten? Digitale Assistenten sind persönliche Berater, die auf Basis von natürlicher Sprache mit den Kunden interagieren. Apple hat eigene Ideen, die mit Siri umgesetzt werden, Googles Antwort ist der Google Assistant, Amazon geht mit der smarten Assistentin Alexa ins Rennen. Doch was uns heute als nette Plauderei und lustiges Gimmick erscheint, bietet die einmalige Chance, traditionelle Suchmaschinen abzuhängen und deren Nutzung schon bald wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen anmuten lassen. Der Preis? Unter Umständen die eigene Unabhängigkeit und das Abdriften in die Ökosysteme einzelner Internetgiganten. Denn wie wertfrei Siri, der Google Assistant und Alexa Anfragen beantworten und Systeme von Konkurrenten aufrufen werden, bleibt offen. Sicher ist jedoch, dass Googles Marktanteil von aktuell 95 Prozent der Suchanfragen in Deutschland abnehmen wird. Das Rennen der digitalen Assistenten um die Verteilung der Marktanteile ist eröffnet und ein Favorit steht bereits fest.

Amazon ist mit Alexa, die freundlich mit ihren Nutzern plaudert und zuweilen auch mal einen mehr oder minder lustigen Witz erzählt, mit etwa 70 Prozent Marktanteil in den USA und Europa wie so oft unangefochtener Spitzenreiter und es scheint beinahe unmöglich, diesen Vorsprung noch einzuholen. Dies mag zum einen daran liegen, dass Amazon früher als Google mit den smarten Lautsprechern auf den Markt ging. Die wohl wichtigsten Faktoren sind jedoch mit Sicherheit, dass Amazon mit Alexa das System für Drittanbieter öffnet, so mehr Unternehmen auf die Plattform locken und das aktuell wohl umfangreichste Angebot im Bereich digitaler Assistenz anbieten kann:

  • Alexa Deals: Durch den eigenen Webshop kann der Konzern Transaktionen und Käufe direkt abwickeln. Und um die Verkäufe von Alexa voranzutreiben, gibt die „Alexa Deals“, bei denen Kunden bis zu 40 Prozent sparen können, wenn sie ihren Einkauf über Alexa abwickeln.
  • Alexa als Online- und E-Commerce-Suchmaschine: Alexa überträgt das Google-Konzept nicht nur auf Sprache, sondern erweitert es noch um Assistenzfähigkeiten.
  • Alexa Skills: Mit bereits über 30 000 Skills bietet Alexa von allen Assistenzsystemen die meisten Fähigkeiten und lässt ihre Konkurrenten weit hinter sich.
  • Smart Home-Kompatibilität: Das Licht im Flur auch mit Einkaufstüten unter dem Arm auf Zuruf anschalten zu können, ist nur eine der zahlreichen Smart Home-Funktionen in Alexas Repertoire. Besonders clever dabei: Amazon bindet an dieser Stelle andere Unternehmen ein und vertreibt deren kompatiblen Smart-Home-Produkte, wie beispielsweise Qivicon, das Smart-Home-System der Deutschen Telekom.

Wie erfolgreich Amazon mit der Strategie der Einbindung anderer Unternehmen verfährt, sieht man vor allem daran, wie viele große Hersteller auf den Zug aufspringen und ihre Geräte mit Alexa ausstatten, darunter LG, Panasonic oder Whirlpool, und auch immer mehr Autobauer nehmen Alexa an Board. Alexa hält somit Einzug in unseren Alltag und leistet ihren Teil dazu, das Imperium von Amazon weiter auszubauen.

 

SEO im Voice Content Marketing – Challenge accepted

Was aber bedeuten diese Entwicklungen für Marketingtreibende aller Branchen? Ein Thema, das Unternehmen aller Branchen betrifft, ist SEO, dass nun völlig neu gedacht werden muss. Denn unabhängig der Marketingziele und des Produkts: Der Nutzer muss das Angebot im Netz finden. Doch Nutzer können sich deutlich weniger Ergebnisse merken, wenn diese vorgelesen werden und so verschärft sich der Kampf um Platz eins noch einmal deutlich. War es zuvor unter Umständen noch ausreichend, auf der ersten Seite bei Google gelistet zu werden, zählt heute nur noch die Pole-Position. Zudem funktioniert die Sprachsuche von Grund auf anders, da diese auf kompletten Sätzen und nicht nur Stichworten basiert. Die bisherige Optimierung von Webseiten anhand einzelner Keywords weicht bei der Voice Search bestimmten Wortgruppen oder zusammenhängenden Elementen, sogenannten Longtail-Keywords. Und auch die Aufbereitung der Antworten erfolgt nach neuen Regeln, denn anstatt einen Kunden bei Fragen zu einem Produkt oder einer Dienstleistung etwa auf die FAQs eines Unternehmens zu leiten, müssen die Antworten bei der Voice Search knapp formuliert und überaus präzise sein. Bei der Content-Entwicklung gilt es zudem zu beachten, dass Texte, die zum Hören verfasst werden, anders strukturiert sein müssen als ihre schriftlichen Pendants.

 

Alexas Bedeutung für Marken – Amazons Eigenmarken auf der Überholspur

Sich morgens von Alexa wecken oder sie ein Taxi bestellen zu lassen, Smart Home-Geräte per Zuruf zu bedienen und Alexa als Wissensdatenbank beim Lösen von Kreuzworträtseln einzusetzen, sind nette Gimmicks und wohl der Hauptgrund, warum die Lautsprecher der Echo-Familie gerade reißenden Absatz finden. Sogar Heizung und Waschmaschine gehorchen Alexa aufs Wort, wenn sie in das Smart-Home integriert ist. Das alles soll aber nur ihren wahren Zweck verschleiern: Verkaufen. Und zwar das, was Amazon verkaufen möchte. Und dabei erfindet Alexa durch den innovativen Kanal der Smart Speaker die Regeln des E-Commerce völlig neu, denn mit der Verkaufsplattform ändert sich auch, wie die Kunden mit dem Internet interagieren, wie sie Produkte suchen und sie letztlich kaufen. Der visuelle Reiz wird durch den akustischen verdrängt und plötzlich gelten ganz andere Gesetze in Marketing und Vertrieb. Indem alle visuellen Anhaltspunkte bei einer Bestellung via Spracherkennung entfallen, greifen etablierte Marketingmaßnahmen nicht mehr. Das Verpackungsdesign, dass sofort auf die Marke schließen lässt, bekannte Logos oder Positionierung werden völlig irrelevant. Ein über Jahre aufgebautes Markenimage verliert plötzlich an Wert, wenn es vor allem auf durchdachtem Design und visueller Wiedererkennbarkeit basierte. Händler stehen vor neuen Herausforderungen bei der Gestaltung ihrer Marketing-Kampagnen, wie so oft eröffnen sich ihnen aber auch ungeahnte Möglichkeiten.

Da via Sprachbefehl vor allem Produkte im unteren Preissegment gekauft werden, zählt im Grunde nur das von Alexa als erstes vorgeschlagene Produkt, denn wer möchte schon die Produktbeschreibungen von fünf verschiedenen Arten Küchenkrepp vorgelesen bekommen. Und natürlich stammt das als erstes von Alexa angebotene Produkt immer öfter aus dem Sortiment einer der über 80 Amazon-Eigenmarken. Alexa ist somit eine der zentralen Spielmacherinnen im Ausbau des Handelsimperiums von Amazon und es verwundert daher kaum, dass die Weiterentwicklung von Alexa oberste Priorität im Unternehmen hat. Übrigens: Weitere Produkte bietet Alexa nur auf explizite Nachfrage an, wenn der Kunde das erste (Amazon-)Produkt ablehnt.

 

Alexa ins Team holen – Strategien für Markenhersteller

Um auch bei Bestellungen via Sprachbefehl nicht ins Abseits zu geraten, müssen Markenhersteller daher einige neue Spielregeln beachten.

  • Um auf Platz eins (und nur Platz eins zählt!) zu landen, ist vor allem eine gut durchdachte Amazon-Strategie erforderlich, die eine stets befüllte Lieferkette und einen permanent überwachten Account voraussetzt.
  • Alexa bietet nur Artikel an, die über das Gütesiegel „Amazon’s Choice“ verfügen. Voraussetzung hierfür ist, zu den Top-Lieferanten zu zählen, die eigenen Produkte perfekt zu beschreiben und sehr gute Bewertungen zu haben.
  • Keywords müssen so gewählt werden, dass die Waren auch bei der Suche nach einer Funktion gefunden werden. Zudem sollte das Augenmerk darauf gelegt werden, welche Suchbegriffe am häufigsten angefragt werden.
  • Ein Angebot, das in Europa noch nicht vorhanden ist, aber sicherlich bald aus den USA auch zu uns überschwappen wird, ist das Bieten auf häufig nachgefragte Suchbegriffe. Dieses Vorgehen ist vor allem aus dem Grund zu empfehlen, weil Alexa einmal gekaufte Produkte künftig immer wieder vorschlagen wird.
  • Bei der Markenbildung mittels klassischer Marketingmaßnahme sollte künftig verstärkt darauf geachtet werden, nicht nur auf visuellen Wiedererkennungswert zu setzen. Ziel muss es sein, den eigenen Markennamen als Gattungsnamen zu etablieren, wie etwa Tesa, Edding oder Labello. Wird nach Labello gefragt, wird von Alexa auch Labello vorgeschlagen. Hilfreich sind an dieser Stelle auch und vor allem audiotaugliche und einprägsame Namen, die Alexa versteht und der Kunde sich merken kann (merke: Gewonnen hat man, wenn Name einprägsamer ist als Funktion).
  • Da die Bestellhistorie für Amazon ein entscheidendes Kriterium für das Angebot von Produkten darstellt, können Coupon-Kampagnen oder Gewinnspiele bei Bestellungen über Alexa großen Einfluss auf das zukünftige Bestellverhalten haben und daher langfristig sehr lohnenswert sein.
  • Die Entwicklung eines Alexa Skills ermöglicht es Marken, innerhalb von Amazon ein eigenes Shopping-Erlebnis anzubieten.

Mehr zum Thema:

Amazon-Strategien

ALEXA als multifunktionaler Gatekeeper

Das Nebenspielfeld – Was, wenn man kein Küchenkrepp verkauft?

Die Bestellung von Waren via Sprachbefehl ist sicherlich das Erste, woran man beim Thema Alexa und Marketing denkt. Doch eröffnen sich Unternehmen mit Alexa noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, ihren Kunden einzigartige Erlebnisse zu bieten. Ein gangbarer und für Unternehmen besonders attraktiver Weg ist die Entwicklung von Alexa Skills, die in etwa die Funktion von Apps für Alexa ausüben. Auf den ersten Blick vor allem für Lieferdienste und Transaktionen abwickelnde Unternehmen geeignet, setzen doch auch zahlreiche andere Branchen aus verschiedenen Gründen bereits auf sprachgesteuerte Content Marketing-Kampagnen mit eigenen Skills:

  • Reputationsmanagement und Kundenbindung: Bestehende Services für Kunden auszuweiten und als einer der ersten ein Angebot bei Alexa zu bieten, lässt das Unternehmen innovativ erscheinen und verankert es einmal mehr in den Köpfen der Kunden. So hat beispielsweise der Hersteller von Heimtiernahrung Purina PetCare ein Skill für Alexa entwickelt, der Hundefreunde mit Informationen zu bestimmten Hunderassen versorgt und Antworten auf Fragen gibt, wie welche Hunderassen sich besonders gut mit Kindern verstehen. Johnny Walker bietet den Nutzern auf diesem Weg geführte Whiskey-Verkostungen an und zudem gibt es zahlreiche Tipps und Infos zu den einzelnen Sorten. Diese interaktive Art und Weise, Whiskey zu genießen, stärkt die Kundenbindung und trägt zum Branding bei, auch wenn direkt über den Skill keine Bestellung getätigt werden kann.
  • Die Verbreitung von Inhalten: Die Tageszeitung auf Papier ist ein Auslaufmodell und es erscheint daher wenig verwunderlich, Sprachassistenten ins Content Marketing einzubinden. Kleine Blogs und klassische Medienanbieter können so zu einem Teil unseres täglichen Nachrichtenüberblicks werden, den wir uns in der Zukunft aus verschiedenen Quellen unseren Interessen entsprechend zusammenstellen und uns während des Zähneputzens oder Frühstückens werden vorlesen lassen, anstatt alle Information mühsam selbst zu recherchieren.
  • Die Vermarktung regionaler Angebote: Dank Alexa ist es recht einfach, Kunden regionalspezifisch anzusprechen. So können große Ketten ihre Kunden etwa darüber informieren, welche Angebote die Filiale in ihrer Nähe gerade anbietet. Ein Unternehmen, das diese Funktion bereits nutzt, ist Real.
  • Einbindung in den Point of Sale: Dass Alexa auch außerhalb der heimischen vier Wände zum Einsatz kommen kann, hat beispielsweise der Hosenanbieter Alberto demonstriert, der Alexa in seinem Concept Store installiert hat. Sie beantwortet dort Fragen zur aktuellen Kollektion.
  • Branding: Ähnlich wie die Etablierung des Markennamens als Gattungsbegriff bei den Markenherstellern, ist ein einprägsamer Name für das Branding im Voice Commerce essentiell. Möchte ein Nutzer bei Alexa nämlich einen Skill aufrufen, muss er zunächst den Markennamen nennen („Alexa, frag Douglas nach einem Duft“). Damit die Nutzer einen Skill auch wirklich nutzen, muss der Markenname daher in ihren Köpfen verankert sein.

 

Wie also kann man das Spiel für sich entscheiden?

Bereits heute können wir unser Spülmittel via Sprachbefehl bestellen, der Fernbedienung das gewünschte Programm diktieren oder das Licht anmachen, auch ohne eine Hand freizuhaben. Doch damit sind wir noch lange nicht am Ende der Reise angekommen, denn das Internet der Dinge wird unsere Lebenswelt nicht nur in den eigenen vier Wänden umwälzen, auch im Arbeitsleben stehen wir vor einem Wandel, etwa wenn Alexa im Restaurant Bestellungen aufnimmt, Büroinventar automatisch nachbestellt oder statt des Praktikanten Recherche für Projekte betreibt. Das Internet der Dinge wird nicht nur einen kleinen Teil unserer Lebenswelt darstellen, es wird uns dauerhaft umgeben, uns zuhören, uns verstehen und lernen zu antizipieren. Die Konsumenten werden sich an den Einsatz der Sprache schnell gewöhnen und das bedeutet, dass Händler und Marken, die auf das Angebot einer Sprachfunktion verzichten, es zu Zeiten des Conversational Commerce sehr schwer haben werden, ihre Position am Markt zu behaupten. Und je früher eine Voice Commerce- und Amazon-Strategie aufgestellt wird, desto besser! Denn nun ist schnelles Handeln gefragt, bevor der Wettbewerb rechts an einem vorbeizieht. Auch wenn die herkömmlichen E-Commerce-Distributionswege nicht bereits morgen an Gültigkeit verlieren werden, trägt das Interface heute mehr denn je zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens bei.

Unternehmen, die schon heute ihren Blick in die Zukunft richten und ihre digitale Transformation offen und agil gestalten, können zum richtigen Zeitpunkt geeignete Maßnahmen treffen, die dazu dienen, den Mitbewerbern einen Schritt voraus zu sein.

 

Mehr zu dem Thema:

Erfahren Sie mehr in dem FOSTEC & Company Dossier „ALEXA als multifunktionaler Gatekeeper – Chancen und Risiken der veränderten Konsumentengewohnheiten für Markenhersteller“

Alexa auf der Spur ist auch das Manager Magazin und ermittelt in „Markenkiller Alexa“

 

 

Zu den Amazon Strategy Consulting Services

 

 

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Die Verlagerung vom stationären zum Online Handel und die grenzüberschreitenden Käufe nehmen in der Schweiz einen hohen Stellenwert ein, nicht umsonst liegen die Pro-Kopf Ausgaben im E-Commerce im europäischen Vergleich weit vorne und führen laut Gfk Switzerland/VSV zu einem Umsatz von 8,6 Milliarden CHF in 2017, nur Waren und Güter betreffend. Der Schweizer Online Versandhandel wächst dabei im Vergleich zum Vorjahreswert wobei direkte Cross Border Online-Einkäufe überproportional steigen wie Abbildung 1 zeigt: 1,6 Milliarden CHF sind dabei 2017 via B2C oder C2C ins Ausland geflossen. Top Seller sind dabei, wie Abbildung 2 darstellt, Produkte aus der Heimelektronik, gefolgt von Fashion Produkte und an dritter Position, mit 15% vom Gesamt B2C Online Umsatzes der Schweiz-anders als in vielen anderen europäischen Länder- Produkte aus dem Food Segment.

Bis 2022 rechnen wir mit weiterem Wachstum von über 10% im Online-Handel. Wesentliche Treiber hierfür sind die Preistransparenz sowie die hohe Produktverfügbarkeit, welche im Online Handel vorherrschen.

Im Vergleich zu Deutschland und Österreich, wo Amazon den Online Markt beherrscht, ist in der Schweiz ein nationales Unternehmen, die Digitec Galaxus AG, an der Spitze des Online Handels, Zalando auf Platz 2 und Amazon schafft es mit einem geschätzten Umsatz von 500-600 Mio CHF aktuell auf den dritten Platz. Bisher können Schweizer Kunden und Kundinnen nur über die Amazon Länderplattformen de, .fr, .it und .com Produkte in der Schweiz erwerben. Dies umfasste bisher allerdings nicht das Gesamtsortiment da viele Händler, als auch Amazon selbst, teils keine Lieferung in die Schweiz anbieten. Die Zollbestimmungen der Schweiz für Privatpersonen bei einem Cross-Boarder Kauf sind ein weiterer Faktor, der das Kauferlebnis aus Kundeperspektive reduziert. Kommt es zu einer Postbestellung aus der Schweiz gilt der Kunde als Importeuer und ist verpflichtet sich selbst um die Zollabwicklung zu kümmern. Mit AmazonGlobal bietet Amazon zwar einen Service, der anfallende Importgebühren schätzt, diese im Vorfeld erhebt und für die Zustellung hinterlegt, allerdings ist dieser Service nur für bestimmte Produkte verfügbar und der Kunde kann immer noch unschöne Überraschungen bei der Verzollung erleben. Eine externe Lösung bietet bereits MeinEinkauf.ch, die für Privatkunden und Unternehmen mit Wohnsitz in der Schweiz, Versand- und Zollabwicklung aus Deutschland kommender Ware übernehmen. Der Kunde kauft und bezahlt auf Rechnung der Plattform und muss hierbei keine Einfuhrabgaben löhnen, lediglich eine Servicegebühr. Mit diesem Konzept ist ein Zugriff auf das Vollsortiment von Amazon möglich und ein paar Zehntausend Amazon Päckchen werden auf diesem Wege zugestellt.

Mit einem Vertrag, der im November 2017 von der Schweizer Post bestätigt wurde und bald anlaufen soll, will Amazon seine Reichweite ausbauen. Konkret geht es um ein Abkommen zwischen der Schweizer Post und Amazon, bei dem die Schweizer Post die Zollabwicklung inklusive Zu- und Rücksendung übernimmt. Aus Kundensicht agiert Amazon damit wie ein Schweizer Online-Shop, da er bei grenzüberschreitenden Käufen keine Berührungen mit dem Zoll mehr hat. Mit dieser neuen Kooperation kann Amazon sein Eigensortiment ohne Einschränkungen in die Schweiz einführen, ebenfalls Produkte aus dem Marktplatz Sortiment können über FBA (Fulfillment by Amazon) problemlos versandt werden. Dass, das Amazon Gesamtsortiment bald in der Schweiz vollständig verfügbar ist, ist jedoch nicht zu erwarten da viele Marktplatzhändler aus Europa die FBA Funktion nicht nutzen und die Standard-Versandoption in die Schweiz deaktiviert haben. Trotz allem rechnen wir bei Amazon mit einem Umsatz von ca. 2,5 Milliarden CHF, beim Markteintritt in den Schweizer Markt für die ersten 12 Monate.

 

Wie könnte der Markteintritt Amazon aussehen?

Amazon Pantry wahrscheinlich verfügbar

Mit Amazon Pantry der Vorratskammer aus der Box, welche FMCG und haltbare Lebensmittel beinhaltet, hat Amazon nicht das erste Mal den Schritt in neue Märkte getestet. Durch die Produkteigenschaften des Pantry Sortiments kann Amazon die operativen Geschäfte aus dem Ausland steuern ohne dabei auf Kühlketten oder Mindesthaltbarkeitsdaten und damit Liefergeschwindigkeit achten zu müssen. Auch im Hinblick auf die zwei größten Wettbewerber im Markt, Zalando, die den Online Fashion Markt anführen und Digitec (Migros), die den Consumer Eletronics Markt beherrschen, ist der Online-Food Markt ein Sektor, in dem noch Marktanteile gewonnen werden können. Gerade weil der Food Bereich mit 8,6% den viertstärksten Sektor in der Schweiz darstellt und positive Wachstumsprognosen aufweist kann der Markteintritt mit dem Pantry Dienst sehr interessant für Amazon sein. Zusammenfassend kann Amazon mit dem Pantry Programm, gegeben der Logistik Lösung der Schweizer Post, einen Vorstoß in den Schweizer Markt wagen, mit überschaubarem Kosten-Risiko. Das Amazon Pantry Programm ist jedoch ausschließlich Vendoren vorbehalten und für Händler, die den Marketplace nutzen nicht verfügbar.

Amazon Fresh und Amazon Prime Now wird im ersten Schritt in der Schweiz wahrscheinlich nicht angeboten

Wie bereits oben erwähnt wird ein physischer Standort in der Schweiz im ersten Zuge des Markteintritts für Amazon wenig relevant sein, weswegen das Amazon Fresh Programm, welches Frischeprodukte des wöchentlichen Großeinkaufs liefert, wahrscheinlich vorläufig (noch) nicht in der Schweiz angeboten werden wird. In Anbetracht des Wachstumspotentials im Online-Food Markt der Schweiz kann Amazon mit Pantry den Markt testen und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt Lager-, Logistik und Infrastruktur aufbauen um mit Fresh weitere Gewinnpotentiale zu nutzen. Auch im Vergleich zur immer stärker werdenden ausländische Konkurrenz im Retail Bereich, wie AliExpress und Wish, die aggressiv in den Schweizer Markt dringen, kann es aus strategischer Sicht von Vorteil sein sich auf den Food Markt zu konzentrieren. Mit Liefer- und Lagerkapazitäten vor Ort kann Amazon dann auch sein Amazon Prime Now, ein Lieferdienst der binnen 5h beliefert für die Schweizer Kunden zugänglich machen.

Da der potentielle Umsatz für Amazon in der Schweiz nur einen sehr kleinen Anteil vom Amazon Gesamtumsatz ausmachen wird, bleibt es spannend ob und in wie weit Amazon tatsächlich auch physisch Standorte in der Schweiz erschließen wird, da die Kosten unverhältnismäßig höher als im restlichen Europa wären. Welche, der in Abbildung 3 dargestellten Amazon-Dienste in der Schweiz tatsächlich angeboten werden, werden wir binnen der kommenden Monate verfolgen können.

Für den Schweizer Online Handel bedeutet der „erweiterte“ Markteintritt Amazons in die Schweiz definitiv neue Dynamiken: zum einen steigt der Wettbewerb durch Angebote ausländischer Firmen an, zum anderen aber können Händler und Hersteller den neuen Marktplatz im Seller oder Vendor Model nutzen um ihre Produkte international zu vertreiben. Über den genauen Zeitpunkt und die tatsächliche Strategie des Markteintritts Amazons kann bis zum aktuellen Zeitpunkt nur gemutmaßt werden, zweifelsfrei wird sich Amazon aber seine Gate Keeper Position in der Schweiz sichern.

Zu den Amazon Strategy Consulting Services

Diskutieren Sie Wege zu einer optimalen Amazon Strategie mit uns auf dem F&C AMAZON INSIGHTS 08. bis 09. November 2018 in Stuttgart.

Weitere Amazon Events von FOSTEC & Company in 2018:

F&C AMAZON INSIGHTS

Mehrtägiger Amazon-Roundtable mit aktuellen Insights, Vorträgen und Podiumsdiskussionen für ausgewählte Markenhersteller und den direkten Austausch

F&C AMAZON INSIGHTS 08. bis 09. November 2018 in Stuttgart

F&C AMAZON INSIGHTS

Halbtägiger, intensiver Austausch unter Markenherstellern zu aktuellen Amazon-Strategie-Themen in schnell erreichbaren Locations

F&C NET – AMAZON am 07. Juni 2018 in Köln

F&C NET – AMAZON am 14. September 2018 in Hamburg

F&C NET – AMAZON am 15. November 2018 in München

Ihr Ansprechpartner

Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

Mehr erfahren

Markus Fost

Managing Partner
Markus Fost, MBA, ist Experte für E-Commerce, Online Geschäftsmodelle und Digitale Transformation mit einer breiten Erfahrung in den Feldern Strategie, Organisation, Corporate Finance und der operativen Restrukturierung.

FOSTEC & Company ist bekannt aus

Weitere ansehen

FOSTEC & Company GmbH

Marienstraße 17, D-70178 Stuttgart

info@fostec.com

+49 (0) 711 995857-0

+49 (0) 711 995857-99

Jetzt Kontakt aufnehmen